„Obi-Wan Kenobi“ - Eine Serie zwischen den Trilogien
Ewan McGregor in einer neuen Disney-Reihe, die gleichzeitig Sequel und Prequel ist
Mit einer Zusammenfassung der Prequel-Trilogie beginnt „Obi-Wan Kenobi“, einem Zusammenschnitt der Ereignisse, die zur gleichzeitigen Geburt von Darth Vaders und seiner beiden Kinder Luke und Leia führten. Noch sind sie nicht die letzten Jedis, diese Rolle nimmt die Titelfigur Obi-Wan Kenobi ein, der, wie man aus dem ersten Star Wars-Film weiß, allein in der Wüste von Tattoine lebt, um auf Luke Skywalker aufzupassen.
In diesem Moment setzt die Serie ein und kämpft fortan mit dem Problem, das etliche Filme und Serien aus dem Star Wars-Kosmos betrifft: Wie gelingt es eine spannende Geschichte zu erzählen, wenn das Ende schon bekannt ist? Grundsätzlich ist es natürlich nicht zwingend, am Ende einer Geschichte überrascht zu werden, wie man etwa in „Titanic“, jedem Jesusfilm oder auch den immer neuen Shakespeare-Verfilmungen sehen kann, die im besten Fall begeistern, auch wenn das Ende bekannt ist.
Schwieriger wird es dagegen im Star Wars-Kosmos, zumindest dann, wenn Serien und Filme sich zu sehr darauf konzentrieren, Dinge ausführlich zu bebildern, die in den bekannten Filmen nur kurze Bemerkungen waren und nicht wirklich danach schreien, Basis ganzer Filme oder Folgen zu werden. Ein Negativbeispiel ist hier sicher „Solo“, bei dem jedes noch so kleine Mysterium der Han Solo-Figur auserzählt wurde. Weit besser funktionierte es in „Rouge One“, der trotz einer an sich bis ins Detail bekannten Story, die sich parallel zur Zerstörung des Todessterns abspielte, als eigenständiger, spannender Film funktionierte.
Die ersten Folgen des Sechstteilers „Obi-Wan Kenobi“ sind nun qualitativ definitiv näher an „Rouge One“ als an „Solo“, wenn auch mit Luft nach oben. Hauptdarsteller Ewan McGregor ist 17 Jahre nach dem letzten Prequel-Film „Revenge of the Sith“ angenehm gealtert und deutlicher in die Fußstapfen des Original-Kenobis Alec Guinness hineingewachsen. Vor allem bemüht er sich nicht mehr um allzu große gestische Mimikri sondern macht sich die Rolle zu eigen. Und die führt ihn weniger zu Luke, als zu Leia. Als kleines Mädchen (gespielt von Vivien Lyra Blair) treffen wir sie wieder, ein etwas verzogenes Kind, das entführt wurde. Ihr Vater Bail Organa (Jimmy Smits) bittet Kenobi um die Rettung seiner Tochter, einen Auftrag, den der alte Jedi vor allem aus Pflichtgefühl annimmt. Denn eigentlich hatte er bewusst auf die Ausübung seiner Fähigkeiten verzichtet, weniger aus den Gründen, die Luke Skywalker zu Beginn der Sequel-Trilogie auf seine einsame Insel trieben, als aus Schutz für Luke und Leia. Doch die undurchsichtige Agentin des Imperiums, die Inquisitorin Reva (Moses Ingram), versucht alles, um Kenobi aus seinem Exil in der Wüste zu locken.
Seltsamerweise führt Kenobi das in eine Welt, die mehr an „Blade Runner“ erinnert als alles was man bislang in „Star Wars“ gesehen hat, aber man will sich ja nicht beschweren: Nachdem schon in „Mandalorian“ und „Boba Fett“ immer nur Wüste zu sehen war tut Abwechslung ganz gut.
Und wenn ab der dritten Folge dann auch Darth Vader (erneut Hayden Christensen) auftritt, könnte die „Obi-Wan Kenobi“ Serie sich sogar noch ein wenig steigern und zu mehr werden als einem amüsanten Lückenfüller.
Abb.: Disney+
Obi-Wan Kenobi • USA 2022 • Regie: Deborah Chow, Darsteller: Ewan McGregor, Moses Ingram, Hayden Christensen, Vivien Lyra Blair, Jimmy Smits, Joel Edgerton, Kumail Nanjiani, Flea • sechs Folgen bei Disney+, jeden Mittwoch eine neue Episode
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