28. November 2019 2 Likes

Liebe ist relativ

Der schöne Debütfilm „Mein Ende. Dein Anfang“ spielt mit Quantenmechanik und Relativitätstheorie

Lesezeit: 2 min.

Schon erstaunlich, wie sehr Überlegungen zu einstmals esoterisch wirkenden Sujets wie Quantenmechanik, Relativitätstheorie und Multiversen Einzug in die Populärkultur gehalten haben. Der deutsche Netflix-Hit „Dark“ entwickelt sehr erfolgreich eine Geschichte durch Raum und Zeit, im Marvel-Universum spielt ein experimenteller Film wie „Dr. Strange“ mit der Möglichkeit, die Zeit vor und zurück zu drehen, und nun bedient sich selbst ein kleiner, deutscher Debütfilm ziemlich ambitionierter Gedankenspiele.

Mein Ende. Dein Anfang“ heißt der Film von Mariko Minoguchi, der gleich mit einem Ausflug in die Relativitätstheorie beginnt: Wie Aron (Julius Feldmeier), ein angehender Physiker in einem Vortrag erklärt: „Relativität besagt, dass Zukunft und Vergangenheit die gleiche Bedeutung für die Gegenwart haben. Warum erinnern wir uns an dann aber nur an unsere Vergangenheit und nicht an unsere Zukunft?“ Ein paar Szenen später wird Aron tot sein, erschossen in einer Bank, in der seine Freundin Nora (Saskia Rosendahl) Geld abheben wollte, denn Aron hatte seine Bankkarte vergessen, bei einem Essen mit Noras Mutter, die Nora Vorwürfe für ihr scheinbar verpfuschtes Leben macht. Ist das eine Kausalität? Wäre die Zukunft anders verlaufen, wenn Noras Mutter netter wäre? Wie weit kann man Ursachen von Ereignissen bis weit in die Vergangenheit verfolgen? Oder in die Zukunft?


Die Unschärferelation der Liebe. „Mein Ende. Dein Anfang.“

Bald nach Arons Tod trifft Nora auf Natan (Edin Hasanovic), dessen Name nicht nur ein Palindrom ist, der auch noch alles andere als weise agiert. Seine Tochter Ava ist schwer krank und braucht teure Medikamente. Noch sind sie von der Krankenkasse abgedeckt, doch nachdem Natan wegen eines kleinen Diebstahls gefeuert wird, steht er mit sehr leeren Händen da – und sieht nur einen kriminellen Ausweg.

Im Kern ist das zwar nicht mehr als eine Geschichte über eine Liebe, die endet, bevor sie richtig begonnen hat, doch durch die verschachtelte Struktur, die frei in der Zeit vor- und zurückspringt, gewinnt der Film an Fahrt. Manche Ideen, etwa Überlegungen zu Dé-jà-vus und Träumen, die Blicke in die Zukunft sein sollen, werden zwar nur angerissen, um dann bald wieder vergessen zu werden, dennoch beeindruckt die Originalität der Erzählung.

Gerade im deutschen Kino, das sich oft schwer mit Genremotiven tut, scheint Mariko Minoguchi eine interessante Stimme zu sein, auf deren nächste Projekte man neugierig sein darf. Schon nächstes Jahr startet „Haven: Above Sky“, eine dystopische Zukunftsvision, für die Minoguchi zusammen mit Tim Fehlbaum das Drehbuch geschrieben hat. Und da sich Fehlbaum schon mit seinem bemerkenswerten Debüt „Hell“ als aufregender Regisseur gezeigt hat, darf man wohl sehr gespannt sein.

„Mein Ende. Dein Anfang.“ startet am 28. November im Kino. Abb.: Telepool

Mein Ende. Dein Anfang. • D 2019 • Regie: Mariko Minoguchi •Darsteller: Saskia Rosendahl, Julius Feldmeier, Edin Hasanovic

Kommentare

Zum Verfassen von Kommentaren bitte Anmelden oder Registrieren.
Sie benötigen einen Webbrowser mit aktiviertem JavaScript um alle Features dieser Seite nutzen zu können.