20. März 2020 2 Likes

Digitalisiert, animiert und brutalisiert

Netflix’ Animationsfilm „Altered Carbon: Resleeved“

Lesezeit: 2 min.

Zumindest Netflix meint es Anfang 2020 gut mit uns – besonders mit allen Fans des „Altered Carbon“-Universums nach den Romanen von SF-Autor Richard Morgan (im Shop). Der zweiten Live-Action-Staffel der Netflix-Serieninterpretation, in der Anthony Mackie zum neuen Sleeve von Takeshi Kovac wurde, folgte am 19. März nun der brandneue Animationsspielfilm „Altered Carbon: Resleeved“ zum Streamen.

Der Anime, der u. a. von Tsukasa Kondo („Cowboy Bebop“) verfasst wurde, rekapituliert gleich zu Beginn die Eckdaten des „Altered Carbon“-Kosmos, damit jeder einen Einstieg findet, selbst wenn er die Romane, die Web-Serie oder die Comics nicht kennt. Sobald geklärt wurde, dass die Menschheit in der Zukunft das All kolonialisiert hat und der Tod nicht mehr das Ende bedeutet, weil jedes Bewusstsein digitalisiert und in andere Körper übertragen werden kann, geht es auch schon los mit der Action auf dem Planeten Latimer. Hier wird der berüchtigte Söldner Takeshi Kovac in den Körper eines reaktionsschnellen Elitekriegers gesteckt, damit er als Bodyguard einer jungen Yakuza-Tätowiererin agieren kann. Doch Kovac gerät nicht bloß zwischen die Fronten eines sehr persönlichen Machtkampfes innerhalb der Mafia, in dem Super-Ninja-Sleeves und waffenstarrende Hotel-KIs zum Einsatz kommen. Das CTAC und eine seiner taffsten Agentinnen mischen ebenfalls im Mafiakrieg mit, und für sie ist Tak kein Unbekannter …

Mit viel Wohlwollen könnte man „Altered Carbon: Resleeved“ handlungstechnisch als einen halbwegs soliden Cyberpunk-Krimi bezeichnen. Am Ende dient der überraschungsarme, grob herausgemeißelte Plot jedoch lediglich dazu, ein paar wirklich spektakuläre – und dabei spektakulär blutige und brutale – Szenen voller Action und Gemetzel zu inszenieren. Hier kann der erste „Altered Carbon“-Animefilm immerhin mächtig punkten, weil die Macher so richtig das Gas durchdrücken und in den fantastischen Action-Sequenzen ungehemmt splattern. Zumal die CGI-Animationen immer dann, wenn es kracht und spritzt, am Besten aussehen – in anderen Momenten hat man das Gefühl, eine hüftsteife Videogame-Zwischensequenz zu sehen. Aber man gewöhnt sich unterwegs an die Optik. Wieso allerdings kurz vor dem Showdown eine der eben so gelobten Actionszenen quasi rausgeschnitten wird, lässt sich kaum vernünftig erklären. „Altered Carbon: Resleeved“ hat nicht genug Reize, um damit zu geizen. Erst recht nicht, da es viel peinliches Overacting der animierten Protagonisten und ihrer Synchronsprecher zu kompensieren gilt …

Würde man sich nach „Resleeved“ trotz allem weitere Anime-Missionen von Takeshi anschauen? Durchaus – womöglich könnten nachfolgende Filme in Sachen Story und Look die erstrebenswerte Steigerung liefern. Das Konzept der animierten Action aus Richard Morgans hartgekochtem Cyberpunk-Universum ist jedenfalls ein interessantes, das weiterverfolgt werden sollte. Darüber hinaus macht einem „Altered Carbon: Resleeved“ just wegen seiner schwankenden Performance umso mehr Lust auf die zweite Runde von „Love, Death + Robots“ – und vielleicht sollte man sich in diesen Tagen des wichtigen Social Distancing ja einfach noch mal die erste Staffel des Anime-Kurzfilm-Projekts von David Fincher und Tim Miller reinziehen?

Bilder: Netflix

Altered Carbon: Resleeved • Regie: Takeru Nakajima, Yoshiyuki Okada Drehbuch: Tsukasa Kondo, Dai Sato • Laufzeit: 74 Min.

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