17. Januar 2019

Glaube ist alles

Mit „Glass“ beendet M. Night Shyamalan seine bemerkenswerte Superhelden-Trilogie

Lesezeit: 3 min.

Man kann es sich kaum noch vorstellen, aber als im Jahr 2000 „Unbreakable“ ins Kino kam, bemühte sich das Filmstudio, den Film als psychologisches Drama zu bewerben und wollte so wenig wie möglich mit der Welt von Comics oder Superhelden zu tun haben. Keine 20 Jahre später hat sich das Kino-Geschäft massiv verändert und so wirkt „Glass“, das späte Ende einer lang geplanten Trilogie, erst recht wie aus der Welt gefallen. Keine großen Set-Pieces, praktisch kein CGI, keine das Universum bedrohende Gefahr, einfach nur drei Charaktere in der Psychiatrie.

Elijah (Samuel L. Jackson), der lieber Mr. Glass genant wird, vegetiert dort schon seit dem Ende von „Unbreakable“ vor sich hin und wird noch immer von dem Gedanken geplagt, dass er nutzlos ist. David Dunn (Bruce Willis) dagegen betreibt mit seinem Sohn Joseph (Spencer Treat Clark) ein Sicherheitsunternehmen und streift immer noch mit seiner klobigen Regenjacke durch die Straßen Philadelphias, um Kriminelle zu stellen. Da die Handlung von „Glass“ unmittelbar an die von „Split“ anknüpft, hat Dunn nun die gespaltene Persönlichkeit namens Dennis/ Hedwig/ Patricia/ Kevin etc. (James McAvoy) im Visier, die sich bisweilen als Beast manifestiert. Doch gerade als es zum epischen Kampf zwischen Beast und dem unzerstörbaren David Dunn kommt, greift die Psychiaterin Ellie Staple (Sarah Paulson) ein und bringt das Superhelden/ Superbösewicht/ Mastermind-Trio endlich zusammen.

Was M. Night Shyamalan nun mit diesen drei Figuren anstellt, was er über ihre Psyche erzählt, über ihre Zweifel an ihren Fähigkeiten, ihr Suchen nach einem Platz in der Welt, ist ausgesprochen klug und vielschichtig. Von Mythen und Legenden ist viel die Rede, Geschichten von außerordentlichen Persönlichkeiten, deren Fähigkeiten nicht gewürdigt werden, die im Schatten agieren müssen und oft geächtet werden. Der Gedanke, dass Comics diese Legenden weiterführen, so wie einst Höhlenmalereien, Hieroglyphen oder Heldensagen, ist roter Faden der Trilogie. Doch dieses ernst nehmen der Legenden, dieses ernst nehmen von Comics, wie es besonders Elijah betreibt, kontrastiert Shyamalan bewusst mit den aktuellen Exzessen der Marvel/ DC-Welt.

In ihrer ruhigen Art, die mehr auf Psychologie und Charaktere setzt als auf meist oberflächliche, optische Reize, mag man die Trilogie leicht als Gegenstück zur Marvel-Welt verstehen. Während dort mit oft aufgesetzt wirkender Schwere Ernsthaftigkeit bloß behauptet wird, nimmt Shyamalan – so wie Elijah – die Mythen und Legenden der Comics tatsächlich ernst. Immer wieder kokettiert er dabei mit der Bedeutung der dünnen Heftchen, dem fast religiösen Eifer, mit denen über Figuren und ihre Fähigkeit gestritten wird. Aber auch dem Glauben, dass die tatsächlichen oder potentiellen Superhelden in ihre Talente und Fähigkeiten setzen müssen. Wie Shyamalan diese Aspekte zusammenbringt, am Ende – natürlich – einige überraschende Wendungen parat hat, macht „Glass“ zu einem ebenso ungewöhnlichen, wie herausragenden Superhelden Film, man könnte sagen: Der beste seiner Art seit „Unbreakable.“

„Glass“ startet am 17.1.2019 im Kino. Abb. Universal Pictures

Glass • USA 2019 • Regie: M. Night Shyamalan • Darsteller: James McAvoy, Bruce Wilis, Samuel L. Jackson, Sarah Paulson, Anya Taylor-Joy, Spencer Treat Clark, Charlayne Woodard

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