15. Februar 2018 3 Likes

Black Power?

Ryan Cooglers „Black Panther“ ist in etwa so progressiv wie Barack Obama

Lesezeit: 3 min.

Es sind merkwürdige Zeiten für Hollywood und das Mainstreamkino. Viel wichtiger, als einen guten Film zu drehen, scheint es zu sein, nichts falsch zu machen, keine Gruppe zu beleidigen, möglichst progressiv zu erscheinen, die richtigen Knöpfe zu drücken, im richtigen Moment auf den richtigen Zug aufzuspringen. Letztes Jahr gelang das Warner Bros./ DC mit „Wonder Woman“, der vor allem dafür gefeiert wurde, dass zum ersten Mal eine Frau Regie bei einem Superheldenfilm führte, in dem auch noch eine Frau die Hauptrolle spielte. In diesem Jahr ist es „Black Panther“, der schon vorab zum praktisch wichtigsten Moment der schwarzen Geschichte stilisiert wurde seit Barack Obama Präsident wurde. Ein schwarzer Superheld! Ein schwarzer Regisseur bei einem megateuren Franchise-Film! Das muss ja super werden!

Nun ist Black Panther zwar nicht wirklich der erste schwarze Comic-Superheld, der auf die Leinwand springt – diese Ehre gebührt Wesley Snipes „Blade“ und eigentlich auch manchen Blaxploitation-Helden – aber Ryan Cooglers Film ist fraglos die größte Produktion, in deren Hauptrollen fast ausnahmslos Schwarze zu sehen sind. Etablierte Mimen wie Forest Whitaker und Angela Bassett und relative Newcomer wie Michel B. Jordan, Lupita Nyong’o, Daniel Kaluuya und in der Titelrolle Chadwick Boseman, der in den letzten Jahren immer wieder gefragt wurde, wenn es um die Besetzung schwarzer Helden ging: Erst der Baseballspieler Jackie Robinson, dann Soul-Legende James Brown, schließlich Thurgood Marshall, der erste schwarze Richter des Obersten Gerichtshofes der USA. Nun also T’Challa, besser bekannt als Black Panther, Thronfolger der fiktiven afrikanischen Nation Wakanda, die durch das Mineral Vibranium zu ungeahnter technologischer Macht gekommen ist. Das aber dennoch ein Land ist, das ganz den Afrika-Klischees entspricht, die seit Jahrzehnten im westlichen Kino wiederholt werden: Atemberaubende Landschaft, schöne, spärlich bekleidete Menschen, die farbenfrohe Kostüme tragen, gezeichnet von exotischem Narbenschmuck und Tattoos, stets bereit die Speere und Schilder zu schlagen, zu trommeln, singen und tanzen. Diese merkwürdig exotisierende Darstellung des afrikanischen Staates deutet schon an, welch bizarre, widersprüchliche Ideologie „Black Panther“ innewohnt.

Denn auch wenn hier ein schwarzer Held im Mittelpunkt steht: Mit der westlichen Welt, mit der Welt der Avengers, wie man sie inzwischen aus zahllosen Marvel-Filmen kennt, hat diese Erzählung kaum etwas zu tun. Das mag man als Stärke sehen, das Fehlen von Verbindungen zum restlichen MCU lässt „Black Panther“ zu einem sehr eigenständigen Film werden, man könnte es aber auch als Versuch betrachten, bestimmten Fragen und Themen auszuweichen und vor allem zu vermeiden, einen wirklichen schwarzen Superhelden ins Herz des zeitgenössischen Amerikas zu lassen. Die einzigen Szenen des Films, die in Amerika spielen, finden dann auch in einem Ghetto in Oakland statt, wo Eric Killmonger (Michael B. Jordan) aufwächst, der Neffe von T’Challa, der nach dem Thron verlangt. Den hat nach dem Tod des alten Königs – kurz in „Captain America: Civil War“ zu sehen – T’Challa übernommen, der die Politik seines Vaters fortsetzen will und Wakandas Fähigkeiten und Möglichkeiten vor der Welt Geheimhalten möchte. Ganz im Gegensatz zu Killmonger, der Wakandas Stärke ausnutzen will, um zum Führer der Welt zu avancieren.

Eine Variation des Streites zwischen Martin Luther King und Malcolm X. meinten manche amerikanischen Kritiker hier zu entdecken und ignorierten dabei, dass King nicht etwa Isolationismus propagierte, sondern friedlichen Widerstand. Widerstand gegen die weiße Unterdrückung, die in der Welt von „Black Panther“ jedoch praktisch nicht existiert. Statt dessen kämpfen Schwarze gegen Schwarze, jedoch nicht etwa auf eine Art, die die technologische Überlegenheit von Wakanda verrät, sondern ganz traditionell mit Speeren und „typisch“ afrikanischen, macheteähnlichen Waffen. Geritten wird dazu auf Nashörnern, während die Kriegsbemalung jedem Zulu-Krieger zur Ehre gereichen würde. Merkwürdig weltfremd wirken diese Bilder und stehen in scharfen Kontrast zum eigentlichen Ansatz, eine schwarze Heldengeschichte zu erzählen. Das ist „Black Panther“ vor allem auf dem Papier, in den Rahmenbedingungen, doch jenseits der Oberfläche, jenseits der eindrucksvollen, wenn auch allzu bunten, folkloristischen Kostüme und Ausstattung – André Heller hätte seine Freude daran – reicht das emanzipatorische Element des weißen Hollywoods dann doch nicht soweit, seine schwarzen Helden wirklich mit dem Rassismus der Gegenwart zu konfrontieren.

„Black Panther“ startet am 15. Februar 2018 im Kino. Abb. © Marvel/Disney 2018

Black Panther • USA 2018 • Regie: Ryan Coogler • Darsteller: Chadwick Boseman, Forest Whitaker, Angela Bassett, Michel B. Jordan, Lupita Nyong’o, Daniel Kaluuya

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