„To the Moon“ – Und es war doch inszeniert, oder?
Teils romantische Komödie, teils Kalter-Krieg-Drama und am Ende zwischen den Stühlen
Kein Land liebt Verschwörungsmythen so sehr wie die USA, eine der langlebigsten ist die Behauptung, dass die Amerikaner gar nicht auf dem Mond waren und alles eine große Show war, die vor allem deswegen nötig war, um die Russen im Kalten Krieg zu beeindrucken. Seltsam hartnäckig hat sich diese Idee gehalten, in „Unternehmen Capricorn“ wurde sie sogar von Hollywood durchgespielt und findet nun auch in „To the Moon“ Widerhall. Zumindest in der zweiten Hälfte, denn Greg Berlantis Film dreht sich zunächst ums Geld.
Denn eine Reise zum Mond ist nicht billig und Ende der 60er Jahre hat die amerikanische Öffentlichkeit andere Sorgen als eine fremde Welt zu erobern. Um den Geldnöten abzuhelfen engagiert der in geheimer Funktion für die Nixon-Regierung arbeitende Moe Berkus (Woody Harrelson) die New Yorker Werbefachfrau Kelly Jones (Scarlett Johansson). Diese weiß sich in einer von Männer und Sexismus geprägten Welt – man denke an „Mad Men“ – mit Charme und Intelligenz durchzusetzen und fliegt voller Elan nach Florida, wo beim Apollo-Programm am ersten Flug zum Mond gearbeitet wird.
Chef der Mission ist Cole Davis (Channing Tatum), ein ehemaliger Soldat und Pilot, dessen Traum, selbst ins All zu fliegen an einem Herzfehler zerbrach, der nun aber immerhin die Aufsicht über ein Projekt hat, bei dem 400.000 Menschen eine Rakete mit sechs Millionen Einzelteilen bauen. Eine besondere Eigenschaft besitzt Cole: Er spricht immer die Wahrheit, ganz im Gegensatz zu Kelly, die nicht nur beruflich lügt, sondern auch über ihre Vergangenheit lieber schweigt.
Dass sich die beiden dennoch langsam aber unausweichlich näher kommen liegt in der Natur des Genres, in dem Berlanti einige Erfahrung besitzt: „Love, Simon“ und „Der Club der gebrochenen Herzen“ zählen zu seinen bisherigen Filmen und immer dann, wenn „To the Moon“ sich in den bekannten, aber auch bewährten Bahnen einer romantischen Komödie bewegt, funktioniert er am besten. Dann können die beiden Stars ihren Charme spielen lassen, sehen in ihrer bunten 60er Jahre Kleidung fantastisch aus und wirken wie die ideale Besetzung für einen mehr oder weniger subtilen Werbefilm für die NASA.
Denn das ist „To the Moon“ auch: Eine Ode an den Mut der Raumfahrer und an den Erfindungsgeist der Ingenieure, die es innerhalb weniger Jahre schafften, einen Mann zum Mond zu schicken und ihn sicher wieder zur Erde zurückzubringen, so wie es der damalige Präsident John F. Kennedy im September 1962 ankündigte.
Nun zu imaginieren, dass erst durch die Fähigkeiten einer Werbefachfrau auch die Bevölkerung vom Weltraumfieber gepackt wurde, ist eine schöne, dem Zeitgeist entsprechende Idee. Wenn Kelly Jones die Astronauten Werbung für Uhren, Fertiggerichte oder Cornflakes machen lässt, um dringend benötigtes Geld für den Start der Rakete zu verdienen, mutet das wie eine treffende Metapher für moderne Rundumvermarktung an, lässt zudem auch noch eine Frau die Männerdomäne Raumfahrt aufmischen.
Leider begnügt sich „To the Moon“ nicht damit, eine romantische Komödie und eine Ode an die NASA und eine Satire über die Werbebranche zu sein, sondern nimmt schließlich auch noch das seit 55 Jahren nicht verstummende Gerücht auf, dass die Mondlandung gar nicht stattgefunden hat, sondern von Hollywoodprofis (vielleicht sogar Stanley Kubrick) inszeniert wurde.
Auch das im Ansatz natürlich ein interessanter Aspekt, der diesen ohnehin schon übervollen Film aber endgültig aus den Fugen geraten lässt. Mal locker-leicht wirkt die Erzählung, wenn Johansson und Tatum unter dem Sternenhimmel flirten, dann düster-bedrohlich, wenn Woody Harrelsons Geheimagent Drohungen ausspricht, die alles andere als lustig wirken. Etwas weniger wäre hier mehr gewesen, dann hätte sich „To the Moon“ auch nicht so sehr auf den Charme seiner Hauptdarsteller verlassen müssen, sondern hätte auch erzählerisch überzeugt.
To the Moon • USA 2024 • Regie: Greg Berlanti • Darsteller: Scarlett Johansson, Channing Tatum, Woody Harrelson • jetzt im Kino
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