1. März 2017

Die Top 10 Stories, die den Hugo Award gewonnen haben

In der Kürze liegt die Würze: Hier sind zehn preisgekrönte kurze Science-Fiction-Erzählungen aus unserem Shop

Lesezeit: 9 min.

Bei den Hugo Awards sind wir, ähnlich wie bei den Oscars, bei denen nur „Best Picture“ zu zählen scheint, hauptsächlich darauf gespannt, welches Buch sich in der Kategorie „Best Novel“ durchsetzen wird, und wie bei den Oscars neigen wir auch bei den Hugos dazu, die anderen Kategorien nicht mit der gleichen Aufmerksamkeit zu verfolgen – vor allem, wenn es um die kürzeren Formen wie „Short Story“, „Novelette“ oder „Novella“ geht (für die wir im Shop entweder „Erzählung“ oder „Kurzgeschichte“ verwenden). Gerade da gibt es also noch einige Juwelen zu entdecken – eine Schatzsuche, bei der ich gerne behilflich bin. Hier sind meine zehn liebsten Erzählungen in unserem Shop, die mit dem Hugo Award ausgezeichnet wurden:

 

10. Isaac Asimov: Der Zweihundertjährige

Legen wir mit einem Klassiker los, der später vor allem durch den Film (und damit durch den Roman zum Film) berühmt wurde, aber sein Leben als Erzählung begann: Isaac Asimovs Der Zweihundertjährige. Die Geschichte handelt von Andrew, dem Haushaltsroboter der Familie Martin, der sich, gefördert von Familienoberhaupt Gerald, zu einem erfolgreichen Künstler entwickelt. Alle Martins, vor allem aber die kleine Tochter Mandy, finden Andrew immer sympathischer – und immer menschlicher. Als Andrew jedoch beschließt, vor einem Gericht sein Mensch-sein rechtlich durchzusetzen, kommt es zum Zerwürfnis mit Gerald. Nur Mandy unterstützt Andrew ihr ganzes Leben lang …

Große Fragen, große Emotionen – mehr kann man auf knapp 50 Seiten nicht rüberbringen!

Isaac Asimov: Der Zweihundertjährige • Erzählung • enthalten im Sammelband Der Zweihundertjährige • Aus dem Amerikanischen von Elisabeth Simon • Wilhelm Heyne Verlag, München 2016 • Taschenbuch • 288 Seiten • € 8,99 • im Shop

 

9. Robert A. Heinlein: Der Mann, der den Mond verkaufte

Insgesamt vier Mal durfte Robert A. Heinlein zu seinen Lebzeiten einen Hugo Award mit nach Hause nehmen, und nach seinem Tod im Jahr 1988 bekam er posthum noch einmal fünf der sogenannten Retro-Hugos. Einer davon ging an Der Mann, der den Mond verkaufte: Delos David Harriman ist besessen davon, als erster Mensch auf dem Mond zu landen – und ihn so in seinen Besitz zu bringen. Doch chemischer Raketentreibstoff wurde noch nicht entwickelt, und das bisher einzige atombetriebene Raumschiff, das die Menschen je gebaut haben, explodierte. Die Finanzierung der nötigen Forschung und der Expedition selbst ist schwierig, zumal der Gewinn, den die Reise abwerfen könnte, ziemlich fragwürdig ist … 

Mit etwa 127 Seiten gehört diese Erzählung (oder Kurzroman, wie man will) zu den eher längeren Beiträgen in dieser Liste, aber jede Seite davon lohnt sich, denn Heinlein unternimmt darin den Versuch, eine der zentralen Fragen unserer Zeit zu beantworten: Warum um alles in der Welt wollen wie eigentlich unbedingt ins All?

Robert A. Heinlein: Der Mann, der den Mond verkaufte • Kurzroman • Aus dem Amerikanischen von Rosemarie Hundertmarck • Wilhelm Heyne Verlag, München 2015 • E-Only • € 1,99 • im Shop

 

8. Poul Anderson: Die Königin der Luft und der Dunkelheit

Platz acht geht an einen Mann, der es im Laufe seiner Karriere auf insgesamt sieben Hugos gebracht hat: Poul Anderson. Einen davon verdankt er seiner Erzählung Die Königin der Luft und der Dunkelheit aus dem Jahr 1971: Auf dem Planeten Roland, der sich am Rande der besiedelten Galaxis befindet, ereignen sich immer wieder seltsame Zwischenfälle. Angeblich verschwinden Kinder von Kolonisten, und die älteren Siedler erzählen sich Mythengeschichten über Wesen, die in den undurchdringlichen Nebelgebieten ihr Unwesen treiben sollen. Als der Privatdetektiv Eric Sherrinford von einer verzweifelten Mutter damit beauftragt wird, ihren Sohn zu finden und zurückzubringen, lässt er sich gegen alle Vernunft darauf ein. Denn die sogenannten Auslinge mit ihrer Herrscherin, der „Königin der Luft und der Dunkelheit“, gibt es ja nicht wirklich, oder? Mit Scharfsinn und einem Auge für scheinbar nebensächliche Details deckt Sherrinford schließlich die Wahrheit auf – und stellt den Kontakt mit der Intelligenz her, die noch vor den Menschen den Planeten bewohnt hat …

Eine Detektivgeschichte mit Herz und Verstand – besser kann man es kaum machen!

Poul Anderson: Die Königin der Luft und der Dunkelheit • Aus dem Amerikanischen von Tony Westermayr • Wilhelm Heyne Verlag • E-Only • • 51 Seiten • € 1,99 • im Shop

 

7. Arthur C. Clarke: Die neun Milliarden Namen Gottes

Natürlich darf in einer solchen Liste auch Arthur C. Clarke nicht fehlen, der sowieso aus keiner Hall of Fame wegzudenken ist. Er erkundete nicht nur Mars und Mond, sondern drang auch in den Bereich vor, in dem sich Technik und Religion überschneiden. Das Ergebnis ist seine Story Die neun Milliarden Namen Gottes aus dem Jahr 1953, für die er 2004 einen Retro-Hugo verliehen bekam: Seit dreihundert Jahren arbeiten die Mönche in einem abgelegenen Kloster an der gewaltigen Aufgabe, durch Permutation alle neun Milliarden Namen Gottes aufzuschreiben. Als das Computerzeitalter anbricht, stehen ihnen plötzlich gigantische Rechenmaschinen zur Verfügung, die diese Aufgabe immens beschleunigen. Doch was wird passieren, wenn die Maschinen alle Namen ausgedruckt haben? Zwei Computertechniker stehen kurz davor, es herauszufinden …

Der Dalai Lama fand diese Story angeblich „very amusing“ – dem kann ich nur zustimmen.

Arthur C. Clarke: Die neun Milliarden Namen Gottes • Erzählung • Aus dem Englischen von Yoma Cap • Wilhelm Heyne Verlag, München 2016 • ca. 10 Seiten • E-Book • € 0,49 • im Shop

 

6. Harlan Ellison: Ich muss schreien und habe keinen Mund

Wer sich mit den Kurzgeschichten-Hugos befasst, kommt an Harlan Ellison nicht vorbei. Den ersten bekam er 1966 für „Bereue, Harlekin!“, sagte der Ticktackmann, aber das war nur der Beginn einer außerordentlichen Karriere. Schon zwei Jahre später durfte Ellison Hugo Nummer zwei mit nach Hause nehmen, diesmal für die düstere postapokalyptische Story Ich muss schreien und habe keinen Mund: 109 Jahre nach dem Ende des Dritten Weltkriegs leben nur noch fünf Menschen. Sie hausen in unterirdischen Stollen, immer am Rande des Verhungerns, und werden jede Minute ihres Lebens von einem Supercomputer gefoltert, der ein Bewusstsein erlangt hat – und mit ihm unendlichen Hass auf seine Erbauer. Es gibt nur einen einzigen Ausweg für die gequälten Menschen – doch welcher von ihnen wird stark genug sein, ihn zu wählen?

Ich muss schreien und habe keinen Mund sind die beklemmendsten 22 Seiten, die Sie je lesen werden, versprochen!

Harlan Ellison: Ich muss schreien und habe keinen Mund • Erzählung • Aus dem Amerikanischen von Alfred Scholz • Wilhelm Heyne Verlag, München 2014 • E-Only • € 1,99 • im Shop

 

5. George R. R. Martin: Sandkönige

Wenn eine Story sowohl den Hugo als auch Nebula und Locus Award gewinnen, muss sie nicht nur gut, sondern hervorragend sein. George R. R. Martin gelang dieses Kunststück 1980 mit Sandkönige – und die haben es wirklich in sich: Simon Kress ist ein reicher Playboy auf dem Planeten Baldur, der exotische Tiere sammelt. Seine neuste Anschaffung, zu der er auf Umwegen gekommen ist, ist eine Kolonie Sandkönige: ein unbewegliches Weibchen sitzt in der Mitte des Terrariums und steuert telepathisch eine Reihe Männchen wie Drohnen, die ihr Nahrung bringen und sie beschützen, indem sie eine Sandburg um das Weibchen bauen. Kress lässt sie gegeneinander kämpfen, um sich und seine Freunde zu amüsieren – doch die Sandkönige haben Eigenschaften, mit denen er so nicht gerechnet hätte, wie Kress feststellen muss, als sie eines Tages aus ihrem Terrarium entkommen …

Angeblich ist Sandkönige von einem Studienkollegen Martins inspiriert, der Piranhas hielt, denen er ab und an einen Goldfisch ins Becken warf – gruselige Vorstellung!

George R. R. Martin: Sandkönige • Erzählung • In dem Sammelband Traumlieder II enthalten • Aus dem Amerikanischen von Hanelore Hofmann • Wilhelm Heyne Verlag, München 2015 • Paperback • € 14,99 • im Shop

 

4. Poul Anderson: Bocksgesang

Poul Anderson, zum Zweiten – der Mann hat einfach viel zu viele geniale Geschichten geschrieben, von denen einige ausgezeichnet wurden, darunter auch Bocksgesang. Der 40-seiter von 1972 hat ein ähnliches Thema wie Ellisons Ich muss schreien und habe keinen Mund, geht allerdings ganz anders an die Sache ran: In ferner Zukunft wird die Menschheit von dem GANZEN beherrscht, einem gigantischen Computer, der behauptet, die Seelen der Verstorbenen in sich zu speichern, um sie eines Tages wieder auferstehen zu lassen. Als die Frau des letzten Sängers, der sich noch an die alten Lieder erinnert, stirbt, zieht er los, um den GANZEN zu bitten, sie ihm wiederzugeben. Doch dafür verlangt der Computer einen hohen Preis …

Das griechische Wort „tragoidia“, aus dem sich der Begriff „Tragödie“ entwickelt hat, bedeutet wörtlich übersetzt „Bocksgesang“, weil sie sich in der griechischen Antike aus Gesängen zu Ehren des Gottes Dionysos entwickelte. Einen solchen liefert Anderson hier ab, bittersüß und tragisch – und dabei höchst unterhaltsam!

Poul Anderson: Bocksgesang • Erzählung • Aus dem Amerikanischen von Eva Malsch • Wilhelm Heyne Verlag, München 2016 • E-Only • € 1,99 • im Shop

 

3. Arthur C. Clarke: Der Stern

Eine der besten Kurzgeschichten aller Zeiten, die je mit einem Hugo ausgezeichnet wurden, hat Arthur C. Clarke geliefert – und wie schon in Die neun Milliarden Namen Gottes verlässt er auch in Der Stern seine Komfortzone, die wissenschaftlich fundierte Science-Fiction, ein kleines Stück weit, um sich in religiöse Gefilde vorzuwagen: Als ihre Sonne ausbrannte und zur Nova wurde, erkannten die Bewohner dieses Sonnensystems, dass sie sich nicht würden retten können. Obwohl eine fortschrittliche Zivilisation, kannten sie keine Antriebsform, die ihnen interstellares Reisen ermöglicht hätte. Also errichteten sie auf dem äußersten Planeten eine gewaltige Kammer, in der sie Aufzeichnungen zu ihrer Geschichte und Kultur einlagerten, damit eines Tages Reisende von einem anderen Sternensystem erfahren würden, wer hier einst gelebt hat. Dieser Tag ist jetzt gekommen: Wissenschaftler von der Erde entdecken die Kammer und öffnen sie. Doch was sie aus den Aufzeichnungen über die fremde Sonne erfahren, stellt nicht nur ihr Wissen, sondern auch ihren Glauben infrage … 

Was Clarke hier auf gerade einmal zehn Seiten unterbringt, ist so fantastisch wie berührend – und unglaublich einfühlsam erzählt.

Arthur C. Clarke: Der Stern • Kurzgeschichte • Aus dem Englischen von Irene Holicki • Wilhelm Heyne Verlag, München 2016 • E-Only • gratis in unserem Shop erhältlich

 

2. George R. R. Martin: Abschied von Lya

Angeblich war seine erste große Liebe das Vorbild für die Erzählung Abschied von Lya, für die George R. R. Martin 1975 mit dem Hugo Award ausgezeichnet wurde. Ob das stimmt, weiß ich nicht – aber wenn es wahr ist, muss Herr Martin eine ganz traurig-schöne Romane erlebt haben, denn genau das ist Abschied von Lya, in der die beiden Telepathen Robb und Lya losgeschickt werden, um herauszufinden, warum sich immer mehr Humanoide in der Galaxis einem seltsamen Kult vom Planeten Shkeen anschließen. Diese Sekte verlangt von ihren Mitgliedern, sich mit einem Parasiten zu vereinigen, was einem langsamen Selbstmord gleichkommt. Als das Paar auf Shkeen ankommt, stellen die beiden Telepathen jedoch fest, dass die Sache nicht ganz so eindeutig ist, was nicht zuletzt auch ihre Liebe auf die Probe stellt …

Robb und Lya sind Gerüchten zufolge die Vorbilder für Robb und Lyanna Stark aus Martins Erfolgsserie A Game of Thrones – nur, falls Namedropping Sie dazu verleitet, zu dieser Geschichte zu greifen, die auch ganz ohne das Fantasy-Epos, mit dem sie vielleicht verwandt ist, absolut lesenswert ist!

George R. R Martin: Abschied von Lya • Erzählung • enthalten in dem Sammelband Traumlieder I • Aus dem Amerikanischen von Yoma Cap • Wilhelm Heyne Verlag, München 2014 • E-Book • € 11,99 • im Shop

 

1. Harlan Ellison: Jeffty ist fünf

Was ist die beste SF-Kurzgeschichte aller Zeiten – das wollte das Science-Fiction-Magazin Locus 1999 von seinen Lesern wissen. Die stimmten für eine Story, die meiner Meinung nach diese Ehre mehr als verdient hat: Jeffty ist Fünf von Harlan Ellison, die auch mit dem Hugo und dem Nebula Award ausgezeichnet wurde.

Erinnern Sie sich noch daran, wie es war, als Sie fünf Jahre alt waren? Im Radio liefen noch richtige Programme, nicht ständig dieses Gedudel, das einem in den Ohren wehtut. Süßigkeiten waren noch billig und aus richtiger Schokolade, die Comics noch mit viel Liebe zum Detail gezeichnet und die Filme viel spannender. Wünschen Sie sich nicht manchmal, wieder in diese Zeit zurückkehren zu können, in der die ganze Welt noch groß und bunt und aufregend war? Jeffty ist fünf und spielt gerne mit seinem Freund Donny. Doch während Donny älter wird, eine Ausbildung macht und sein eigenes Geschäft eröffnet, bleibt Jeffty fünf Jahre alt. Mehr noch: Er scheint in seiner eigenen Zeit zu leben, in der die alten Radiosendungen und Filme immer weiterlaufen …

Was passiert, als Jefftys Welt in Konflikt mit der realen Welt gerät, zerreißt mir jedes Mal das Herz. Wenn Sie in Ihrem Leben nur eine Kurzgeschichte lesen wollen, lesen Sie diese hier!

Harlan Ellison: Jeffty ist fünf • Erzählung • Aus dem Amerikanischen von Bernd Holzrichter • Wilhelm Heyne Verlag, München 2014 • E-Only • € 1,99 • im Shop

 

Doch eher ein Fan der längeren Form? Hier geht es zu den Top 10 Romanen, die mit einem Hugo Award ausgezeichnet wurden

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