4. Januar 2017 2 Likes

Lost in Space

Die bizarre, gewagte, gescheiterte Weltraum-Romanze „Passengers“

Lesezeit: 3 min.

Wo soll man nur anfangen? Viel gibt es über Morten Tyldums „Passengers“ zu sagen, in dem mit Jennifer Lawence und Chris Pratt zwei der momentan beliebtesten Stars Hollywoods in den Hauptrollen zu sehen sind. Was dann vermutlich auch erklärt, warum der Film überhaupt gedreht wurde und vielleicht auch, warum das Drehbuch trotz jahrelanger Genese seltsam stümperhaft und unfertig wirkt.

Wie man bei Wikipedia erfahren kann, sollte das von Jon Spaiths geschriebene Buch schon 2007 verfilmt werden, Keanu Reeves und Emily Blunt waren interessiert, das Budget sollte 35 Millionen Dollar betragen. Auch nicht wenig, aber kein Vergleich zu den mindestens 110 Millionen Dollar, die der Film jetzt gekostet hat. Wie das ursprüngliche Drehbuch aussah, kann man nur ahnen, rund, ausgereift wirkt der fertige Film jedenfalls nicht. Ein extremes Szenario liegt der Geschichte zu Grunde, ein was-wäre-wenn-Konzept, eine Versuchsanordnung, die spannende Fragen aufwirft, für die aber Logik weitestgehend ignoriert werden muss.

An Bord des gigantischen Raumschiffes Avalon spielt die Geschichte, zu deren Beginn Jim Preston (Chist Pratt) schon nach 30 Jahren aus einem eigentlich auf 120 Jahre anvisierten Hyperschlaf erwacht. Ein kleiner Meteroiteneinschlag hatte die Fehlfunktion ausgelöst (nicht die letzte arg bemühte Volte, die das Drehbuch schlägt) und ihn zu einer einsamen Existenz verdammt. Denn die Avalon befindet sich auf dem Flug zu einem entfernten Planeten, wo 5000 Passagiere eine neue Kolonie gründen sollen. Wieso, weshalb, warum bleibt wie so vieles offen, für gesellschaftliche oder soziale Hintergründe interessiert sich der Film leider in keinem Moment. Allein Jim steht im Mittelpunkt, der sich ein gutes Jahr allein auf dem Raumschiff rumtreibt, beim Androiden Barkeeper Arthur (Michael Sheen) Whiskey in sich rein schüttet und schließlich den menschlich verständlichen, ethisch fragwürdigen Entschluss fast, seine schlafende Schönheit namens Aurora (Jennifer Lawrence) zu wecken. Wie eine klassische romantische Komödie läuft die Geschichte nun ab, langsam gewinnt Jim Auroras Herz, doch das Damoklesschwert der verheimlichten Wahrheit schwebt stets über dem Paar.

Eigentlich ein interessantes Konzept, zwar eine künstliche Versuchsanordnung, die aber viel über Begehren und Verlangen, egoistische, aber doch verständliche Wünsche und Bedürfnisse erzählen könnte und in Momenten auch tut. Doch diese Version von „Passengers“ ist nicht mehr ein kleiner Film, sondern der designierte Sony-Weihnachtsblockbuster, mit psychologisch komplexer Figurenzeichnung spielt man jedoch keine Millionen ein, es muss also knallen.

Das actionreiche letzte Drittel wird nun mit merkwürdigen, vollkommen aus der Luft gegriffenen Drehbuchwendungen erzwungen, die durchaus beeindruckende Schauwerte liefern, aber kaum mehr als Stückwerk sind. So zerfahren ist die Handlung, so unterentwickelt die im Ansatz spannenden Themen, dass man sich fragt wie so ein Film gedreht werden konnte. Ohne rundes Drehbuch? Ohne klare Vorstellung, was genau man da jetzt eigentlich macht? Möglicherweise vor allem deswegen, weil zwei der gefragtesten Darsteller unserer Zeit gerade ein Zeitfenster zwischen dem Dreh diverser Fortsetzungen hatten und sich die Produzenten wohl dachten: Wird schon. Das Endergebnis ist dann einer der merkwürdigeren Hollywood-Großproduktionen des Jahres: Im erzählerischen Ansatz ambitioniert, visuell oft so atemberaubend wie moderne Blockbuster eben sind, aber im Kern doch merkwürdig zerfahren.

„Passengers“ startet am 5. Januar im Kino. Abb. © Sony Pictures.

Passengers • USA 2016 •  Regie: Morten Tyldum • Darsteller: Jennifer Lawrence, Chris Pratt, Michael Sheen

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