Zurück in die Zukunft, Captain!

„Der Weltraum. Unendliche Weiten …“ Mit diesen Worten begann vor genau fünfzig Jahren die Erfolgsstory eines der populärsten Science Fiction-Genres der Filmgeschichte, die in den folgenden Jahrzenten über unzählige Fernsehbildschirme und Kinoleinwände lief. Die Abenteuer der verschiedenen Raumschiff- (und Raumstations-)Besatzungen der Star Trek-Serie prägten nicht nur Generationen von Zuschauern, sondern auch zahlreiche Wissenschaftler, Astronauten wie auch Künstler, die – inspiriert durch die Vorstellung einer fernen Zukunft im Sinne eines humanistisch-naturwissenschaftlichen Weltraum-Utopias – ihren eigenen Beitrag zu einer besseren Zukunft beisteuerten.

Ein solches Jubiläum muss gefeiert werden, und da lohnt es sich, kurz einen Blick zurück zu werfen auf die Ursprünge des Franchises, welches in dem halben Jahrhundert seines Daseins nicht nur fünf – und ab dem Frühjahr 2017 sechs – TV-Serien sowie dreizehn Kinofilme, sondern auch eine beachtliche Fülle an Romanen (im Shop) und Computerspielen hervorgebracht hat.  Das dachten sich auch die Entwickler von Cryptic Studios, dem Produzenten des Massive Multiplayer Online-Rollenspiels Star Trek Online, welches seit 2010 die Kanon-Geschichte des Genres nach den Geschehnissen des Kinofilms Star Trek Nemesis fortgesetzt hat und zudem seit kurzem auch auf der Spielkonsole Xbox One verfügbar ist.

Zum Fünfzigjährigen der Weltraumsaga veröffentlichte Cryptic nach Star Trek Online: Legacy of Romulus und Star Trek Online: Delta Rising die dritte große Erweiterung des Spiels mit dem Namen Star Trek Online: Agents of Yesterday.

Eines der wesentlichen Merkmale des neuesten Add-Ons ist die Einführung der neuen TOS-Föderations-Fraktion, deren Handlung im Gegensatz zu derjenigen der anderen Fraktionen nicht im 25. Jahrhundert (wie der Rest des Spiels), sondern zu Beginn auf einer eigenen Spielkarte im 23. Jahrhundert ansetzt, unmittelbar nach den Abenteuern der Enterprise unter dem Kommando von James T. Kirk. Die Sternenkarte dieser Epoche ist weitaus kleiner als die Hauptkarte des Spiels und bietet nur eine Handvoll Systeme, die man darin bereisen kann, darunter auch eine eigene Karte des Erdorbits mit dem noch sehr viel kleineren Erdraumdock dieser Zeit.

Hier sind auch – exklusiv – die Schiffe und Charaktere der Klassikserie anzutreffen. Leider aber besteht nach dem Ende des ersten Kapitels selbst bei Missionswiederholungen offenbar keine Möglichkeit mehr, auf diese Karte zurückzukehren. Wie bei den anderen Fraktionen auch ist es dem Spieler vor Beginn des Spiels möglich, seinen individuellen Charakter zu erschaffen, wenn auch das Angebot an spielbaren Spezies im Vergleich zu den Charakteren des 25. Jahrhunderts weitaus übersichtlicher ist, und sich für einen der drei Offiziersbereiche (Taktischer Offizier, Ingenieur oder Wissenschaftsoffizier) zu entscheiden.  

In klassisch-kanariengelber Uniform und begleitet von Redshirts – an dieser Stelle konnten es sich die Entwickler in zumindest einer Szene nicht verkneifen, einem der bekanntesten Running Gags der Popkultur Tribut zu zollen – macht sich der Spieler auf, um nicht allzu fremde, sondern aus der Serie nur allzu bekannte Welten zu erkunden und schließlich in der Raumschlacht von Caleb IV zwischen der Föderation und dem Klingonischen Reich augenscheinlich umzukommen – nur um von dem Zeitreisenden Daniels (bekannt aus der Serie Star Trek Enterprise) im letzten Moment gerettet und mitsamt seiner Crew als temporaler Agent in das 25. Jahrhundert versetzt zu werden.

Von dort an durchläuft der Spieler die bisher bekannten „Staffeln“ des Haupterzählstrangs von Star Trek Online, welcher allerdings um einige Missionen in anderen Zeitabschnitten ergänzt wurde. So dreht sich die Fortsetzung der Geschichte um den aus der Serie Star Trek Enterprise bekannten temporalen Kalte Krieg und das Spiel wird nebst um das neue Temporal Operative-Ruf-System auch mit den ebenfalls aus der benannten Serie bekannten Na’kuhl um einen neuen Hauptgegner erweitert. Des Weiteren findet erstmals das aus den neueren Kinofilmen bekannte Paralleluniversum der Kelvin-Zeitlinie Beachtung in der Storyline des Spiels, was von einigen Fans durchaus zwiegespalten aufgenommen wurde. Zu guter Letzt ergänzt sich – wie schon bei den letzten Erweiterungen – die Bandbreite an spielbaren Raumschiffen sowohl um Kreuzer der klassischen Serie, Schiffe der Kelvin-Zeitlinie wie auch um Schiffe aus dem 26. und Zeitreiseschiffe aus dem 29. Jahrhundert.

Technisch gesehen bleibt bei Star Trek Online weitestgehend alles beim Alten, auch wenn das Spiel in den vergangenen Monaten sowohl graphisch als auch hinsichtlich des Spielsystems von den Entwicklern hier und da aufpoliert wurde. Bereits mit früheren Erweiterungen erfolgte eine Vereinfachung und Verbesserungen des Skill-Systems, die Brückenoffiziersfähigkeiten wurden überarbeitet, und auch das früher noch sehr eintönige Leveldesign ist mit den neueren Kapiteln abwechslungsreicher geworden.

Außerdem hat sich in den vergangenen Monaten das Sortiment spielbarer Schiffe stark vergrößert; jedoch sei an dieser Stelle bemerkt, dass es sich bei dem Großteil der zur Verfügung stehenden Flotte nach wie vor um Premium-Schiffe handelt, die entweder nur durch endloses und mühsames Sammeln von Dilithium und Umwandeln in die Ingame-Währung Zen oder aber durch die Investition realen Geldes freigeschaltet werden können. So kann ein leistungsstärkerer Level-5-Kreuzer mit Spezialfähigkeiten beispielsweise schon mit 20 bis 30 Euro zu Buche schlagen, bei Schiffspaketen etwa, die verschiedene Varianten einer Schiffsklasse enthalten, ist der zahlungswillige Spieler schnell mit 40 bis 50 Euro oder mehr dabei. Dennoch bietet sich auch Fans und Neueinsteigern, die für das Spiel lieber kein Geld investieren möchten, die Möglichkeit, in den Genuss sämtlicher Story-Inhalte sowie eines ausreichend großen Angebots an bekannten Standardschiffen zu kommen, ohne einen einzigen Cent zu zahlen.

Zusammengefasst bietet Star Trek Online: Agents of Yesterday eine interessante Fortsetzung der Storyline des Spiels, welche einen Bogen von der ursprünglichen Serie bis in eine noch fernere Zukunft schlägt und mit bekannten Darstellern wie Matt Winston als Daniels, Walter Koenig als Pavel Chekov, Joseph Gatt als der kybernetische Wissenschaftsoffizier 0718 aus Star Trek: Into Darkness oder auch Christopher Doohan in der Scotty-Rolle seines Vaters James Doohan mit weiteren originalen Star Trek-Darstellern, die Star Trek Online ihre Stimme geliehen haben, aufwarten kann. Nachdem bereits in dem vorherigen Add-On Star Trek Online: Delta Rising eine ganze Reihe bekannter Darsteller wie Tim Russ, Ethan Phillips und Robert Picardo zurück auf die virtuelle Bühne gekehrt waren, ist es umso erfreulicher, dass mit Star Trek Online: Agents of Yesterday diese Bindung an das eigentliche Film-Universum fortgesetzt wird und zudem die verschiedenen Erzählstränge aus Filmen und Serien mit neuen Ideen zusammengeführt und verknüpft werden.

Sicherlich bliebe gerade in technischer Hinsicht und hinsichtlich des Level-Designs nach wie vor noch einige Luft nach oben, insgesamt aber liefert Cryptic mit seiner jüngsten Erweiterung des Spiels einen schönen Beitrag zum großen Hype um den 50. Geburtstag des Raumschiffs Enterprise, welcher die Herzen vieler eingefleischter Fans, insbesondere der Klassikserie höherschlagen lassen dürfte. Weitere Informationen über Star Trek Online finden sich auf der Internetseite des Spiels.

Star Trek Online: Agents of Yesterday (Add-On) ∙ Perfect World Games ∙ Free-to-play MMORG ∙ PC, Xbox One, Playstation 4