13. Juni 2024

„Alles steht Kopf 2“- Kampf der Emotionen

Eine weitere Fortsetzung, ja, aber auch einer der besten Pixar-Filme seit langem

Lesezeit: 3 min.

Von Mitte der 90er bis Ende der 00er Jahre konnte Pixar kaum etwas falsch machen, lieferte nicht nur einen Hit nach dem anderen ab, sondern auch einen tollen, originellen Film nach dem nächsten. Einige wenige Fortsetzung waren da zwar auch schon dabei, jedoch nicht so viele wie in den folgenden Jahren. Einer der wenigen geradezu klassischen Pixar-Filme der letzten 15 Jahre war „Alles steht Kopf“, der in den Kopf, genauer gesagt das Gefühlszentrum eines kleinen Kindes eintauchte, wo unterschiedliche Emotionen mit- und auch mal gegeneinander agierten, um das Kind namens Riley zu einem guten Menschen zu machen.

Das nun, knapp zehn Jahre später, doch eine Fortsetzung entstand, mag man als weiteren Beleg für Pixars künstlerischen Ausverkauf sehen, andererseits gelingt es „Alles steht Kopf 2“ über weite Strecken dann doch, die Magie des ersten Teils wiederaufleben zu lassen und dabei das Konzept clever weiterzudenken.

Riley ist nun 13 geworden, ein Teenager also und das bedeutet: Pubertät! Und das ausgerechnet, als sie in ein Eishockey-Camp fährt, in dem sich ihre Zukunft entscheidet. Das zumindest glaubt eine der neuen Emotionen, die sich nach kleinen Umbauarbeiten in Rileys Gefühlszentrum breitmachen: Anxiety, was mit Angst, Zweifel oder Sorge übersetzt werden kann. Eigentlich ist immer noch Freude tonangebend in Rileys Kopf, hat sich auch mit Traurigkeit arrangiert und dazu beigetragen, dass Riley ein stabiles Selbstbild entwickelt hat. In dem allerdings jeder Zweifel fehlt, denn Freude hat etwas allzu eifrig dafür gesorgt, dass alle negativen Emotionen ausgemustert wurden, bevor sie im Langzeitgedächtnis halt fanden.

Während Freude stets vor allem an die Gegenwart denkt, Sorgt sich Zweifel um die Zukunft und malt diese in den düstersten Aussichten an die Wand. Wenn sich Riley im Camp nicht von ihren alten Freundinnen löst und stattdessen Kontakte zu älteren, cooleren Mädchen aufbaut, dann wird sie, so Zweifels Sorge, ihr ganzes Leben allein verbringen.

Ein Kampf der Emotionen entwickelt sich, bei dem es zwar zum Ende zu einer Pixar typischen Verfolgungsjagd kommt, der aber ansonsten voller schöner, origineller Momente ist, nicht zuletzt einem Flug durch einen – nicht zu übersetzenden – Brainstorm!

Gerade die neuen Emotionen erweisen sich dabei als wunderbare Charaktere. Neben dem tonangebenden Zweifel sind das vor allem Neid, Peinlichkeit und dem sehr französischen Ennui, der sich kaum von seinem Sofa fortbewegt und Riley mit einer etwas zu altklugen Weltmüdigkeit versorgt. (Und aus dem Off versucht sich immer wieder Nostalgie einzumischen, doch diese Figur dürfte dann erst in einer möglichen weiteren Fortsetzung zum tragen kommen.)

Dabei spielt „Alles steht Kopf 2“ in einigen Momenten schon mit nostalgischen Motiven, vor allem dann, wenn Freude und die anderen in den Tresor von Rileys Gedanken geraten und dort auf Figuren treffen, die das Mädchen in ihrer Kindheit geliebt, aber schon in den Hintergrund des Gedächtnisses verdrängt hat: In das moderne dreidimensionale Computerdesign mischt sich da auf einmal eine 2D-Cartoon-Figur oder ein Krieger aus einem Computerspiel, der sich ähnlich eckig bewegt, wie man es von früher kennt.

Auch wenn „Alles steht Kopf 2“ am Ende nicht die visionäre Qualität eines „Wall-e“ oder „Die Unglaublichen“ erreicht, eine der besten Fortsetzung aus der Animationsschmiede ist es dennoch geworden und damit einer der besten Pixar-Filme seit langer Zeit.

Alles steht Kopf 2 • USA 2024 • Regie: Kelsey Mann • jetzt im Kino

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