10. April 2019

In der Gaiman-Matrix

Neil Gaimans Storysammlung „Zerbrechliche Dinge“ reloaded

Lesezeit: 2 min.

Neil Gaiman („American Gods“, „Sandman“) ist – unter anderem – ein moderner Meister der fantastischen Kurzgeschichte. Seine Storysammlungen gehören zu den besten, die man lesen kann, insofern man sich nur ein bisschen für fantastischen Stoff begeistert. Im Jahre 2006 veröffentlichte Gaiman z. B. den Band „Fragile Things“ mit Geschichten, Gedichten und anderem, der 2010 unter dem Titel „Zerbrechliche Dingeerstmals auf Deutsch erschien. Leider schafften es nicht alle Texte in die ursprüngliche deutsche Fasssung. Die Neuausgabe von „Zerbrechliche Dinge“, die soeben als Paperback, E-Book und Hörbuch bei Eichborn herauskam, ist nun erstmals vollständig.

Ob die Kollektion dadurch definitiv besser wird, ist schwer zu sagen – noch vielfältiger und interessanter wird sie auf jeden Fall. Ansonsten reichen die Texte von brillant, meisterhaft und sogar erotisch über obskur und verwirrend bis hin zu unbefriedigend. Was für ein CD-Booklet geschrieben wurde, funktioniert vielleicht eben wirklich nur in diesem Kontext, und lange nicht so gut wie die Novellenfortsetzung zu „American Gods“ oder die Hommage an R. L. Lafferty. Für Science-Fiction-Fans sind diese Highlights dabei: Etwa der mit dem Hugo Award ausgezeichnete Conan Doyle/Lovecraft-Pastiche „Eine Studie in Smaragdgrün“ über eine Alternativwelt, in der die Großen Alten über das viktorianische Zeitalter herrschen. „Wie man auf Partys mit Mädchen spricht“, eine wundervolle Geschichte um außerirdisch schöne und fremdartige Wesen, die für den Hugo nominiert war, den Locus Award gewann inzwischen auch als Comic und als Film adaptiert wurde. Die ebenfalls mit dem Locus Award prämierte Story „Verbotene Bräute gesichtsloser Sklaven im geheimen Haus der Nacht grausiger Gelüste“ über eine Gothic-Parallelwelt, in der die Realität nur aus Motiven des klassischen Schauerromans besteht. Dazu kommen die Geschichte „Goliath“, die in der Welt der „Matrix“-Filme angesiedelt ist, die verspukte Ray Bradbury-Hommage „Oktober hat den Vorsitz“ und das witzige Gedicht „Der Tag, an dem die Untertassen kamen“.

In jedem Fall Neil Gaiman durch und durch. Das fängt im Grunde schon mit der Einleitung voller Anmerkungen und Hintergründe zu den Texten an, wo der in den USA lebende Brite mittendrin plötzlich vorab eine Geschichte aus dem Hut zaubert. Nach „Beobachtungen aus der letzten Reihe“ und „Zerbrechliche Dinge“ fehlt in Sachen Gaiman-Sammlungen jetzt nur noch eine Neuausgabe von „Die Messserkönigin“ (seiner besten Kollektion) und eine deutsche Erstausgabe von „Trigger Warning“ (seiner beeindruckenden jüngsten Sammlung).

Neil Gaiman: Zerbrechliche Dinge • Eichborn, Köln 2019 • 412 Seiten • Paperback: 16,00 Euro

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