Vielversprechender Anfang
Die erste Folge der „The Expanse“-TV-Serie macht Lust auf mehr!
Science-Fiction-Serien sind groß in Mode – von den charmanten Klonen in Orphan Black über dystopische Hacker in Mr. Robot bis hin zu Amazons Alternativgeschichte in The Man in the High Castle. Aber richtig coole Space Operas? Fehlanzeige. Der SyFy-Channel will diese Lücke mit The Expanse, der Adaption der Romanreihe von James Corey (im Shop), nun füllen. Die erste Episode der Serie, die in den USA am 14. Dezember startet, wurde letzte Woche bereits vorab auf VoD-Diensten ins Netz gestellt. Und „Dulcinea“ hielt, was die Bücher versprechen!
Vorsicht: Dieser Text enthält einige kleine Spoiler zur ersten Folge. Weiterlesen auf eigene Gefahr!
The Expanse spielt rund 200 Jahre in der Zukunft, in der die Menschheit sich über das Sonnensystem ausbreitet. Die Erde wird von den U.N. regiert, der Mars ist eine unabhängige Militärmacht. Zwischen den beiden inneren Planeten herrscht ein Kalter Krieg, und hinter der Marsbahn brodelt es: In ausgehöhlten Asteroiden zwischen Mars und Jupiter, zum Beispiel auf Ceres, leben die sogenannten „Gürtler“ unter schwierigsten Bedingungen. Sie haben keine eigene Regierung, sondern arbeiten für große Firmen, die durch private Sicherheitsformen für Recht und Ordnung nach Gutdünken sorgen. Dagegen protestieren die Gürtler immer lauter und fordern ihre Unabhängigkeit. Das Sonnensystem ist ein Pulverfass, das nur auf den Funken wartet, der alles in Brand steckt.
Das alles erfahren wir beiläufig in „Dulcinea“ durch drei der Hauptcharaktere der Serie: Josephus Miller (Thomas Jane), einem semikorrupten, trinkfreudigen Cop auf Ceres, Jim Holden (Steven Strait) auf dem Eisfrachter Canterbury, und Chrisjen Avasarala (Shohreh Aghdashloo), einer U.N.-Diplomatin auf der Erde. Miller bekommt den Auftrag, nach der verschwundenen Julie Mao, einer reichen Industriellentochter, zu suchen. Es sieht so aus, als wolle sie gegen ihre Eltern rebellieren und hätte sich in den Gürtel abgesetzt. Jim Holden und die Canterbury-Crew sind auf dem Flug zurück vom Saturn, als sie einen Notruf empfangen. Etwas widerwillig – der Umweg kostet Zeit und damit Geld – machen sich Holden, die Ingenieurin Naomi Nagata (Dominique Tipper), Mechaniker Amos Burton (Wes Chatham) und Pilot Alex Kamal (Cas Anvar) mit einem Beiboot auf, um sich das anzusehen. Das in Not geratene Schiff ist jedoch leer, die Hülle aufgerissen. Plötzlich taucht aus dem Nichts ein marsianischen Kriegsschiff auf, das erst die Canterbury und dann das leckgeschlagene Schiff vernichtet. Über Chrisjen Avasarala, die im ersten Expanse-Roman Leviathan erwacht (im Shop) gar nicht vorkommt, erfahren wir in „Dulcinea“ bisher nur, dass sie zu Hause eine liebevolle Großmutter und im Büro eine gefürchtete Diplomatin ist.
The Expanse ist so offen politisch wie die Bücher und adressiert Rassismus, Ausbeutung und Spannungen zwischen unterschiedlichen Gesellschaftsschichten. Aber das alles findet im Hintergrund statt, was „Dulcinea“ streckenweise ein bisschen überfrachtet wirken lässt. Der Fokus liegt voll und ganz auf den Charakteren, die im weiteren Verlauf der Serie unfreiwillig in Ereignisse verstrickt werden, die, so viel sei verraten, den Konflikt zwischen Erde, Mars und Asteroidengürtel wie einen unwichtigen Nebenschauplatz erscheinen lassen. Thomas Jane spielt den abgerissenen Cop, der letzten Endes das Herz doch am rechten Fleck hat, absolut überzeugend; Steven Strait als Jim Holden punktet durch eine gewisse Leichtsinnigkeit und Leichtigkeit, ohne dabei übertrieben zu wirken. Die Sets waren, so berichtete io9, unglaublich groß, was die Umgebungen, sei es auf Ceres oder der Canterbury, realer und greifbarer erscheinen lassen.
Vor allem die Details stimmen in „Dulcinea“: Die Ratte auf der Canterbury, die eindeutig „abgelebten“, etwas schäbigen Wohnviertel oder die quietschbunten Neonröhren vor den Spielhöllen auf Ceres, die vielen verschiedenen Sprachen, zum Gürtler-Idiom vermischt (was positiv an Firefly erinnert), die unglaublich hässlichen Raumschiffe, die keine Spur von Aerodynamik aufweisen (warum auch? Sie landen schließlich nie irgendwo), und auch das Problem der physischen Erscheinung der Gürtler (die ja in niedrigerer Schwerkraft geboren wurden und in den Büchern deswegen als groß und hager beschrieben werden) wurde zu meiner vollsten Zufriedenheit gelöst.
„Dulcinea“ wirkte auf mich ein bisschen wie „Alien trifft Firefly“ – perfekter hätte der Appetizer auf den Rest nicht ausfallen können. Zum Glück müssen wir darauf nicht mehr allzu lange warten!
Die vier bisher auf Deutsch erschienenen Expanse-Romane von James Corey finden Sie in unserem Shop; Nummer fünf erscheint im Juli 2016. Die erste Folge, „Dulcinea“, kann man sich unter anderem auf syfy.com/theexpanse ansehen.
Kommentare