„Thunderbolts*“ - Nur ein Sternchen im MCU?
Marvel lässt nun das B-Team auflaufen
Man könnte glauben, dass Marvel langsam die Figuren ausgehen: Statt Iron Man, Captain America, Thor oder Dr. Strange heißen die Helden des nun schon 36. Film des Marvel Cinematic Universe John Walker (Wyatt Russell), Ghost (Hannah John-Kamen) und Taskmaster (Olga Kurylenko), Namen, die wohl nur ganz eingefleischten Fans der Comic-Vorlagen etwas sagen werden. Besondere Fähigkeiten haben diese Figuren auch nicht mehr, ebenso wenig wie die nominelle Hauptfigur Yelena (Florence Pugh), die kleine Schwester von Black Widow, die vor einem guten Dutzend MCU-Filmen das Zeitliche segnete.
Seitdem scheint sich Yelena als Mädchen fürs Grobe von Valentina Allegra de Fontaine (Julia Louis-Dreyfus) verdingt zu haben, hat aber langsam keine Lust mehr auf das immer Gleiche. (Man kann das Gefühl nachvollziehen …) Passenderweise sorgt eine Untersuchung vor dem amerikanischen Kongress dafür, dass Allegra plötzlich unter Druck steht und ihre Spuren verwischen will. Was in der Welt der Geheimdienste bedeutet: Alle Mitwisser eliminieren.
So finden sich Yelena und die anderen in einem abgelegenen Gebäude wieder, zusammen mit dem unbedarften Bob Reynolds (Lewis Pullman), ein depressives Opfer von Allegras Forschung an Supersoldaten. Einen Gefängnisausbruch später hat sich die Gruppe dank der Hilfe von Yelenas Vater Red Guardian (David Harbour) und dem Winter Soldier Bucky Barnes (Sebastian Stan) zu einem brüchigen Team formiert, das sich selbstironisch „Thunderbolts“ nennt.
Viel zu tun haben die meisten dieser Helden nicht, etliche Marvel-typische Prügeleien und viele meist verpuffende Gags müssen überstanden werden, bevor die Story im letzten Drittel endlich in Fahrt kommt. Da verwandelt sich der unscheinbare Bob Reynolds nicht nur in den schier unbesiegbaren Superhelden Sentry, sondern auch dessen dunkle Version The Void. Und endlich gewinnt ein bis dahin selbst für jüngere Marvel-Verhältnisse ausgesprochen dröger Film an Format, streift Regisseur Jake Schreier den Zwang ab, jeden Moment einen betont selbstironischen Gag zu platzieren und konzentriert sich stattdessen auf den Überlebenskampf eines depressiven, an sich selbst zweifelnden Menschen.
Wie der dunkle Schleier einer Depression verdunkelt eine schwarze Masse nun Manhattan und selbst der eigentliche Drehbuch-Fauxpas, mit Sentry einen vollkommen unbesiegbaren Antagonisten kreiert zu haben, wird geschickt umgangen, denn der finale Kampf zwischen Gut und Böse findet nicht in der Realität statt, sondern in einer Art Gedankenwelt.
Schade, dass „Thunderbolts*“ allzu lange dahinplätscherte, nur als Füllmaterial auf dem Weg zur anstehenden Wiederbelebung der „Fantastic Four“ dient. Welche erzählerische Finesse und welche beeindruckenden Bilder auch nach über 15 Jahren Marvel-Kino noch möglich sind, zeigt sich erst in den letzten rund 40 Minuten. Die dann auch mit einem hübschen Finale enden, in dem das * im Titel eine für Kenner der Materie zwar vielleicht erwartbare, für alle anderen aber doch überraschende Erklärung findet.
Zu alter Form und Stärke findet Marvel zwar trotz angestrengtem Bemühen sich hip und edgy zu geben mit „Thunderbolts*“ zwar bei Weitem nicht zurück, aber die Hoffnung, dass sich das MCU in den nächsten Jahren noch einmal zu großer Form aufschwingen könnte sollte man noch nicht ganz begraben.
Thunderbolts* • USA 2025 • Regie: Jake Schreier • Darsteller: Florence Pugh, Sebastian Stan, Wyatt Russell, Olga Kurylenko, Lewis Pullman, David Harbour • ab 1. Mai im Kino
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