19. April 2014 2 Likes

Es ist nicht leicht, ein Gott zu sein

Schade, „Transcendence“!

Lesezeit: 2 min.

Gerne würden wir jetzt „Vorsicht: Spoiler“ schreiben: Aber den Job des Spoilerterroristen hat Christopher Nolans Kameramann Wally Pfister in seinem Regiedebüt gleich selbst übernommen: Sein Transcendence beginnt in nicht allzu ferner Zukunft, in der die Zivilisation nach einem weltweiten Blackout zusammengebrochen ist, mit dem Ende der Geschichte. Schuld ist natürlich die böse Technik, die hier nur noch in Gestalt zerbrochener Handys und zu Türstoppern missbrauchter Computertastaturen gegenwärtig ist. Und schuld, das deutet Paul Bettanys Erzähler gleich zu Beginn an, ist auch das Ehepaar Caster (Johnny Depp und Rebecca Hall) und ihre unsterbliche Liebe zueinander.

Weil: Rückblick! Ein paar Jahre vorher geht es in Berkeley, wo das Wissenschaftler-Ehepaar natürlich wohnt, um die Segnungen künstlicher Intelligenz, die um Gefühle aufgepimpt die Menschheit voranbringen könnten. Glaubt zumindest „Wired“-Titelheld Dr. Will Caster, dessen Vortrag mit einer US-weiten Anschlagserie ein tragisches Ende findet. Ein paar Analogterroristen (u.a. Kate Mara) wollen derlei technologische Gottspiele nämlich gar nicht dulden. Und meucheln deshalb die halbe technologische US-Elite. Caster selbst wird Opfer einer Polonium-Vergiftung, infolge derer es ihm nur mehr ein paar Wochen vergönnt sein wird, in seinem analogen Garten analoge Schallplatten zu hören und von seiner analogen Gattin Abschied zu nehmen. Die aber hat ehrgeizige Pläne: Um Geist und Erbe ihres Mannes zu retten, lädt sie sein Gehirn und damit offenbar auch seine Persönlichkeit in einen Supercomputer. Der nächste Colossus ist geboren. Oder Wahlweise HAL 2.0.

Denn was auf die halbwegs plausible erste Hälfte folgt, klingt nach abstruser Crichton-Fiction anno 1970, gepaart mit schwerfälliger Technologie- und Religionskritik und l’art-pour-l’art-Effekten, welche die Science-Fiction-Posse nur mehr in noch peinlicherem Licht erscheinen lassen: Ohne zu viel verraten zu wollen: Der digital gewordene Caster spielt Gott. Inklusive wundersamen Krankenheilungen, Wiedererweckung von den Toten und wahrscheinlich auch der Verzauberung von Wasser in Wein. Außerdem spielt er ein bisschen Borg. Bloß schade, dass das mit der Assimilierung nicht beim Zuschauer klappt, der sich manches Mal ein peinlich berührtes Lachen verkneifen wird müssen.  Aber vielleicht war das ja von Anfang an Teil des Pfister-Plans: Seine Technikparabel dramaturgisch so altbacken zu inszenieren, dass niemand auf die Idee kommt, das Gesehene mit der Zukunft des Kinos zu verwechseln.

Transzendieren den Film (nicht): Morgan Freeman, Johnny Depp, Rebecca Hall und Cillian Murphy

(Noch) er selbst: Johnny Depp als Dr. Will Caster

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