„Der Marsianer“ im Reality-Check, Teil 2
Wie könnte ein auf dem Mars gestrandeter Astronaut Kontakt zur Erde herstellen?
Nachdem der auf dem Mars gestrandete Astronaut Mark Watney sein dringendstes Problem, die Versorgung mit Lebensmitteln gelöst hat, steht als nächstes die Kontaktaufnahme mit der Erde an. Auch hierfür findet der einsame Held in Ridley Scotts Film Der Marsianer, der auf dem gleichnamigen Bestseller von Andy Weir (im Shop) beruht, eine geniale Lösung. Aber würde das, was uns Film und Roman zeigen, auch in Wirklichkeit funktionieren?
Achtung, ab hier wird gespoilert! Wer bisher weder Ridley Scotts Film noch Andy Weirs Roman gelesen hat, sollte an dieser Stelle die Lektüre abbrechen!
Um Kontakt mit der Erde herzustellen macht sich Mark Watney, verkörpert von Matt Damon, auf den Weg zu Pathfinder. Er birgt die 1997 gelandete NASA-Sonde und den kleinen Rover Sojurner und bringt sie zurück zum Habitat, um sie wieder in Gang zu setzen. Könnte ein gestrandeter Astronaut Lander und Rover tatsächlich bergen und sie zur Kommunikation nutzen?
Im Film findet Watney Pathfinder unter einer Menge Sand begraben, sodass er zunächst einmal zur Schaufel greifen muss. Nach allem, was wir bisher über Wetterverhältnisse und Staubstürme auf dem Mars wissen, reichen die 38 Jahre, die zwischen Pathfinders Landung 1997 und Watneys „Ausgrabung“ liegen, wohl nicht aus, um die Sonde derart tief einzugraben. Allerdings können wir das auch nicht ganz ausschließen. Ein besonders schwerer planetenweiter Staubsturm, wie beispielsweise der, den Mariner 9 bei seiner Ankunft 1971 beobachtet hat, könnte das durchaus schaffen.
Mark Watney klappt die Solarpaneele hoch und lädt die Sonde auf seinen Rover. In Wirklichkeit dürfte das nicht ganz so einfach gehen, denn an den Scharnieren der der drei Paneele sitzen kleine Elektromotoren, die das Einklappen bestenfalls schwierig machen. Auch der Kameramast lässt sich nicht mehr einfahren.
Zurück in Acidalia Planitia macht Watney sich ans Werk: Er nimmt eine Seitenwand ab und schließt die Sonde an eine Batterie an. Nach einer Weile zeigen rote LEDs an, dass der Computer wieder einsatzbereit ist. Die hübschen Lichter hat der echte Pathfinder nicht –LEDs kämen mit den marsianischen Verhältnissen nicht gut zurecht. Vor allem aber fehlt dem echten Lander ein entscheidendes Detail: Eine von außen zugängliche Steckdose. Pathfinder wurde zwar während seines Fluges extern mit Strom versorgt, aber damit bei der Landung und danach keine Kurzschlüsse entstehen, wurden Relais aktiviert, die die Leitungen blockieren und damit den Anschluss nutzlos machen.
Aber selbst wenn es gelänge, Pathfinder irgendwie wieder aufzuladen, ist damit noch lange nicht gesagt, dass das die Sonde wieder aktiviert. Ursache für den Kommunikationsverlust Anfang Oktober 1997 sind vermutlich die Batterien. An Sol 40 der Mission stellte man auf der Erde fest, dass sie keine Solarenergie mehr speichern konnten. Der Lander war nur noch bei Tageslicht aktiv – und konnte bei Nacht seine Elektronik nicht mehr warm halten. Dadurch gab es wahrscheinlich einen Defekt, der den Kontakt schließlich ganz abreißen ließ. Auch ein Schaden, der durch den feinen Staub auf dem Mars versursacht wurde, ist nicht ganz auszuschließen. Andererseits wissen wir das nicht mit Sicherheit. Es ist denkbar, dass Pathfinder wieder hochfährt, wenn er Strom hat.
Anschließend richtet Watney die High-Gain-Antenne manuell auf die Erde aus, um Funkkontakt herzustellen. Das würde in Wirklichkeit auch funktionieren, allerdings müsste ein gestrandeter Astronaut die Antenne ständig neu justieren, weil die Erde ja über den Marshimmel wandert. Kommuniziert wird mittels der drehbaren Kamera (IMP) und ASCII-Code – eine geniale Lösung. Allerdings dreht sich die echte Kamera nicht ganz so schnell wie im Film. Auch dass Pathfinder mit Watneys Rover verbunden wird ist plausibel. Pathfinders Bordcomputer ist tatsächlich von der Erde aus reprogrammierbar. Warum Watneys Rover allerdings nicht direkt mit der Erde kommunizieren kann, ist – technisch gesehen - ein Rätsel. Robotrover wie Spirit, Opportunity und Curiosity können direkten Kontakt mit ihren Kontrollzentren aufnehmen. Es ist extrem unwahrscheinlich, dass die Rover für eine bemannte Mission das nicht können sollte. Dieser Teil ergibt also nur aus dramaturgischer Sicht Sinn.
Watneys Idee, Pathfinder zu bergen und ihn zur Kommunikation mit der Erde zu benutzen, ist durchaus plausibel und ziemlich clever. Und Sojurner, der im Habitat herumkurvt, ein wirklich süßes Detail!
Andy Weirs Bestseller Der Marsianer finden Sie in unserem Shop; Ridley Scotts gleichnamiger Film läuft seit dem 8. Oktober in den deutschen Kinos. Mit dem Thema bemannte Marsmission befasst sich das Sachbuch Der Weg zum Mars (im Shop), herausgegeben von Sascha Mamczak und Sebastian Pirling. Mehr Informationen dazu finden Sie hier unter dem Schlagwort Der Weg zum Mars!
Quelle/Bilder: collectspace.com / jpl.nasa.gov / Titelbild: © 20th Century Fox
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