16. April 2016 1 Likes

Der Mann hinter der Metro

Der russische Bestsellerautor Dmitry Glukhovsky („Metro 2035“) im Porträt

Lesezeit: 3 min.

„Ich bin ein Kind der U-Bahn“, sagt der heute 36-jährige Moskauer Dmitry Alexeevich Glukhovsky über sich selbst. Die Fahrt zu seiner Schule im Arbat-Viertel dauerte mit der Metro eine Stunde – genug Zeit für Tagträume und Fantasien, die Glukhovsky auch dann nicht losließen, als er die Schule schon abgeschlossen hatte und an der Hebräischen Universität in Jerusalem Journalismus und Internationale Beziehungen studierte. Eine Sache im Besonderen machte die Metro für ihn so spannend: Sie wurde von vornherein als System von Schutzbunkern konzipiert, um die Bevölkerung und die politische wie militärische Führung der Sowjetunion zu schützen, sollte aus dem Kalten Krieg ein heißer werden. Die Metro (und ihr bis heute geheimes Gegenstück, die Metro-2 oder D-6) verbindet nicht nur Bunker miteinander. Ihre Stationen selbst sind Schutzräume: Viele liegen über 50 Meter tief und können mit hermetischen Toren verschlossen werden. Diese U-Bahn, das wurde Glukhovsky eines Tages klar, ist wie eine Moskauer Arche Noah.

Als Neunzehnjähriger begann er, seine Version von der „Arche Metro“ aufzuschreiben, und bot Metro 2033 (im Shop) zahlreichen russischen Verlagen an – ohne Erfolg. Also entschloss er sich 2002, als er in Frankreich und Deutschland als Journalist für Rundfunk und Fernsehen arbeitete, zu einem damals mehr als ungewöhnlichen Schritt und stellte seinen Erstling online. Die Reise seines Protagonisten Artjoms durch eine so faszinierende wie erschreckende Welt fand so großen Anklang, dass Metro 2033 2007 als Buch verlegt wurde. Der Roman wurde in Russland ein Bestseller, und Glukhovsky legte 2009 die Fortsetzung Metro 2034 (im Shop) nach. Dazwischen mussten sich seine Fans ein wenig in Geduld üben, denn inzwischen hatte Glukhovsky Südamerika besucht und war fasziniert von Mythologie und Geschichte des Landes. Seine ganz eigene Version von beidem verarbeitete er in dem Horror-Roman Sumerki – Dämmerung, der ebenfalls 2007 in Russland erschien.

Das Universum im Untergrund wurde nach dem Erscheinen von Metro 2034 so beliebt, dass andere Autoren es aufgriffen und mit Glukhovskys Einverständnis und Ermutigung ihre eigenen U-Bahnen mit postapokalyptischem Leben füllten. Das Metro-2033-Universum (im Shop) ließ die Grenzen Russlands schnell hinter sich wie die medialen Grenzen: Inzwischen gibt es zwei PC-Spiele, eine Art Schnitzeljagd-Abenteuerspiel in Moskau, ein Graphic Novel namens Outpost und seit neustem ein Brettspiel. Eine Verfilmung des Erstlings scheint auch endlich in die Gänge zu kommen. Glukhovsky blieb danach thematisch in Russland und veröffentlichte 2010 eine Sammlung kurzer satirischer Texte über die russische Lebensrealität unter dem Titel Рассказы о Родине, Geschichten über das Vaterland, ehe er sich in seinem 2014 auf Deutsch erschienenen Roman Futu.re (im Shop) der Zukunft Europas zuwendete, die nur auf den ersten Blick strahlend schön und glücklich ist.

Das Gesicht Moskaus hat sich seit dem Erscheinen von Metro 2033 stetig verändert, doch der Untergrund ist nach wie vor unerforscht und mysteriös. Bis heute gibt er seine Rätsel nur äußerst ungern preis. Das bleibt auch in der Zukunft so: Nach Futu.re tauchte Glukhovsky ein drittes Mal in die Moskauer Unterwelt hinab und setzte in dem soeben auf Deutsch erschienenen Metro 2035 (im Shop) die Geschichte des jungen Metrobewohners Artjom fort. Einmal mehr macht dieser sich auf eine gefährliche Reise durch die Metro – und wir reisen mit Gänsehaut und großen Augen gerne mit.

Dmitry Glukhovsky kommt Ende April auf eine Lesereise nach Deutschland, um seinen neusten Roman Metro 2035 (im Shop) vorzustellen. Außerdem findet am 27.04.2016 eine Livestream-Lesung auf lovelybooks.de statt. Alle Infos zu den Veranstaltungen finden Sie hier. Alles rund ums Metro-Universum haben wir in einem Themenspecial für Sie zusammengestellt. 

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