18. Juni 2021 1 Likes

„Katla“ – Mystisches Island

Die erste Netflix-Serie aus Island ist höchst atmosphärisch

Lesezeit: 2 min.

Schon auf der Berlinale 2017 versuchte der isländische Regisseur Baltasar Kormákur ein Serienkonzept zu verkaufen. Aus nicht nachvollziehbaren Gründen wollte offenbar kein Sender das Risiko eingehen, eine Serie in Europas Norden zu finanzieren, die nicht dem gerade in Deutschland so beliebten Genre des Nordic-Noir entsprungen ist. Doch dank Netflix konnte Kormákurs „Katla“ doch noch gedreht werden und man merkt schon den ersten Folgen an, dass dies kein Schnellschuss ist, sondern ein Projekt mit langer Genese.

Seit er vor gut 20 Jahren mit „Reykjavik 101“ international bekannt wurde hat Baltasar Kormákur Projekte in seiner Heimat realisiert, aber auch Hollywood-Filme wie „2 Guns“ oder „Everest“ inszeniert, Jobs die er nicht zuletzt deswegen bekam, weil er auch mit den eher niedrigen einheimischen Budgets visuell eindrucksvolle Welten kreierte. Diese Erfahrung kommt ihm nun zu Gute, denn „Katla“ lebt auch – aber gewiss nicht nur – von einer bemerkenswert dichten Atmosphäre.

Schauplatz ist das Dorf Vik im Süden der Insel, das unweit des titelgebenden Vulkans Katla liegt. Seit fast einem Jahr brodelt der Vulkan, stößt Asche aus und hat auch Asa (Iris Tanja Flygenring), die Schwester der Protagonistin Grima (Gudrun Yr Eyfjörd) verschluckt. Doch dann geschieht es: Aus den Tiefen der abgesperrten Region um den Vulkan, die mehr einen urzeitlichen Welt ähneln, als der Erde, taucht plötzlich eine Gestalt auf, von Asche bedeckt, kaum fähig sich zu artikulieren. Es ist Asa und sie ist nicht die einzige Person, die scheinbar von dem Vulkan ausgespuckt wird.

Auch die Schwedin Gunhild (Aliette Opheim) taucht plötzlich auf, erinnert sich nur noch daran, dass sie einen Einheimischen Namens Thor (Ingvar Sigurdsson) kannte und bei der Wirtin Bergrun (Gudrun Gisladottir) im lokalen Gasthaus gearbeitet hat. Was Bergrun bestätigt – allerdings scheint Gunhild vor 15 Jahren bei ihr gearbeitet zu haben. Ein Anruf bei ihrer Familie in Schweden macht die Sache noch komplizierter denn plötzlich ist ebenfalls Gunhild am Telefon, vielleicht das Original oder ein Doppelgänger der anderen Gunhild.

Höchst rätselhaft beginnt der von Karmákur und Sigurjón Kjartansson ausgedachte Achtteiler, spielt mit nordischen Mythen, den Sagenwelten Islands, dem Gedanken, dass die Natur beseelt ist und mit dem Menschen in unmittelbarer psychischer Verbindung steht. Weder Trolle noch Serienkiller dürften jedoch im weiteren Verlauf der Serie auftauchen, statt dessen familiäre Abgründe offenbart werden. Ganz langsam deuten Karmákur und Kjartansson Beziehungsgefelchte an, Verbindungen und Verstrickungen, auch Konflikte und Verletzungen. Doch im Gegenteil zu manch anderer Streamer-Serie, die vielleicht zu schnell entwickelt und in Produktion gegeben wurde, wirkt „Katla“ in keinem Moment oberflächlich. So eindrucksvoll die Gletscher, Vulkane und Geysire der isländischen Landschaft auch anmuten, so stimmungsvoll Karmákur – der bei vier Folgen auch selbst Regie führte – inszeniert: Am Ende geht es in „Katla“ um verlorene Menschen, denen schreckliches widerfahren ist, dessen Folgen durch die Zeit widerhallt.

Katla • Island 2021 • Creator: Sigurjón Kjartansson und Baltasar Kormákur • Darsteller: Gudrun Yr Eyfjörd, Aliette Opheim, Iris Tanja Flygenring, Ingvar Sigurdsson • 8 Folgen, jetzt bei Netflix

Kommentare

Zum Verfassen von Kommentaren bitte Anmelden oder Registrieren.
Sie benötigen einen Webbrowser mit aktiviertem JavaScript um alle Features dieser Seite nutzen zu können.