24. März 2018 2 Likes

Wahnsinns-Pointen zur Apokalypse

Chuck Palahniuks „Köder“: Storysammlung und Erwachsenenmalbuch in einem

Lesezeit: 2 min.

Chuck Palahniuk schrieb nicht nur die Romanvorlage zum Fincher-Kultfilm „Fight Club“, sondern auch Bestseller über futuristisches Sexspielzeug, Sekten, Autoreninseln oder Snuff-Pornos. Die wirre Fortsetzung zu „Fight Club“ brachte ihn vor nicht allzu langer Zeit dann ins Comic-Ghetto und hier zu Hellboys amerikanischem Heimatverlag Dark Horse, wo schließlich die Prosa-Storysammlung „Bait“ als Erwachsenenmalbuch erschien. Palahniuk will mit diesem Format ein Buch bzw. Malbuch für die Ewigkeit ins Rennen schicken – ein Buch, an dem jeder Leser aktiv mitarbeitet, und das er nach dem meditativen Kolorieren deshalb nicht einfach wegschmeißt. Beim Festa Verlag liegt „Bait“ unter dem Titel „Köder“ nun als stattliches Hardcover (28 x 22 cm) auf Deutsch vor.

Jede der neuen Erzählungen im Band erhielt Illustrationen, die mit viel Weißraum und wenig Schwarz daherkommen und somit zum interaktiven, individuellen Gestalten der dicken Seiten des gebundenen Buches einladen. Die typischen Vorlagen zum Ausmalen, die jede Story begleiten, schufen zum Teil namhafte Comic-Künstler wie Lee Bermejo („Batman: Joker“), Joelle Jones („Ladykiller“) oder Duncan Fegredo („Hellboy“). Die acht fiesen, stilistisch und inhaltlich unberechenbaren Geschichten selbst sind typisch Palahniuk, wobei vor allem vier Texte als besonders gelungen hervorstechen: Eine der wohl besten apokalyptischen Storys seit Langem, die eine geniale Pointe hat; eine krasse Erzählung zum Untergang der Titanic; eine Geschichte, die als Brief und letzter Wunsch einer Todgeweihten daherkommt; und die Titelstory über ein Tiermedium, das mit einem Goldfisch und einer Polizistin einen Mörder aus der Reserve locken soll. In Letzterer definiert Palahniuk an einer Stelle übrigens selbst, worüber er schreibt: Über eine Welt, die der Unsinn regiert.

Allerdings ist die Trefferquote von „Köder“ nicht ganz so hoch wie z. B. in Palahniuks Sammlung „Jetzt bist du dran! Unvergessbare Geschichten“. Trotzdem sind seine literarischen Muskelspiele und Provokationen zwischen Sexsklaven, Kometen und Atheisten stets einen Blick wert. Nicht zuletzt wegen der Aufmachung: Selbst wenn man die Illustrationen von Fegredo und Co. in „Köder“ nicht ausmalt, hält man ein verdammt großes, verdammt schön aufgemachtes, verdammt schickes Hardcover in Händen, das aus der Masse an Veröffentlichungen und an Objekten in der Sammlung hervorsticht.

Chuck Palahniuk: Köder. Schwarze Geschichten zum farbig ausmalen • Festa, Leipzig 2018 • 152 Seiten • Hardcover: 22,99 Euro

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