3. Dezember 2016 1 Likes

A Kick for the Start?

Aus anderer Perspektive - Das (vielleicht kommende) Survival-RPG „Highrisers “

Lesezeit: 5 min.

Quo vadis, Perspektive?

Immer wieder brandet innerhalb der deutschen Game-Branche eine Diskussion darüber auf, ob die nächste Götterdämmerung ansteht oder ob sie bloß verschoben wurde. Ein zumindest aus Konsumentensicht nicht ganz leicht nachvollziehbares Lamento. Denn aufgrund relativ vieler qualitativ hochwertiger Produktionen aus heimischen Schmieden scheint man geneigt, die digitale Spielesparte als stetig prosperierenden Industriezweig wahrzunehmen. In schöner Regelmäßigkeit erscheinen Perlen wie ganz aktuell das RPG-Highlight Die Zwerge aus dem Hause King Art Games oder etwa die famosen Adventures von Daedalic wie die Deponia-Reihe oder jüngst Silence. Doch zeigt sich bei näherer Betrachtung nicht nur anhand der zumindest stagnierenden Förderung der Szene seitens der Politik ebenso, dass selbst ein wichtiges (Förder-)Event wie der Deutsche Computerspielpreis mit seinem aktuellen Preisgeld-Budget deutlich unter einer halben Millionen Euro nicht ausreicht, um selbst die Gewinner als meist kleine Entwicklerklitschen jenseits der eben genannten Titel strategisch nachhaltig zu subventionieren.

Die Überschaubarkeit der kommerziell wirklich erfolgreichen Titel dürfe, so die Argumentation vieler Studios, letztlich nicht den Blick darauf verschleiern, dass Entwickler insbesondere hierzulande trotz insgesamt steigender Umsatzzahlen nicht auf ähnliche gefestigte Strukturen größerer Konzerne zurückgreifen können, um nicht im schlimmsten Fall schon beim geringsten Flop vor dem Aus zu stehen. Dass es aber veritable Wege aus dieser Misere gibt, beweisen unter anderem engagierte Pre-Marketings, die lange vor der Fertigstellung anlaufen und sich das Ziel setzen, den Konsumenten aktiv mit ins Boot zu holen: Viele Entwickler weltweit haben aus ihrer Not eine Tugend gemacht und werben mit Plattformen wie Kickstarter um (Hobby-)Investoren, die sich mit ihren Einsätzen etwa neben einer namentlichen Verewigung in den Credits sogar ein paar Boni oder Goodies zum jeweiligen Titel quasi vorab verdienen können.

Bekommt Highrisers genug Kick?

Die aktuelle Kickstarter-Kampagne für das geplante 2D-Survival-RPG Highrisers, das übrigens nicht in näherer Verwandtschaft mit Ben Wheatleys famoser Dystopie-Verfilmung High-Rise steht, zeigt griffig, wie die meisten Studios dabei vorgehen. Mit Trailern und weiterem Material zu ihrem thematisch düsteren 16-Bit-Pixelabenteuer soll an die Geberbereitschaft interessierter Gamer appelliert werden, sich als Finanzierer direkt am Projekt zu beteiligen und dafür je nach Einsatz mit verschiedenen, in ihrer Wertigkeit ansteigenden Belohnungen wie dem Soundtrack oder einem exklusiven Artbook geködert zu werden. Mit 500 Euro Einsatz darf man sich sogar selbst als Designer eines Tools oder Gadgets direkt im Game verewigen (zur Kickstarter-Seite von Highrisers geht es hier).

Das für Highrisers verantwortliche Team von Solar Powered Games aus Süddeutschland hat sich dabei für ihre noch bis zum 23.12. laufende Kampagne das Ziel gesetzt, die für den Herbst 2017 zunächst für PC geplante Veröffentlichung ihres Projekts mit einer Gesamtsumme von 50.000 Euro zu sichern. Ein Blick auf den aktuellen Stand der Kampagne kann so gerne mal eine ganz eigene Faszination erreichen. Als würde man einen Aktienkurs an der Börse verfolgen, nur ohne vergleichbare Risiken versteht sich. Das Konzept von Highrisers als pixeliges Survival-RPG klingt dabei schon jetzt recht vielversprechend, obwohl sich der Titel naturgemäß noch in einem frühen Entwicklungsstadium befindet: In einer postapokalyptischen Großstadt voller Untoter geht es mit vier spielbaren Charakteren ums nackte Überleben. Das zunächst genrespezifisch etwas ungewohnt farbintensive Stadtbild ist geprägt von gigantischen Wolkenkratzern, in denen die Gruppe versuchen muss, alles Lebensnotwendige wie Waffen, Werkzeuge, Medizin oder Nahrung selbst zu finden und sich dabei gegen die angriffslustigen Zombies zur Wehr zu setzen. In den prozeduralen Umgebungen soll es möglich sein, fast alles zerlegen und nach Ressourcen absuchen zu dürfen.

In diesem Kontext baut das Setting auf eine abgestufte Architektur, die Hand in Hand mit einer wichtigen Designentscheidung geht: Denn je weiter man in die unteren Stockwerke der einzelnen Wolkenkratzer mit ihren separaten Etagen vordringt, desto gefährlicher wird es, sich vor dem ansteigenden Ansturm der Feinde zu verteidigen. Tages- und Nachtzeit sollen sich ebenso auf die Gefahrenstufe auswirken, wenn sich die Untoten bei Nacht etwa aus den unteren Stockwerken sogar auf den Weg nach oben begeben und spannende Abwehrkämpfe dadurch ebenso wahrscheinlich sind wie aufreibende Fluchtmanöver. Die spielbaren Charaktere verfügen dabei jeweils über spezielle Fähigkeiten, deren Entwicklung sich mittels eines Skilltrees beeinflussen lassen wird. Das ist genretypisch auch notwendig, um Gegner gezielt bekämpfen, Ressourcen sammeln und mithilfe eines ausgefeilten Craftingsystems nützliche Gegenstände zu konstruieren. Ziel dieser Unternehmungen ist es, nach und nach mehrere Hochhäuser zu erkunden und so letztlich aus der Stadt zu entkommen.

Über den Wolkenkratzer hinaus

Das bisher vorgestellte Material lässt naturgemäß noch nicht allzu tief in die Geheimnisse der Spielmechanik und ihre konkrete Umsetzung blicken. Dennoch könnte das Konzept einer dynamischen Apokalypse, die sich innerhalb der Gebäude stets auf verschiedenen Etagen gleichzeitig abspielt, gerade dann für Laune sorgen, wenn neben den Abwehrschlachten auch tatsächlich strategisch längerfristige Entscheidungen mit einkalkuliert werden müssen. Zugegebenermaßen leiden die Figuren auf den ersten Blick noch unter einer gewissen Profillosigkeit, die leicht in einer belanglosen Austauschbarkeit an der Schwelle zwischen Leben und Tod enden könnte. Eine Falle, in die leider viele Titel tappen, denen die Balance zwischen Story, Setting und Gameplay nicht überzeugend gelingen mag.

Ob sich Highrisers letztlich bewährt und überhaupt das Licht der virtuellen Welt erblickt, bleibt vorerst noch einige Wochen bis zur Deadline der Kampagne abzuwarten. Völlig unabhängig davon, wird es nicht weniger spannend, auch in der Zukunft Plattformen zur aktiven Förderung wie Kickstarter oder auch Finanzierungsoptionen seitens der Politik und ihrer Förderprogramme im Auge zu behalten. Denn das eigentliche Dilemma einer möglichen Absetzung von Highrisers wäre schließlich weniger der Umstand, dass manche schon erwartungsfrohen Zocker auf einen verheißungsvollen Titel verzichten müssten, sondern vielmehr die Tatsache, dass viele Entwickler wie eben Solar Powered Games darauf angewiesen sind, trotz vielversprechender Arbeit nicht genug Startkapital aufbringen können, um ihre Titel einigermaßen solide vorzufinanzieren. Dennoch sollte der Konsument als wichtigster Faktor in dieser Gemengelage nie vergessen werden. Wir alle fällen mit unserer Wahl im Laden oder auf Steam selbst ohne Kickstarter und Co das einzig entscheidende Urteil, wenn wir uns neben all den großen Blockbustern auch für gute Indie-Titel entscheiden (übrigens völlig egal, ob sie nun aus Deutschland oder sonst woher kommen). Qualität sollte sich letztlich immer durchsetzen. Eine Banalität, die nie an Aktualität verliert.

Highrisers  • Solar Powered Games • 2D-Survival-RPG

Abb. © Solar Powered Games

 

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