Darth Vader ist die beste Medizin
Meine Erinnerungen an die ersten „Star Wars“-Filme, und was diese Welt seitdem für mich bedeutet
Ich kann mich beim besten Willen nicht mehr daran erinnern, wann oder wo ich den ersten Teil von Star Wars gesehen habe. Beim zweiten Teil war ich ganz sicher im Kino. Danach waren meine Freunde und ich etwas ratlos, was wir von dieser „Ich bin dein Vater“-Sache halten sollten und diskutierten noch Tage und Wochen darüber. Damals gab es noch kein Internet, sodass man hin und wieder mit Ungewissheiten leben musste.
Als dann Die Rückkehr der Jedi-Ritter herauskam, zeigten sie in unserem Kino alle drei Teile hintereinander. Wir besuchten die Vorstellung an einem Tag zweimal – sechs Filme und beinahe dreizehn Stunden später waren wir ein Haufen ziemlich erschöpfter Zehnjähriger. Und doch kamen wir uns vor wie ein Teil von etwas, das größer war als wir selbst, größer als die Filme.
Kaum zu glauben, dass das jetzt zweiunddreißig Jahre her ist.
So lange schon ist Star Wars ein Teil meines Lebens. Ich habe ein Jahr damit zugebracht, einen lebensgroßen Darth Vader zu bauen. Der steht heute in meinem Büro neben einem AT-AT, einem Tie-Fighter und jeder Menge anderer Spielsachen. Keine Ahnung, warum diese Leidenschaft so lange überdauert hat – wahrscheinlich, weil es in unserer Welt nicht viele Gewissheiten gibt. Heutzutage ist alles eine Frage der Perspektive. Es gibt kein gut oder böse, richtig oder falsch. Star Wars gehört zu jenen wenigen, wertvollen Dingen, an denen nichts falsch oder böse ist.
Star Wars führt die Menschen zusammen wie nichts sonst. Egal, wo du herkommst, woran du glaubst oder wie reich oder arm du bist – wenn du einen anderen Star Wars-Fan triffst, kannst du dich stundenlang mit ihm unterhalten, ohne zu streiten oder seine Gefühle zu verletzen. Man schwelgt einfach nur in glücklichen Erinnerungen.
Aber die Zeiten ändern sich. Inzwischen bin ich nicht mehr der größte Star Wars-Fan der Familie. Mein Sohn litt kurz nach seiner Geburt unter schweren Koliken und schrie manchmal stundenlang. Dann konnte ihn nur mein lebensgroßer Darth Vader beruhigen. Wenn er den glänzenden Helm sah, waren die Schmerzen – wenn auch nur für kurze Zeit – vergessen. Im Dezember feiert er seinen sechsten Geburtstag. Nach wie vor gefallen ihm die Episoden IV-VI am besten, auch wenn Vader darin der Bösewicht ist.
Schon bald kann er mir mit meinem lebensgroßen R2-D2 helfen, ein Projekt, das ich seit ein paar Jahren auf Eis gelegt habe. Das wäre doch mal eine tolle Beschäftigung für Vater und Sohn. Ob Star Wars auch mein schriftstellerisches Werk beeinflusst hat? Nun – sehen Sie selbst, wie viele Verweise auf Star Wars Sie in meinem Roman Giants (im Shop) entdecken können.
Sylvain Neuvels Debütroman „Giants“ erscheint am 08.08.2016 im Heyne Verlag. Er bloggt auf neuvel.net.
Sylvain Neuvel: Giants ∙ Roman ∙ Aus dem Amerikanischen von Marcel Häußler ∙ Wilhelm Heyne Verlag, München 2016 ∙ ca. 400 Seiten ∙ E-Book: € 11,99 (im Shop)
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