7. Mai 2021

Netflix’ Superhelden-Serie „Jupiter’s Legacy“

Nach den Comics von Mark „Kick-Ass“ Millar und Frank Quitely

Lesezeit: 3 min.

2013 starteten Autor Mark Millar und Zeichner Frank Quitely das unabhängige Superhelden-Comic-Franchise „Jupiter’s Legacy“, das bei Fans und Kritikern für Begeisterung sorgte. Seit 7. Mai steht die acht Folgen umfassende erste Staffel der Netflix-Serienadaption zum Streamen online. Aber was taugt die Verstärkung, die Netflix „The Umbrella Academy“ für das Duell gegen Amazons Genre-Serien „The Boys“ und „Invincible“ an die Seite stellt?

Erzählt wird die Geschichte zweier Superhelden-Generationen. Im Mittelpunkt stehen der Supermann Utopian Sheldon Sampson (Josh Duhamel aus „Transformers“) und seine Familie: seine Frau Grace alias Lady Liberty (Leslie Bibb aus „Line of Fire“), ihre Kinder Brandon (Andrew Horton) und Chloe (Elena Kampouris) sowie Utopians Bruder Walter alias Brain-Wave (Ben Daniels aus „Law & Order UK“). Während Sheldon, Grace und einige andere ihre Kräfte zur Zeit der Großen Depression auf einer abenteuerlichen Expedition zu einer mysteriösen Insel erhielten, gehören Brandon und Chloe zu den Glücklichen oder Unglücklichen, die ihre erstaunlichen Fähigkeiten einfach geerbt haben. Chloe führt ein Leben als Celebrity und ist ständig betrunken, ihr Bruder Brandon zerbricht an den Ansprüchen seines Vaters, dem er einmal nachfolgen soll. Onkel Walter würde die Welt unterdessen gern durch aktives Eingreifen in Politik und Wirtschaft zu einem besseren Ort machen – und Sheldon muss seinen moralischen Kodex gegen eine Ordnung verteidigen, in der Superschurken immer brutaler werden und es für viele Menschen okay wäre, würden Superhelden die Bösen killen.


Da war die Welt noch in Ordnung. „Jupiter’s Legacy“, Netflix

Der Schotte Mark Millar wurde mit teils radikalen Comics wie „The Authority“, „Genosse Superman“, „Wanted“, „Wolverine: Old Man Logan“ und „Civil War“ zum Superstar, bevor er durch eigenständige Titel wie „Kick-Ass“ und „Kingsman“ viele der bis dahin gültigen Strukturen der Szene durchbrach und dank der Adaptionen seiner Werke große multimediale Erfolge feierte. Millars Landsmann Frank Quitely, einer der außergewöhnlichsten Künstler des Sujets, zeichnete sich mit „Authority“, „All-Star Superman“ und „New X-Men“ in die Herzen der Fans. In „Jupiter’s Legacy“ nahmen die beiden ein Dreivierteljahrhundert Superheldencomic-Historie und glichen die überlebensgroßen Mythen und Legenden mit der Wirklichkeit und Gegenwart ab – ein erfrischendes, millar-typisch krachendes und krasses Vergnügen, angefangen bei der Origin der Union of Justice, die direkt aus den Pulp-Magazinen zu stammen scheint.

Die Netflix-Serie interpretiert die modernen Superhelden-Comics, die mit „Jupiter’s Circle“ noch ein starkes Panel-Prequel erhalten haben, weitgehend gekonnt und überzeugend. Showrunner Steven S. DeKnight liefert nach „Buffy“, „Smallville“ und „Daredevil“ erneut gutes Gegenwarts-Serienfernsehen (übrigens hat mit dem britischen „The Losers“-Zeichner Jock, der am Vorspann mitwirkte, ein weiterer Comic-Star einen Beitrag zur Adaption geleistet). Man nimmt sich viel (hin und wieder vielleicht etwas zu viel) Zeit für die Charaktere, ihre Motivationen und Konflikte. Die Origin der Union wird via Flashbacks häppchenweise in die Haupthandlung integriert. Und obwohl die Hintergründe in manchen Superhelden-Fights arg nach Zack-Snyder-Weichzeichner aussehen, gefällt und funktioniert die Optik insgesamt gut. Außerdem fügt die Interpretation dem Ursprungsmaterial sowohl in der Vergangenheit wie in der Gegenwart neue Elemente und Ebenen hinzu. Fans der Bildergeschichten langweilen sich also garantiert nicht und bekommen viel Neues geboten, wie das inzwischen eigentlich Standard sein sollte und meist ist bei Serien dieser Art.


Dann kamen Superhelden und ihre Probleme. „Jupiter’s Legacy“, Netflix

Die haben aktuell fraglos Hochkonjunktur – und „Jupiter’s Legacy“ stellt als Superhelden-Familien- und Generationen-Drama über Verantwortung und Vermächtnis eine anschauenswerte Ergänzung des Angebots dar, ohne zu sehr „Umbrella Academy“ oder „The Boys“ sein zu wollen, gleichwohl man wenig überraschend Einflüsse erkennen kann. Millar, der sein Comic-Imperium Millarworld im Sommer 2017 an Netflix verkauft hat, darf sich über diese erste Streaming-Umsetzung einer seiner Panel-Geschichten allemal freuen. Und wir uns deshalb umso mehr über die Nachricht, dass weitere Millar-Adaptionen bei Netflix trotz Corona gerade wieder definitiv in Arbeit sind, angefangen bei „Prodigy“, „Super Crooks“, „American Jesus“ und selbst dem zwischenzeitlich gestoppten „The Magic Order“. Mark Millar, so viel ist sicher, muss sich um sein Vermächtnis gar keine Sorgen machen.

Abb.: Netflix

Jupiter’s Legacy - Staffel 1 • USA, 2021 • 8 Episoden, je ca. 45 Min. • Darsteller: Josh Duhamel, Leslie Bibb, Andrew Horton, Elena Kampouris, Ben Daniels

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