10. Juni 2021

„Loki“ – Auf ins Multiversum

Falls das MCU bislang zu simpel war ...

Lesezeit: 3 min.

„Ich verhafte Sie für Verbrechen gegen die geheiligte Zeitlinie“, heißt es nach wenigen Minuten in der neuen Disney-Marvel-Serie „Loki“ und wer angesichts der Absurdität dieses Satzes nicht lauthals lacht, für den dürfte diese Serie zu ironisch sein.

2012 setzt „Loki“ ein, in dem Moment, als die Avengers Loki, den Gott aus Asgard, gerade in ihrer Gewalt hatten. Doch plötzlich fiel Loki der Tesseract vor die Füße, er öffnete ein Zeitloch und verschwand. Mit diesem Verschwinden beginnt nun die dritte Disney-Marvel-Serie (nach „WandaVision“ und „The Falcon and the Winter Soldier“) und erzählt quasi, was parallel zu den schon bekannten Filmen des Marvel-Universums geschah. Wobei parallel vermutlich das falsche Wort ist, denn wenn man beliebig durch die Zeit reisen kann, es schier unbegrenzte Multiversen gibt, dann kann es zwangsläufig nicht eine, lineare Zeit geben. Doch genau so eine Zeitlinie ist es, die eine Behörde namens TVA – Time Variance Authority – beschützen will. Wie ein kleines animiertes Trainigsvideo erklärt, gab es einst zahllose Multiversen, doch das führte zu unerwünschten Konflikten. Nun liegt es an der TVA zu verhindern, dass via Tesseract und anderen Methoden, Unfug mit der einen, der richtigen Zeitlinie getrieben wird. Wer gegen diese Regeln verstößt, dem droht Ungemach.

Ein Glück für Loki, dass ein Zeitagent namens Mobius (Owen Wilson) auf ihn aufmerksam wird und sich die Fähigkeiten des heißblütigen Gottes zu Nutze machen will. Denn ein Unbekannter hat es auf die Polizisten der TVA, die Minutemen, abgesehen und tötet sie quer durch die Zeit: Im 16. Jahrhundert in Aix-en-Provence, im 19. Jahrhundert in Salina, Oklahoma, wo zum Ende der ersten Folge eine finstere, nicht zu erkennende Gestalt zu erblicken ist, die Lust auf die Fortsetzung macht.

Bei aller Ernsthaftigkeit und Bedeutungsschwere, die das Marvel Universum meist ausstrahlen möchte, war der von Tom Hiddleston mit wunderbar versnobtem britischen Akzent gespielte Loki stets eine willkommene Abwechslung. Kein Wunder also, dass Marvel-Mastermind Kevin Feige ihn nicht sterben lassen kann, auch wenn die Figur in der ein oder anderen Timeline schon mal das Zeitliche segnete. Da kommt der Gedanke der Zeitreisen und der Multiversen, der in den nächsten Jahren wohl Filme und Serien des MCU bestimmen wird, gerade recht. Wie weit es die Autoren mit dieser Möglichkeit treiben werden, wird eine interessante Frage sein, schließlich würde das Wissen, das jede beliebige Figur in einer anderen Zeitlinie weiterleben könnte, jede noch so dramatische Wendung, jeden noch so tragischen Tod auf Dauer hohl erscheinen lassen. Noch ist dies vor allem eine theoretische Gefahr, die fraglos durch originelle Geschichten umschifft werden kann.

So oder so drängt sich die Frage auf, wie weit im Voraus Feige und seine Autoren die Entwicklungen des MCU geplant haben: Kann es tatsächlich sein, dass sie schon vor Jahren, als sie das Avengers-Doppel „Infinity War“ und „Endgame“ planten, in dem die oben erwähnte Szene vorkommt, wussten, was sie mit Loki vorhaben? Oder war der verschwindende Loki nur eine von vielen Möglichkeiten, die – auch von der Lust Hiddlestons abhängig, seine Rolle weiter zu spielen – aufgegriffen oder fallen gelassen werden konnte? Vielleicht wird Feige in einigen Jahren ja ein „Hinter den Kulissen“-Buch veröffentlichen, in dem er diese und andere Fragen beantwortet. Bis dahin werden sicher noch viele Serien und Filme die Geschichten des MCU weiterspinnen, auf mal mehr, mal weniger originelle Weise. Zumindest der Auftakt von „Loki“ verspricht dabei eine überdurchschnittlich interessante Marvel-Serie.

Abb.: Marvel/Disney+

Loki • USA 2021 • Creator: Michael Waldron • Regie: Kate Herron • Darsteller: Tom Hiddleston, Owen Wilson, Gugu Mbatha-Raw, Wunmi Mosaku • bei Disney+, jede Woche eine neue Folge (insgesamt 6)

Kommentare

Zum Verfassen von Kommentaren bitte Anmelden oder Registrieren.
Sie benötigen einen Webbrowser mit aktiviertem JavaScript um alle Features dieser Seite nutzen zu können.