Kurz und knackig!
„Love, Death & Robots“ – Ein bunter Strauß (oft) blutiger Blumen!
Qualitätsfernsehen hin- oder her: Wer mal auch nur einen Moment ehrlich ist, wird einfach zugeben müssen, dass sich die irgendwann vor ein paar Jahren versprochene Revolution alles in allem in Luft aufgelöst hat. Der überwiegende Teil der so hochgelobten Web-Serien besteht aus auf 10 oder mehr Stunden ausgewalzten Spielfilmstoff, die von Netflix & Co. selbstproduzierten Spielfilme hingegen kommen nur selten über ihren Daseinszweck als reinen content hinaus. Und die Mär von der angeblich vorhandenen, totalen künstlerischen Freiheit ist letztendlich nach wie vor das, was, es immer war: Eine Mär. Sicherlich halten keine schmerbäuchigen, Zigarillo rauchenden Produzenten dem Regisseur mehr die Pistole in den Rücken, dafür wedeln nun halt frisch gegelte Digitalarbeiter mit den neusten Clickzahlen – die zahlreichen, zum Teil sehr überraschenden Absetzungen der letzten Monate sprechen Bände. Same procedure as ever.
So gesehen ist die neue, von Tim Miller („Deadpool“) kreierte, oft sehr blutige Anthologie-Serie „Love, Death & Robots“ allein schon durch das Konzept nicht unraffiniert: Animationsstudios aus diversen Ländern dieser mittlerweile nicht mehr ganz so schönen Welt durften sich an Kurzgeschichten von unter anderem Peter F. Hamilton, John Scalzi (im Shop), Alastair Reynolds (im Shop), Ken Liu, Joe Lansdale, Marko Kloos (im Shop) und Michael Swanwick (im Shop) austoben – einen größeren thematischen Überbau gibt’s nicht, die einzige Verbindung heißt Science-Fiction. Dass das Ergebnis nicht nur im Tonfall öfter wechselt, von unheilvoll-düster, über melancholisch-nachdenklich bis zu locker-leicht wird eine ganze Bandbreite von Stimmungen abgedeckt, sondern ebenso visuell extrem vielfältig ausfällt, wundert da kaum: Egal ob computergenerierte – entweder fotorealistische oder stilisierte – Aufnahmen, Motion Capture, Rotoscopie oder Mixed Media – zum Gucken gibt’s immer was (allein diese Farben!) und angesichts dessen, dass sich die Lauflängen der Episoden zwischen budgetschonenden sechs und 17 Minuten bewegen, dürften auch Zuschauer mit der Aufmerksamkeitsspanne einer Stubenfliege wohl kaum vorzeitig wegklicken.
Aber etwaige zielgruppenorientierte Überlegungen mal beiseite geschoben: „Love, Death & Robots“ entpuppt sich als durchaus gelungenes Unternehmen. Das liegt vor allem daran, weil man den Eindruck hat, dass tatsächlich mal so richtig freigedreht wurde: Egal ob Frauen, die mit Hilfe von mental gesteuerten Monstern Gruppenvergewaltigungen rächen, Farmer, die ihre Ernte mit selbstgebauten Robotern gegen außerirdische Invasoren verteidigen, mit Katzen bewaffnete Söldnerteams, hyperintelligente Joghurts, die die Weltherrschaft anstreben oder ein Reinigungsroboter, der seine Lebensgeschichte erzählt: Es findet sich allerhand Kurioses bis völlig Bizarres, was sicherlich nicht immer so wirklich zündet („Three Robots“), aber Ausfälle schmerzen bei solch einer Laufzeit nun mal eben kaum, zumal die Highlights umso heftiger einschlagen! Besonders bei „Zima Blue“ (nach Vorlage von Alastair Reynolds) dürfte es sich in ästhetischer wie inhaltlicher Hinsicht um einen Kandidaten für die Top-10-Liste 2019 handeln – eine betörend schön anzuschauender, berührender, trotz einer Lauflänge von gerade mal 10 Minuten sehr epischer Beitrag, in dem mal wieder dem Sinn des Lebens nachgespürt wird, aber auf eine angenehm unpeinliche, aufrichtige Weise – eat that, Terrence Malick!
„Love, Death & Robots“ mutet ein bisschen wie das filmische Pendant eines besonders raffinierten, mit LSD durchmischten All-you-can-eat-Buffets an, der Unterschied ist, dass Magenschmerzen wegen Übersättigung ausbleiben: Staffel 2 darf gerne kommen!
„Love, Death & Robots“ ist seit dem 15.03.2019 auf Netflix abrufbar!
Love, Death & Robots (USA 2019) • Regie: diverse • Sprecher: Helen Sadler, Hayley McLaughlin, Time Winters, Omid Abtahi, Christine Adams, Hakeem Kae-Kazim, Braden Lynch
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