20. Dezember 2022

„Die letzten Tage der Dinosaurier“ von Riley Black

Ein Sachbuch über ein gewaltiges Massenaussterben – und das unverwüstliche Leben auf der Erde

Lesezeit: 3 min.

Die 1983 geborene Amerikanerin Riley Black (im Shop) ist laut eigener Aussage schon sehr lange eine Fossilienfanatikerin. Letzen Endes wurde sie daher nicht nur eine Amateur-Paläontologin, sondern auch eine gefragte Wissenschaftsredakteurin, die u. a. in „Wired“, „National Geographic“ und „Scientific American“ veröffentlicht. Für ihre Sachbücher und Kinderbücher mit urzeitlichem Bezug wird sie seit einigen Jahren ebenso gefeiert wie für ihre geekigen Fossilien-Tweets, die selbst außerhalb der dino-verrückten Bubble wahrgenommen werden. Und während sie auch schon in einigen Wissenschafts-Fernsehsendungen zu sehen gewesen ist, wurde für Black ein Kindheitstraum wahr, als sie die konsultierende Resident Paleontologist für den Film „Jurassic World“ wurde – und damit quasi in die Franchise-Fußstapfen von Jack Horner trat. Bei Goldmann liegt nun ihr Sachbuch Die letzten Tage der Dinosaurier. Warum ihr Ende unser Anfang war und was ein Asteroid damit zu tun hat“ (im Shop) vor.

„Dinosaurier leben, wo sich Wissenschaft und Vorstellungskraft treffen“, sagt Riley Black, und genau nach diesem Credo hat sie ihr Buch verfasst. Denn obwohl sie darin eine lange vergangene Zeit der Erdgeschichte beschreibt, die wir lediglich anhand von gefundenen Knochen und versteinerten Abdrücken rekonstruieren können, und obwohl es darin außerdem um ein apokalyptisches Ereignis sowie ein Massenaussterben geht, brummt „Die letzten Tage der Dinosaurier“ gewissermaßen vor Leben. Egal ob Black die Zeit vor dem Asteroideneinschlag, die heißen, tödlichen Konsequenzen unmittelbar danach, den langen Winter im Anschluss an die Hitzewelle oder die Rückkehr und Evolution des Lebens nach dem Sterben der Saurier schildert: Es gelingt ihr stets, die weit zurückliegende Szenerie mitsamt den exotischen Protagonisten auf den Buchseiten lebendig werden zu lassen. Dazu braucht sie keine teuren CGI-Effekte, sondern schlicht ihre Worte, mit denen sie die Dinosaurier, Säugetiere, Insekten und Pflanzen beschreibt, sie interagieren und dabei vor unserem lesenden Auge Gestalt annehmen lässt. Für zusätzliche Lebendigkeit und Unmittelbarkeit sorgt Black derweil dadurch, dass sie die aktiven Szenen, die ihre Erklärungen und Erläuterungen veranschaulichen, in Gegenwartsform schreibt und die Tiere leicht anthropomorphisiert. Außerdem haben die Dung-Massenproduzenten der Vorzeit bei Black sogar Parasiten, Ausschlag und Juckreiz, was sie noch realer macht.


Riley Black

Übrigens legt sich Black nicht bloß auf den erst 1980 ins wissenschaftliche Spiel gekommenen Asteroiden als Game-Changer für das irdische Leben am Ende der Kreidezeit fest. Auch bezieht Black klar Position, wenn es um die Frage geht, wie Dinosaurier ausgesehen haben – bei Black und Illustratorin Kory Bing, die jedem Kapitelanfang eine cartoonige Vignetten verpasst hat, hat selbst der T. Rex Flaum und Federn, die ultimative, sonst meist schuppige Schreckensechse unserer Popkultur und Imagination. Allerdings schreibt Black schon im Vorwort, dass zur Wissenschaft und besonders der Paläontologie gehört, immer wieder mit neuen Erkenntnissen konfrontiert zu werden, die eigene Aussagen schon mal widerlegen mögen, dennoch sei es wichtig, sich in manchen Fällen aufgrund aktueller Wissensstände und Hypothesen festzulegen. Fundiert wirkt das, was sie schreibt, natürlich trotzdem allemal, zudem liest es sich ebenso unterhaltsam wie informativ. Eben weil Black das große Kunststück gelingt, über ein gewaltiges, fernes Massenaussterben zu berichten, und ihre Seiten ungeachtet dessen sowohl vor Fakten als auch vor Leben sprühen zu lassen.

Dennoch kommt man beim Lesen natürlich kaum umhin, über die Lage unserer Spezies heute nachzudenken, und wie sich die Erde aufgrund unserer Einflussnahme weiter zu ihrem, aber vor allem unserem Nachteil verwandelt. Es lässt einen unter diesen Umständen einfach nicht kalt, über das Aussterben der Dinosaurier zu lesen, die Millionen von Jahre über die Welt herrschten, bis ihre Zeit plötzlich vorbei war, und die milliardenalte Erde sich trotz aller apokalyptischen Faktoren weiterdrehte und das Leben, nun ja, einen Weg fand. Nur eben fortan ohne die bis dahin dominante Lebensform auf dem Planeten. Ob ein T. Rex sich vorstellen konnte, dass seine Art einmal vergehen würde? Wahrscheinlich nicht. Wir können es allerdings sehr wohl, dieser Tage wohl leichter denn je.

Riley Black: Die letzten Tage der Dinosaurier • Sachbuch • Aus dem Englischen von Nikolaus de Palézieux • Goldmann, München 2022 • 352 Seiten • Erhältlich als Hardcover und eBook • Preis des Hardcovers: € 24,00 • im Shop

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