30. März 2021 2 Likes

„Fast Color“ - Ein schwarzer, feministischer Superheldenfilm

Anders ist nicht automatisch besser, und schöne Ideen machen noch keinen guten Film

Lesezeit: 2 min.

Auf dem Papier macht Julia Harts „Fast Color“ fast alles richtig: Die Co-Autorin und Regisseurin Julia Hart erzählt in ihrem zweiten Film eine Superheldengeschichte der etwas anderen Art. Nicht auf gigantomanische Weise wie bei Marvel oder DC, sondern auf reduzierte Weise wie ein Independent-Film. Und auch die Hauptfigur ist ungewöhnlich. Zwar gibt es auch bei den großen Superheldenfilmen sowohl schwarze, als auch weibliche Figuren, aber die wirklichen Helden des Marvel-Kosmos heißen immer noch Iron Man oder Captain America – von Bat- oder Superman ganz zu schweigen.

Aber eine Heldin im klassischen Sinne ist Ruth (Gugu Mbatha-Raw), die Hauptfigur von „Fast Color“ ohnehin nicht. Zu Beginn scheint sie auf der Flucht zu sein, vor wem oder was bleibt zunächst unklar, bis sich herausstellt, dass Ruth vor sich selbst und ihrer seltsamen Gabe flieht. Kraft ihres Geistes kann sie Materie umformen, doch Kontrolle hat Ruth nicht. Statt dessen verursacht sie Erdbeben und andere Naturphänomene, die auch die Regierung in Gestalt des Wissenschaftlers Bill (Christopher Denham) auf ihre Spur gebracht haben.

Notgedrungen flieht Ruth nach Hause, zu ihrer Mutter Bo (Lorraine Toussaint) und ihrer Tochter Lila (Saniyya Sidney), von denen sie seit langem entfremdet ist. Alle drei Frauen sind Teil einer matriarchalischen Linie, die ähnliche Fähigkeiten haben, die Materie kontrollieren und die Welt in brillanten, psychedelischen Farben sehen können, was zu den eindrucksvollsten Bildern des Films inspiriert. Die allerdings ebenso losgelöst vom Rest wirken, wie vieles andere in einem Film, der oft wie ein Prolog wirkt und vielleicht deswegen gerade von Amazon für eine Serie weiterentwickelt wird.

Auch das bislang noch nicht davon die Rede war, dass „Fast Color“ in einer unbestimmten Zukunft spielt, in der es seit acht Jahren nicht geregnet hat und Wasser teurer als Benzin ist, deutet die erzählerischen Mängel an. Denn das eine hat mit dem anderen kaum etwas zu tun, scheinbar ohne besondere Mängel leben Bo und Lila in einem einsamen Haus, erfreuen sich des Lebens und nehmen die verlorene Tochter bzw. Mutter ohne größere Gefühlsregung auf.

Als Geschichte über Entfremdung und Selbstfindung könnte man das lesen, als Erzählung, die deutlich dem aktuellen Zeitgeist entsprungen ist, das beliebte Genre mit emanzipatorischen Ansätzen zu verknüpfen, dem Superheldengenre intime, ungewöhnliche Momente zu entlocken. Immer wieder gelingen Julia Hart dabei schöne Momente, erzählt sie von starken, unabhängigen Frauen, denen dann aber wieder nicht wirklich bedrohliche Männer gegenübergestellt sind. Eine echte Gefahr geht für dieses Matriarchat nicht aus, ihre Fähigkeiten sind präsent, aber weitestgehend verschwendet, so wie „Fast Color“ seine Qualitäten immer wieder andeutet, aber am Ende nicht zu einem runden Film zusammenfügen kann, der mehr ist als seine Teile.

„Fast Color - Die Macht in Dir“ ist gerade als DVD, Blu-Ray und VOD bei Lighthouse Home Entertainment erschienen.

Fast Color - Die Macht in Dir (USA 2018) • Regie: Julia Hart • Darsteller: Gugu Mbatha-Raw, Lorraine Toussaint, Saniyya Sidney, Christopher Denham

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