Back in Business, Ladies!

Mittlerweile ist es ja (leider) etwas ruhiger um MeToo und Co. geworden, obwohl das Thema (nochmal leider) nichts von seiner Brisanz verloren hat. Ebenfalls ruhiger verlief auch der vor wenigen Tagen erfolgte Release von Leisure Suit Larry: Wet Dreams Don´t Dry für PS4 und Switch, das im letzten Jahr bereits für PC veröffentlicht wurde. Wer sich nun fragt, was MeToo mit diesem Titel verbindet, hat offenbar keine Ahnung von der – nun ja – umtriebigen Historie der Figur Larry Laffer, der als „Star“ zahlreicher Point&Click-Adventures bereits vor Jahrzehnten für Aufregung in der pixeligen Frauenwelt sorgte. In Gestalt des unattraktiven wie zottigen Anzugträgers, ging es stets darum, möglichst viele Damen aufzureißen und auf dem (meist kurios erfolglosen) Weg dorthin mehr oder minder knackige Rätselketten aufzulösen und sich über die – je nach Perspektive – spaßigen Comicdialoge scheckig zu lachen. So ging damals in den guten alten PC-Hochzeiten eben Kult.

Bei dieser Konzeptlage und dem generell spätestens zu Beginn des neuen Jahrtausends eher schweren Standes des Point&Click-Genres, fiel Larry Laffer allerdings komplett aus der Mode und vergrätzte selbst hartgesottene Fans mit eher peinlichen Resterampen. Doch da Revivals oft zumindest zeitweise laufen und es noch genug ältere Zockersemester da draußen gibt, die sich an ihre Modem-Jugend erinnern, nahm sich das deutsche Entwicklerstudio Crazy Bunch dem abgehalfterten Playboy an und gelobte eine moderne, im Spiegel unserer Zeit verankerte Wiederauferstehung, die trotzdem den Geist früherer Zeiten Rechnung tragen sollte. Bei dieser Herkulesaufgabe kommt sogar eine Prise Sci-Fi ins Spiel, denn Laffer wird in Wet Dreams Don´t Dry von den 80ern tatsächlich in die Gegenwart katapultiert und muss sich nun ohne lange Einarbeitung mit für ihn völlig fremden Technologien wie Social Media, Smartphones und einem veränderten Geschlechterbild arrangieren.

Das Ergebnis sorgte schon auf PC für ein gespaltenes Echo bei der Kritik. Spielerisch wie inhaltlich setzen die Macher auf bewährte 2D-Retrokost in Vollvertonung (auch deutsch), wobei sowohl Rätsel und Features wie Menü oder Steuerung eleganter als früher von der Hand gehen. Der mehrfache Clash zwischen „älterer weißer Mann“ und „selbstbewusster junger Frau“ bietet sogar tatsächlich einige Lacher, die nicht zwingend zum Fremdschämen einladen, ohne dass sich das Spiel allerdings verdächtig machen würde, ein politisch korrektes oder gar kulturkritisch subversives Statement zu sein. Um seine neue Traumfrau Faith zu erobern, die nebenbei beim großen Tech-Konzern Prune (muss man diesen Gag erklären?) arbeitet, muss Larry via Timber-App (ja, wir reden von Tinder) zunächst genug Social-Points bei anderen Dates einsacken. Die verlaufen in der gut 15 Stunden langen Kampagne natürlich völlig chaotisch und stellen Larry an die Seite von Influencern oder Cosplayerinnen, die allesamt nicht willig sind, sich dem herben Charme ihres Datingpartners hinzugeben.

Dank guter Sprecher, schicker handgezeichneter Settings, angepasster Steuerung und ordentlich viel Retro, ist Wet Dreams Don´t Dry auch auf PS4 und Switch eine Reise wert – jedoch nur für Fans alter Tage, deren Blick auf die Welt ein eher gestriger ist. Man muss es leider so deutlich sagen: Larry Laffer ist ideologisch ein absoluter Dinosaurier und steht trotz aller Bemühungen der Macher um ein aufgeklärteres Humorverständnis für ein Männer- wie Frauenbild, über das man auch im neuesten Fall diskutieren könnte oder gar müsste. Aber mit solchen Vorwürfen war schließlich von Anfang an zu rechnen. Manche Figuren sollte man als „Kinder ihrer Zeit“ vielleicht einfach Ruhen lassen.

Fazit: Eigentlich ein grundsolides, gut gemachtes Point&Click-Adventure mit originellem Zeitreise-Ansatz. Doch man muss nicht erst ein geisteswissenschaftliches Fach zu Ende studiert haben, um sich an vielen Stellen vom zottigen (Sex-)Humor intellektuell abschrecken zu lassen.

Leisure Suit Larry: Wet Dreams Don´t Dry • Crazy Bunch/Assemble Entertainment • Point&Click-Adventure • PC, PS4, Switch

Abbildung © Crazy Bunch/Assemble Entertainment