14. Mai 2018

Niemand kommt zu Besuch

UFOs gibt es nicht, sie sind ein Mythos

Lesezeit: 4 min.

Außerirdische dagegen existieren. Das mag widersprüchlich klingen, aber vertrauen Sie mir. In unserem Universum gibt es Abermilliarden von Sternen, und die Annahme, dass wir die einzige Lebensform darin sind, zeugt von genau jenem bornierten, kurzsichtigen Denken, das uns Menschen immer wieder in Schwierigkeiten bringt.

Nein, wir sind absolut nicht allein. Sollten wir aber jemals Kontakt mit einer anderen Lebensform aufnehmen, werden das entweder Einzeller oder so fortschrittliche Wesen sein, dass jede Kommunikation unmöglich ist. Was wahrscheinlich bedeutet, dass sie uns nur aus Prinzip auslöschen. Aber darüber denkt man besser nicht länger nach.

UFOs – also „Unidentifizierte Flugobjekte“ – dagegen gibt es nicht, basta. Noch waren keine Aliens zu Besuch bei uns. Sie hätten auch keinen Grund dazu. Oder anders ausgedrückt: Wenn es einer außerirdischen Lebensform möglich ist, Raum und Zeit und die Milliarden von Kilometern zu überwinden, die uns vom nächsten Stern trennen, stellt sich doch die Frage: Warum? Was ist so besonders an der Erde, dass die Außerirdischen sie unbedingt besuchen wollen?

Das kann ich Ihnen sagen: nicht das Geringste. Wir leben auf einem völlig unspektakulären Planeten in einem versteckten Winkel einer unspektakulären Galaxie. Die Annahme, dass sich auch nur irgendein Alien für uns interessieren könnte, zeugt von – siehe oben.

Und doch gibt es ständig Berichte über UFOs. Nicht selten stammen sie von Quellen, die unter normalen Umständen über jeden Zweifel erhaben sind. Nehmen wir zum Beispiel ein Ereignis, das im Februar dieses Jahres etwa 12.000 Meter über Arizona stattgefunden hat. Nicht nur einer, sondern sogar zwei Berufspiloten haben dort etwas gesehen, das auf den ersten Blick unerklärlich zu sein scheint.

Die einzelnen Gespräche mit der Flugkontrolle kann man sich hier anhören. Die Kurzfassung: Ein Learjet-Pilot fragt bei der Flugsicherung nach, ob andere Flugzeuge in der Gegend sind, da gerade etwas über ihn hinweggeflogen ist. Daraufhin kontaktiert die Flugsicherung den Piloten einer Linienmaschine, die sich in einiger Entfernung hinter dem Learjet befindet. Er soll Bescheid geben, wenn er etwas sieht – und tatsächlich meldet er kurz darauf ein Flugobjekt, etwa tausend Meter über sich.

Es soll nicht unerwähnt bleiben, dass das Wort UFO im gesamten Funkverkehr nur einmal fällt – und dann auch nur als Scherz eines Piloten, auf den die Flugsicherung mit einem gutmütigen Lachen reagiert. Aber das hielt die normalerweise so vernünftigen Leute von space.com nicht davon ab, eine (für ihre Verhältnisse) geradezu hysterische Story darüber zu bringen, dass sich die Bundesluftfahrtbehörde der Vereinigten Staaten dieses Phänomen auch nicht erklären könne. Dieser Vorfall sei doch höchst merkwürdig, „immerhin hatte nur wenige Monate zuvor ein ehemaliger Pentagon-Mitarbeiter zugegeben, dass die Regierung 2007 ein geheimes UFO-Sichtungsprogramm ins Leben gerufen hat. Bei Nachforschungen der New York Times zu diesem Regierungsprogramm kamen atemberaubende Aufnahmen zweier Jagdflugzeugpiloten der US Navy ans Licht, auf denen ein geheimnisvolles, in der Luft schwebendes, leuchtendes Objekt zu sehen ist.“

Bevor Sie jetzt Vermutungen anstellen: Der Artikel wurde am 29. März veröffentlicht. Etwas früh für einen Aprilscherz.

Mir geht diese reißerische „Es könnte ja doch was dran sein“-Berichterstattung jedenfalls tierisch auf die Nerven. Jeder, der über ein halbwegs funktionierendes Gehirn verfügt, kann diese Phänomene leicht erklären. Zum Beispiel geschah der Vorfall in der Nähe der Davis-Monthan Air Force Base bei Tucson – eine Tatsache, die in dem Artikel mit keinem Wort erwähnt wird. Was ist wahrscheinlicher? Dass Außerirdische, aus welchen Gründen auch immer, für eine Stippvisite bei uns gewaltige Entfernungen zurückgelegt haben? Oder dass ein militärisches – womöglich experimentelles – Fluggerät in der Nähe war, über das so wenig wie möglich an die Öffentlichkeit dringen soll? In diesem Fall hätten weder die Regierung noch die Flugaufsichtsbehörde ein Interesse daran, dass die Wahrheit ans Licht kommt.

Weiter heißt es auf space.com: „Dem National UFO Reporting Center – einer Online-Datenbank mit angeblichen UFO-Sichtungen in den USA – zufolge wurden für das Jahr 2018 bisher fast 650 Vorfälle gemeldet. Allerdings gibt die Website zu bedenken, dass viele der neuen Berichte anonym eingestellt wurden … ‚Wir bitten daher die Besucher unserer Website, selbst darüber zu entscheiden, welche Quellen sie für vertrauenswürdig und zuverlässig halten.‘“

Noch einmal: Was ist wahrscheinlicher? Dass unser Planet plötzlich eine beliebte Sehenswürdigkeit für außerirdische Lebensformen geworden ist? Oder dass die Leute einfach nur immer verrückter werden? Hier ein praktischer Tipp für den Alltag: Die Leute sind immer verrückter, als Sie es für möglich halten.

Es gibt keine UFOs, die über uns herumschwirren. Leute, lasst euch eine bessere Erklärung einfallen, oder haltet einfach die Klappe.
 

Rob Boffard wurde in Johannesburg geboren und pendelt als Autor und Journalist zwischen England, Kanada und Südafrika. Er schreibt unter anderem für „The Guardian“ und „Wired“. Seine Romane „Tracer“ (im Shop) und „Enforcer“ (im Shop) sind im Heyne-Verlag erschienen. Alle seine Kolumnen finden Sie hier. 

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