5. August 2021

„The Suicide Squad“ – Zynismus ist auch keine Lösung

James Gunn arbeitet jetzt für DC und kann machen was er will – leider

Lesezeit: 3 min.

Seltsame Wege geht das moderne Hollywood-Bluckbuster-Kino, Regisseure winziger Independent-Filme, die noch nie Action inszeniert oder mit Green Screen gearbeitet haben werden engagiert, um sündteure Filme zu drehen, die größtenteils im Computer entstehen, nicht mehr um einen Film geht es, sondern um möglichst langlebige Franchises, und wann ein Film als Erfolg gilt ist so unklar, dass selbst ein Einspielergebnis von 750 Millionen Dollar als Enttäuschung gelten kann. So erging es vor fünf Jahren David Ayer mit seinem „Suicide Squad“, der nach vielen Nachdrehs und Arbeit im Schneideraum in einer Fassung erschien, mit der kaum jemand zufrieden war, der aber als einer der wenigen Superhelden-Filme sogar einen Oscar – für das Beste Make-Up – erhielt.

Für das produzierende Studio Warner Bros. war dies dennoch nicht genug, spielten Filme der Disney-Marvel-Konkurrenz doch regelmäßig über eine Milliarde ein. Praktisch, dass da mit James Gunn gerade einer der Marvel-Erfolgsregisseure durch lange zurückliegende Tweets zu einer Persona non grata geworden war und dringend nach einem Job suchte. So kam es, dass Gunn für die nicht offizielle, aber doch offensichtliche Fortsetzung „The Suicide Squad“ augenscheinlich freie Hand bekam, was in Gunns Fall bedeutet, dass er seine Obsessionen vollkommen unkontrolliert ausleben kann. Und dazu zählen Misogynie, exzessive, menschenverachtenden Brutalität, skurrilste Charaktere und der ermüdende Einsatz von Popmusik.

Wie James Gunn es vom Regisseur der zwei Flops „Slither“ und „Super“ zum Regisseur der Marvel-Property „Guardians of the Galaxy“ brachte, bleibt ein Rätsel. Im Nachhinein scheint der Einfluss von Marvel-Mastermind Kevin Feige jedoch genau die mäßigende Kontrollfunktion gewesen zu sein, die Gunns Obsessionen genügend eindämmte und zu kohärenten und in Phasen sogar außerordentlichen Filmen führte.

Das lässt sich nun von „The Suicide Squad“ nur sehr bedingt sagen, der gleich zu Beginn zeigt aus welchem Holz er geschnitzt ist: Ein Selbstmord-Team wird von Behörden-Chefin Amanda Waller (Viola Davis) geopfert und am Strand der lateinamerikanischen Insel-Republik Corto Maltese (!) dem sicheren Tod preisgegeben. Wobei man betonen sollte, dass Tod in diesem Fall bedeutet zur Belustigung des Publikums zu Hackfleisch zerschossen zu werden. Und das alles nur, damit das richtige Team unbehelligt an Land gehen kann, um ein von deutschen Wissenschaftlern geleitetes Forschungsprogramm zu vernichten, das eine Wunderwaffe herstellt, mit der die Diktatoren ihre Macht festigen wollen.

Wer sich ein bisschen mit amerikanischer Geschichte auskennt, wird hier deutliche Anspielungen an die Anwerbung von Nazi-Wissenschaftlern nach dem Zweiten Weltkrieg, das Desaster in der kubanischen Schweinebucht und die Einmischung in zahlreiche so genannte Bananenrepubliken ausmachen, die Gunn augenscheinlich als zynische Form der Machtpolitik entlarven möchte. Könnte man zumindest denken, doch am Ende bestätigt Gunn nur den amerikanischen Überlegenheitsanspruch, lässt sein Suicide Squuad um Harley Quinn (Margot Robbie), Bloodsport (Idris Elba) und Peacemaker (John Cena), die Welt retten und auch gleich die Insel von ihrem Diktator befreien. Dass dabei gerade Robbies mehr als gestörte Harley Quinn zum hypersexualisierten Objekt der Begierde stilisiert wird, muss kaum erwähnt werden, ebenso wenig das ganze Hundertschaften von Namenlosen auf möglichst lustige Weise abgeschlachtet werden. Das ganze unterlegt von ermüdenden Montage-Sequenzen zu betont origineller Popmusik und fertig ist das angeblich selbstreflexive, betont ironische Spektakel, das nichts ernst meint, aber doch ernst genommen werden will. Modern und Meta möchte „The Suicide Squad“ sein, was vielleicht sogar zutrifft und viel darüber verrät, woran es im zeitgenössischen Blockbuster-Kino oft hakt.

Abb.: Warner Bros.

The Suicide Squad • USA 2021 • Regie: James Gunn • Darsteller: Margot Robbie, Idris Elba, John Cena, Joel Kinnaman, Jai Courtney, Peter Capaldi, David Dastmalchian, Daniela Melchior, Michael Rooker, Alice Braga, Pete Davidson, Joaquín Cosio, Juan Diego Botto, Storm Reid, Nathan Fillion • Kinostart: 5. August 2021

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