„Time Bandits“ – Kevin reist durch die Zeit
Eine moderne, etwas geglättete, aber dennoch sehenswerte TV-Version des Terry Gilliam-Klassikers
„Entschuldigung, könnten Sie mir verraten, warum die Wikinger ihr mörderisches Verhalten einstellten und sich dem Ackerbau zuwandten“, fragt der elfjährige Kevin (Kal-El Tuck) den Wikinger, der plötzlich in seinem Kinderzimmer steht. Kein gewöhnlicher Elfjähriger ist dieser Kevin offensichtlich, seinen Eltern geht er mit seinem oft etwas anstrengenden Interesse an Geschichte arg auf die Nerven, und auch seine Schwester ist wenig begeistert davon, dass Kevin seinen Geburtstag in Woodhenge verbringen will, einer hölzernen Version von Stonehenge, wo nicht mehr zu sehen ist als Holzpfosten. Aber genau das ist Kevins Ding und reicht vollkommen aus, seine Phantasie auf Hochtouren zu bringen.
Es trifft sich also gut, dass sich ausgerechnet in Kevins Kinderzimmer Zeitachsen treffen und Tore öffnen, die ihn zum historischen Zeitreisenden werden lassen, der mit fünf Dieben durch die Vergangenheit reist, praktischerweise stehst dahin, wo Geschichte gemacht wurde. Man merkt: Das Konzept von Terry Gilliams 80er Jahre-Klassiker „Time Bandits“ wurde für die nun streamende Serien-Neuauflage nicht groß verändert, allerdings mit einem kleinen Unterschied: Wurden Kevins nervende Eltern erst am Ende des Films vaporisiert, steht dieser Moment nun schon am Ende der zweiten von zehn Folgen. Statt seine Eltern los zu sein, versucht Kevin sie hier also zu retten und taucht damit kopfüber in den Kampf zwischen dem Supreme Being, auch bekannt als Gott, und den Zeitdieben ein, die sich eine Karte des Universums unter den Nagel gerissen haben.
Ganz akkurat scheint diese Karte allerdings auch nicht zu funktionieren, jedenfalls reist das Quintett etwas willkürlich durch die Zeit und mit dem Stehlen klappt es auch nicht recht. In gewisser Weise werden die Zeitdiebe von Penelope (Lisa Kudrow) angeführt, die allerdings immer dann auf eine demokratischen Führungsebene pocht, wenn Gefahr droht, vor allem dem Anführer. An ihrer Seite stehen der Kartenleser Widgit (Roger Jean Nsengiyumva), die betont empathische Judy (Charlyne Yi), der Möchtegern Schauspieler Alto (Tadhg Murphy) und der nordische Hüne Bittelig (Rune Temte). Keine kleine Menschen wie noch im 40 Jahre alten Film, auch ein Hinweis darauf, dass sich die Zeiten geändert haben und das hier der Neuseeländer Taika Waititi als kreativer Kopf agiert – und natürlich gleich auch noch Gott höchstpersönlich spielt.
Mit TV-Serien wie „What we do in the Shadows“ und Spielfilmen wie „Jo Jo Rabbit“ hat sich Waititi den Ruf eines sanften Satirikers erarbeitet, dessen Komik nie zu böse daherkommt, bei dem unter dem Mantel des Humors am Ende stets der Humanismus siegt. So böse wie es Terry Gilliam und zuvor Monty Python waren, kann und will Waititi in der heutigen Zeit nicht mehr sein, was Gilliam dem Vernehmen nach bei einem Setbesuch der Serienadaption schwer verärgerte.
„Time Bandits“, die Serie, fühlt sich dadurch vielleicht oft etwas sanft an, aber muss man es unbedingt für moderne politische Korrektheit halten, wenn ein Besuch bei den Mayas eben nicht mit Menschenopfern endet, sondern mit Kevins Erkenntnis, dass er den Berichten der Eroberer Glauben geschenkt hat, die nun einmal ein Interesse daran hatten, die aus ihrer Sicht Anderen möglichst grausam zu schildern.
Abgesehen von solchen erzieherischen Momenten gelingt es Waititi aber immer wieder auch einen sanft anarchischen Ton einzubauen, der durchaus entfernt an Monty Python Absurditäten erinnert. Eine Begegnung mit Neandertalern etwa oder auch mit der mythischen Cassandra, die in gewisser Weise Kevins Schwester im Geiste ist, schließlich kennen beide die Zukunft. Wie Kevin dieses Wissen anwenden wird, darauf darf man durchaus gespannt sein.
Time Bandits • UK/USA 2024 • Regie: Taika Waititi u.a. • Darsteller: Kal-El Tuck, Lisa Kudrow, Tadhg Murphy, Roger Jean Nsengiyumva, Rune Temte, Kiera Thompson • Apple TV+ • bis 21. August jeden Mittwoch zwei neue Folgen
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