12. Mai 2017 1 Likes

Weltraum-Querulanten im Episodenformat

„Marvel’s Guardians Of The Galaxy: The Telltale Series“ erste Episode im Test

Lesezeit: 3 min.

Als das Autoren-Duo Dan Abnett und Andy Lanning (von den Fans liebevoll DnA genannt) 2008 für den US-Comicverlag Marvel eine Serie namens „Guardians of the Galaxy“ aus dem kosmischen Mega-Event „Annihilation: Conquest“ stampften, hätte wohl niemand erwartet, was für eine gigantische Popkultur-Maschine da geboren wurde. Selbst unter Hardcore-Marvelfans waren ein sprechender Baum, ein waffenliebender Waschbär und ein Hulk-artiger grüner Hüne und weitere Figuren bloße skurrile Randerscheinungen, die einem mit Glück höchstens mal zu Ohren kamen. Fast zehn Jahre später und um Star-Lord und sein herzerwärmendes Team von Außenseitern haben sich diverse Team- und Solo-Comicreihen gebildet, sowie Cartoonserien, Gaming-Auftritte und natürlich zwei multi-millionen-schwere Hollywoodstreifen. Nun reiht sich hier auch Popkultur-Verwerter par excellence „Telltale Games“ ein, die als Adventure-Game-Entwickler bereits gewaltige (und höchst gefeierte) Eisen im Feuer haben, wie „The Walking Dead“, „Game Of Thrones“, „Zurück in die Zukunft“, „Batman“ und sogar „Minecraft“.

Nach gewohnter „Telltale“-Manier ist auch „Marvel’s Guardians of the Galaxy: The Telltale Series“ ein Episoden-Spiel, das sich stark an alten Point-and-Click-Adventures der „Lucas Arts“-Ära orientiert und zugleich ein cinematisches Erlebnis bietet, das an eine spielbare TV-Serie erinnert. Die Prämisse ist simpel, wie vielversprechend: Gleich zu Beginn werden die Guardians durch das Nova-Corps (das unverwechselbar dem Filmcorps ähnelt) in ein Sternsystem gerufen, in dem sich der Titan und Marvel Oberschurke Thanos befindet und ein mächtiges Artefakt sucht, genannt Eternity Forge. Letzteres ist natürlich der McGuffin um den sich die Geschichte mal mehr mal weniger dreht und es kommt gleich zu Beginn zum Showdown zwischen Thanos und den tunichtguten Wächtern, der in einer äußerst unerwarteten und interessanten Situation endet. Gerade diese kleine Wendung verleiht der Episode einen Reiz, der nicht abzustreiten ist. Gespoilert werden soll besagte Wendung hier nicht, aber offen bleibt natürlich, ob Telltale bei der Entscheidung stramm bleibt, oder in welche Richtung sich das alles entwickelt. Die Episode „Tangled Up In Blue“ (natürlich nach Bob Dylan benannt) lohnt sich bereits für den kinoreif dargestellten Kampf gegen Thanos, in dem man jeden der Guardians durch Quick-Time-Events manövriert. Hier wird eindeutig, wie viel „Telltale“ in den letzten Jahren gelernt hat. Die Spiele glänzen nicht nur durch Wortwitz und gutes Writing, sondern können sich auch im Action-Abteil sehen lassen, wenn auch natürlich vieles quasi nur ein ablaufender Film ist.

Die Figuren des Peter Quill, Gamora, und Drax weisen alle Spuren ihrer Comic-Pendants auf, gemischt mit ihren Filmfiguren, während Groot, Yondu und Rocket quasi direkt aus dem Film stammen könnten. Letzterer wird übrigens von Synchronsprecher-Evergreen Nolan North (Nathan Drake in „Uncharted“) gesprochen, der eine gute Imitation von Bradley Coopers Rocket Raccon zum Besten gibt. Im Verlauf der Episode steuert man dann aber zum größten Teil Peter „Star-Lord“ Quill, der mit mal mehr oder weniger Wortwitz (häufig auch dem Spieler selbst überlassen) durch die emotionalen Höhen und Tiefen stolpert, ohne dabei möglichst jedem in der Galaxie auf den Schlips zu treten. Die „Telltale“-markanten Entscheidungen sind erneut präsent und werfen einige interessante Fragen auf, die sich wohl erst in den kommenden Episoden klären werden. Wieso hat sich Rocket gemerkt, dass ich mich über seine Waffe lustig gemacht habe? Was für Auswirkungen wird es haben mich mit dem Nova Corps verbündet zu haben, statt mit dem ominösen Collector? Und natürlich vieles mehr.

„Telltale Games“ stellen erneut unter Beweis, dass sie Humor, Spannung und Emotionalität gekonnt zu einem wohlschmeckenden Cocktail mischen können. Und wenn man sich auf eines bei jedem „Telltale“-Adventure verlassen kann, dann, dass es sich um ein gut geschriebenes Spiel handelt, mit Herz und Seele. Gerade die „Guardians of the Galaxy“ passen zu „Telltale“ wie die Faust aufs Auge. Und dank vieler lizensierter Songs der 80er trifft die erste Episode auch den Ton der beiden Filme. Lediglich an der Front des Gamings selbst hinkt die Episode etwas, aber das ist nun mal dem Prinzip des cinematischen Episoden-Adventures geschuldet, das „Telltale“ so gekonnt meistern.

„Episode 1: Tangled Up In Blue“ ist seit dem 18. April für PC, XBox One, Playstation 4, Android und IoS in englischer Sprache mit deutschen Texten erhältlich. Für Fans der Filme und der Comics ist sie auf jeden Fall einen Blick wert und dank, seit dem 4. Mai ebenso im Handel erhältlicher Seasonpass-Disk auch absolut kein Hindernis mehr.

Guardians of the Galaxy: The Telltale Series • Telltale Games • Point-and-Click-Adventure • Abb. © Telltale Games/Marvel

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