4. Dezember 2018 3 Likes

Das Beste aus 2018

Ein Jahresrückblick und die Weihnachtsempfehlungen der Redaktion

Lesezeit: 15 min.

Dieses Jahr war auf ganz eigenartige Weise von Science-Fiction geprägt. Mit dem Tod von Ursula K. Le Guin ist eine große Autorin von uns gegangen, während der Erfolg chinesischer Science-Fiction ungebrochen frischen Wind ins Genre pustet. Aber auch darüber hinaus hat das, was wir Zukunft nennen, unsere Gegenwart in 2018 geprägt: Der ideologische Kampf um die Anerkennung, dass die Klimakatastrophe real und immer bedrohlicher ist, ist dieses Jahr in eine neue Phase eingetreten – Stichwort Sommer, Stichwort Diesel. In unserer Rückschau auf das Jahr und den Empfehlungen für Weihnachten spiegeln sich diese Überlegungen wider. Denn Science-Fiction, also Literatur, die denkt, was kommt, und damit sagt, was ist, bleibt relevant.

In diesem Sinne wünschen wir Ihnen frohe Weihnachten, erholsame Feiertage und einen guten Rutsch ins neue Jahr!

Ihre diezukunft.de-Redaktion

 

Elisabeth Bösl  Elisabeth Bösl

 

 

Buch

Kim Stanley Robinson New York 2140

Die Klimakatastrophe wird kommen, wenn wir weiterhin so tun, als wäre die Erderwärmung eine Erfindung der Wissenschaft (oder der Chinesen). Aber wie geht es danach weiter? Darüber schreibt Kim Stanley Robinson in „New York 2140“ (Heyne, im Shop), und er kommt zu dem Schluss, dass die Menschheit niemals aufgeben, sondern immer einen Weg finden wird. Wir brauchen mehr solcher „optimistischen Katastrophenromane“!

Klassiker

Die Expedition der Space Beagle

Wieder eines meiner Lieblingsbücher aus meiner Kindheit, das die „Meisterwerke“-Behandlung erfahren hat: „Die Expedition der Space Beagle“ (Heyne, im Shop) von Alfred Elton van Vogt. Noch einmal hinter Cœurls Geheimnis kommen, die Besatzung vor den telepathischen Riim retten und sich ordentlich vor dem Ixtl gruseln, das zwischen den Sternen lauert – und sich gleichzeitig darüber freuen, dass man das jetzt, als Ach-so-Erwachsener, immer noch kann!

Space Opera

Starfire – Imperium von Spencer Ellsworth

Eine coole Heldin, die nicht auf den Mond gefallen ist? Check. Ein galaktisches Imperium, das soeben in einer Rebellion von geklonten Supersoldaten gestürzt wurde? Check. Der neue Herrscher hat ordentlich Dreck am Stecken, und die Heldin findet es heraus? Check. Und dazwischen lauern die Shir, eine Spezies, die ganze Welten fressen. Mehr Weltraumoper als „Starfire – Imperium“ (Heyne, im Shop) von Spencer Ellsworth geht nicht!

TV-Serie

The City and the City

Auch 2018 gab es jede Menge Serien und Filme, die wirklich gut waren. Aber eine, auf die ich mich dieses Jahr am meisten gefreut habe, war The City and the City, die BBC-Two-Serienadaption von China Miévilles Roman mit David Morrissey als Inspector Tyador Borlú, der in der unmöglichsten Stadt der Welt den Mord an einer Studentin aufklären muss. Leider gibt es noch keine DVD dazu, aber vielleicht erfüllt mir die BBC ja nächstes Jahr diesen Wunsch!

Game

Call of Cthulhu – The Official Video Game

Als alter „Call of Cthulhu“-Pen-and-Paper-Zocker war ich natürlich gespannt auf die digitale Umsetzung „Call of Cthulhu – The Official Video Game“ (Cyanide Studio), die ich aber nicht allein auf der PS4 zocke – der Mann muss dabei sein und in gruseligen Momenten helfen. Leider hat „mein“ Edward Pierce keine Gelegenheit ausgelassen, um zu trinken und wahnsinnig zu werden, weshalb ich jetzt beim Spielen von den verwackelten Bildern reisekrank werde.

Ding

Eufy Robovac 11s

Dieses Jahr habe ich tatsächlich am Cyber-Monday teilgenommen (sonst verweigere ich Montage, die eine Woche dauern, kategorisch!) und mir den Eufy Robovac 11s angeschafft. Der kleine Staubsaugerroboter erledigt seitdem das, was der Mann und ich mit Inbrunst hassen: die Bodenreinigung. Und das leise und gründlich. Nur zusehen darf man ihm dabei nicht, das treibt den Blutdruck hoch.

Fail

Krups F30908 ProAroma Glas-Kaffeemaschine, im modernen Design, schwarz

Die „Krups F30908 ProAroma Glas-Kaffeemaschine, im modernen Design, schwarz“, die wir Anfang des Jahres gekauft haben. Die Kanne ist so gestaltet, dass man den Deckel nicht einfach aufklappen kann, sondern ihn komplett abmontieren muss. Möge derjenige im Hause Krups, der für diesen Fail verantwortlich war, in Zukunft jede einzelne E-Mail mit einem PlayStation-Controller schreiben müssen!
 

Highlight

Airbus Defence and Space in Bremen

Mein Highlight dieses Jahr war der Besuch bei Airbus Defence and Space in Bremen, wo ich unter anderem die Gelegenheit hatte, einen Blick auf das Orion Service Modul zu werfen, ehe es in die USA geflogen wurde! Außerdem kann man dort das Astrolab sehen und durch das Columbus-Modul der ISS streifen (und man darf sogar die zahllosen Schalter drücken, denn, so der Security-Mitarbeiter: „Isʼ ja nur’n Modell, da passiert nix!“).
 

  Stefanie Brösigke

 

 

Buch

Naomi Alderman Roman Die Gabe

Was wäre, wenn Frauen plötzlich die Fähigkeit hätten, mit ihren Händen Stromschläge zu verteilen und sich dadurch die Machtverhältnisse zwischen den Geschlechtern umdrehten? Wäre unsere Welt dann wirklich eine bessere? Dieser Frage geht Naomi Alderman in ihrem preisgekrönten Roman „Die Gabe“ (Heyne, im Shop) auf den Grund. Völlig zu Recht von Barack Obama zu einem der besten Bücher des Jahres gekürt.
 
 

Klassiker

Die linke Hand der Dunkelheit Ursula K. Le Guin

Zu Ehren der Grande Dame der Science-Fiction, die traurigerweise im Januar verstorben ist, muss ich einfach „Die linke Hand der Dunkelheit“ (Heyne, im Shop) von Ursula K. Le Guin empfehlen. Ein Roman voll unglaublicher Ideen und einer überbordenden Fantasie, der den Leser wahrlich neu zu denken lehrt, und ohne den Bücher wie „Die Gabe“ vielleicht niemals geschrieben worden wären.

Space Opera

Das Imperium der Stille von Christopher Ruocchio

Zugegeben, „Das Imperium der Stille“ (Heyne, im Shop), das Romandebüt des jungen US-Autors Christopher Ruocchio, ist mit seinen fast tausend Seiten ein ziemlicher Klopper. Die Lebensbeichte seines Helden, des Sonnenfressers Hadrian Marlowe, ist jedoch so spannend – es wird geliebt, gehasst, intrigiert und gekämpft –, dass die tausend Seiten wie im (Raumschiff)flug vergehen.
 
 
 

Film

Neil-Armstrong-Biopic Aufbruch zum Mond

Das Neil-Armstrong-Biopic Aufbruch zum Mond (Universal) von Damien Chazelle gibt nicht nur einen interessanten Einblick in das Leben des ersten Mannes auf dem Mond, sondern überzeugt auch mit atmosphärischen Bildern und emotional eindringlichen Szenen. Wenn Neil Armstrong, Buzz Aldrin und Mike Collins in die Rakete der Apollo 11-Mission klettern, glaubt man die Anspannung förmlich mit den Händen greifen zu können.
 
 
 
 
 
 

Comic

Asterix – Der Große Graben von Goscinny/Uderzo

In einem kleinen gallischen Dorf herrscht Krieg zwischen den Bewohnern, deshalb trennt ein Graben die linke von der rechten Dorfhälfte. Dass sich die Kinder der beiden sturen Häuptlinge ineinander verlieben, trägt in „Asterix – Der Große Graben“ von Goscinny/Uderzo (Egmont-Ehapa) nicht zur Entspannung der Situation bei. Als dann auch noch die Römer angreifen, können nur noch Asterix, Obelix und Miraculix helfen …

Ding

Caffettiera

Dieses kleine silberne Ding namens Caffettiera hat mir nicht nur dieses 2018, sondern auch alle Jahre meines Erwachsenenlebens den Start in den Tag versüßt. Einfach Wasser und Espressopulver einfüllen, Caffettiera auf den Herd stellen, und – Voilà! – schon hat man, wie Sheldon Cooper sagen würde, ein echt italienisches Vergnügen!

Fail

 AfD bei den Landtagswahlen

Das gute Abschneiden der AfD bei den Landtagswahlen im Herbst ist mir wirklich sauer aufgestoßen. Fürs nächste Jahr könnte man vielleicht überlegen, wie man sein Missfallen mit den etablierten Parteien zum Ausdruck bringt, ohne antidemokratische und rechtsradikale Kräfte zu unterstützen.

Highlight

Cory Doctorow

Cory Doctorow hat uns dieses Jahr in München besucht. Ein ebenso sympathischer wie hochintelligenter und vielseitig gebildeter Autor, mit dem sich zu unterhalten eine wahre Freude ist.
 
 

 

  Christian Endres

 

 

Buch

Matt Ruff Lovecraft Country

Das Warten auf die deutsche Ausgabe von Matt Ruffs Episodenroman „Lovecraft Country“ (Hanser) hat sich gelohnt. Hinter dem cleveren Remix von Pulp-Elementen verbirgt sich ein brandaktueller Roman über den Rassismus gegenüber Schwarzen in den USA. 
 
 

Klassiker

Harper Lee Wer die Nachtigall stört

Ich muss gestehen, dass mir dieses Jahr wenig Science-Fiction-Klassiker unterkamen. Aber ich habe Harper Lees Südstaaten-Meisterwerk „Wer die Nachtigall stört …“ (Rowohlt) erneut und dabei erstmals in der Neuübersetzung gelesen, und der Roman hat seinen Wow-Faktor und seinen Lieblingsbuchstatus bewahrt. 

Space Opera

Lavie Tidhars Central Station

Lavie Tidhars buntes Zukunftsmosaik „Central Station“ (Heyne, im Shop) lässt die gesamte Science-Fiction als vielfältige Ideenliteratur hochleben. Klar, dass es in den Kapiteln im Band, die alle einen Kurzgeschichten-Vibe haben, auch einige Space-Opera-Elemente gibt. 
 
 
 

TV-Serie

Black Spot

Die französische Mystery-Serie Black Spot (Amazon Prime) ist das Beste, was man zur Zeit auf allen Streaming-Plattformen finden kann. Ein düsterer Genre-Mix zwischen Krimi und Weird Fiction, atmosphärisch wie sonst was, handwerklich perfekt inszeniert. Problem: Danach schmeckt alles andere erstmal schal.
 

Comic

Terry Moore Motor Girl

Manchmal, wenn die Luft scheinbar raus ist, kommt ein Comic wie die deutsche Gesamtausgabe von Terry Moores neuer Serie „Motor Girl“ (Schreiber & Leser) aus dem „Strangers in Paradise“-Universum daher und erinnert einen daran, wieso man Panel-Geschichten liebt und sogar lebt.
 
 
 
 
 
 
 
   

Ding

Tom Gauld The Snotty Bookshop

50 Postkarten vom schottischen Cartoonisten Tom Gauld im Hardcover-Einband: „The Snotty Bookshop“ (Drawn & Quarterly). Also eine Art inoffizieller Best-of-Band seiner witzigen, genial reduzierten Cartoons zum Thema Literatur, dessen dicke Seiten man raustrennen, beschreiben, adressieren und verschicken kann. Theoretisch.

Fail

Disenchantment

Matt Groenings neue Fantasy-Trickserie Disenchantment (Netflix) hat die richtigen Zutaten und eine tolle Optik, aber extreme Probleme mit Timing und Spannung. Die Folgen sind auch wieder viel zu lang, ein echtes Netflix-Dilemma. Qualitativ bisher kein Nachfolger für „Die Simpsons“ und „Futurama“.

Highlight

Basement Tales Vol. 2: Sperrgebiet

Autorenfreuden: Eine meiner Science-Fiction-Kurzgeschichten hatte auf ihrem langen Weg einiges an Pech (z. B. wurde die Heftroman-Serie, in der sie hätte kommen sollen, 2011 kurz nach Zusage eingestellt). Nun, nach sieben verflixten Jahren, habe ich endlich ein schönes Plätzchen gefunden: „Basement Tales Vol. 2: Sperrgebiet“ (The Dandy Is Dead).

 

 
 

 

  Bernd Kronsbein

 

 

Buch

Jasper Fforde Eiswelt

„Der Winter naht“ – Wie oft haben wir das in den letzten Jahren gehört, aber in diesem Roman ist er wirklich da. Und wie! Jasper Fforde entwirft in „Eiswelt“ (Heyne, im Shop) eine Alternativwelt, in der quasi ständig Eiszeit ist, und das mit so vielen irren Einfällen, dass man fast auf die Knie gehen möchte. Und es ist nicht nur spannend, es macht auch Spaß! Denn Humor hat Fforde auch. Besser geht es nicht.
 
 

Klassiker

John Crowleys Maschinensommer

Postapokalypse mal ganz anders: Wer genug hat von Zombies, Mutanten und Kannibalen, wer einfach einmal Abwechslung haben möchte, der sollte unbedingt einen Blick in John Crowleys „Maschinensommer“ (Heyne, im Shop) riskieren, ein Roman, der ziemlich singulär in der SF-Landschaft steht. Crowley erzählt von einem posttechnologischen Zeitalter – aber wie, das muss man selbst gelesen haben.
 

Space Opera

Christopher Ruocchio Das Imperium der Stille

Vielleicht eher: ganz große Space Opera. Denn Christopher Ruocchio hat mit „Das Imperium der Stille“ (Heyne, im Shop) einen Schmöker geschrieben, wie es ihn nur alle Jubeljahre mal gibt. Einen gigantischen Entwurf, die Lebensgeschichte eines Helden und Mörders vor einem faszinierenden, schillernden Hintergrund. Etwas für lange Abende, an denen man so richtig abtauchen kann in diese grandiose Welt.
 
 

Film

The Endless Benson & Moorhead

Benson & Moorhead haben mit The Endless (Meteor Film) einen Film gemacht, der mal etwas riskiert, der zwar bekannte Zutaten aus der Phantastikküche benutzt, aber dennoch etwas liefert, was man so noch nicht gesehen hat. Es ist die Geschichte von zwei Brüdern, die zu einer Sekte zurückkehren, weil der eine etwas in seinem Leben vermisst. Das ist bisweilen leicht krumm, aber sehr sehenswert.
 

Comic

On a Sunbeam (First Second) von Tillie Walden

„On a Sunbeam“ (First Second) von Tillie Walden ist die Buchausgabe eines Webcomics, 530 Seiten des größten Talents, das dass Medium seit Jahren hervorgebracht hat. Eine Geschichte über eine Crew von Raumfahrerinnen, die Artefakte im All restaurieren. Auch eine Liebesgeschichte. Und insgesamt ein Traum von Buch. Optisch, inhaltlich, in jeder Beziehung. Walden ist 22. Was da wohl noch kommt? 
 
 

Game

Just Shapes and Beats

Abseits von Triple-A-Exzessen gibt es immer wieder diese kleinen Spiele, die einfach nur durch eine simple Idee bestechen und schlicht Laune machen. Bei dem Space-Shooter „Just Shapes and Beats“ (Berzerk Studio) muss man den Angriffen seiner Feinde ausweichen – und das im Takt von Beats. Das ist irre schwer, aber man schleicht sich immer wieder zur Switch des Sohns zurück – während er Latein lernt.
 
 

Fail

Sommer 2018

Ein toller Sommer, das war früher ein Grund zur Freude. Jetzt ist es Grund zur Panik. Man kriegt allmählich das Gefühl, in präapokalyptischen Zeiten zu leben, weil so viel aus den Fugen zu geraten scheint. Dystopien, das waren immer nur Gruseltexte, jetzt rücken sie einem zunehmend auf den Pelz. Ist das echt? Ist das fake? Ist man zu alt? Zu doof? Kommt der Maschinensommer (s.o.)? Ach je …

Highlight

Helligkeit fällt vom Himmel James Tiptree

Da nehme ich gerne einfach mein Highlight von 2016 wieder her – denn jetzt ist die James Tiptree Edition von Septime abgeschlossen, mit „Helligkeit fällt vom Himmel“ (Septime) ist der letzte Band erschienen. Das ist ein Anlass zur Freude, denn das Werk dieser Autorin verdient viel mehr Aufmerksamkeit. Auch über 30 Jahre nach ihrem Tod sind diese Texte frisch und aufregend. Unfassbar.
 

 

  Sascha Mamczak

 

 

Buch

Donna J. Haraway Unruhig bleiben

Donna J. Haraways „Unruhig bleiben“ (Campus) ist das kleine Wunder eines akademischen Textes (genauer gesagt: einer Sammlung von Texten), der die Science-Fiction nicht nur ernst nimmt, sondern: ERNST. Was Haraway allein aus dem Begriff extrahiert, ist erstaunlich. Ein Buch für alle, die denken, sie wüssten über das Genre Bescheid.
 
 
 

Klassiker

Arkadi und Boris Strugatzki Das Experiment

„So etwas wie Kommunismus gibt es nicht, und die Sowjetunion hat es gemacht.“ Über dieses berühmte Zitat kann man sich amüsieren. Oder man schreibt einen großen Roman, der genau diese Absurdität in all ihren zynischen, atemberaubenden, niederschmetternden, phantastischen Facetten illustriert. Arkadi und Boris Strugatzkis „Das Experiment“ (Heyne, im Shop) ist dieser große Roman.
 
 
 
 
 

Space Opera

2001 – Odyssee im Weltraum

2001 – Odyssee im Weltraum (Warner Home Video). Noch ein Klassiker, zugegeben. Aber im November starb der kanadische Schauspieler Douglas Rain, der mit seiner Stimme Stanley Kubricks und Arthur C. Clarkes Bordcomputer HAL 9000 jene mörderische Freundlichkeit verlieh, die das Zeitalter der künstlichen Intelligenz einläutete. Also: Sie können zu Weihnachten Alexa verschenken – oder diesen Film.

 

 
 
 

TV-Serie

Maniac Netflix

Ich habe ja kein Netflix, aber Cary Fukunagas zehn Episoden von Maniac (Netflix) haben es über Umwege (über die ich mich lieber ausschweige) doch zu mir geschafft. Der Regisseur gilt als schwierig, was in der Filmbranche oft nichts anderes heißt als: Hier arbeitet jemand intensiver an seiner Kunst, als man ihm zugestehen will. „Maniac“ katapultiert den Inner-Space-Irrsinn der New Wave in unsere Zeit.
 
 
 

Comic

Shaun Tan Reise ins Innere der Stadt

Shaun Tan: „Reise ins Innere der Stadt“ (Aladdin). Dass Shaun Tan zeichnen und malen kann, wussten wir längst. Aber er kann auch schreiben. Zum Beispiel so: „Als du starbst, brachte ich dich zum Fluss. Und als ich starb, wartetest du am Ufer auf mich. Und so verging zwischen uns die Zeit.“ Ein Buch zum Träumen, zum Weinen, zum Verlieben.
 
 

Ding

Futuro

In München steht ein … Futuro-Haus. Kein Scherz. Was eigentlich als Kurzzeitinstallation gedacht war, hat nun seinen festen Standort vor der Münchner Pinakothek der Moderne gefunden: Matti Suuronens in den Sechzigerjahren als Skihütte konzipiertes, ellipsoides Kunststoffhaus „Futuro“. Muss man gesehen haben – eine vergangene Zukunft in all ihrer kuriosen Pracht.

Fail

Sommer 2018

Der Sommer 2018. Nicht nur einer der heißesten aller (gemessenen) Zeiten, sondern auch einer der längsten. Und hatte man da noch die Hoffnung, nun könnte auch dem letzten Ignoranten klar werden, dass hier auf jeder Ebene Handlungsbedarf besteht, wurde man im Winter eines Besseren belehrt. Die Kohlendioxid-Emissionen sinken nicht, sie steigen. Wir ziehen das offenbar durch – mit allen Konsequenzen.
 

Highlight

Die amerikanischen Kongresswahlen

Die amerikanischen Kongresswahlen Anfang November. Dass sich Donald Trump einen Tag danach zum Sieger erklären würde, hat wohl niemanden überrascht, aber dass seine Propaganda auch von europäischen Medien übernommen wurde, war dann doch erstaunlich. Also nochmal: Trump hat diese Wahlen nicht gewonnen. Das heißt nichts für den Präsidentschaftswahlkampf 2020. Aber es heißt etwas.

 

Sebastian Pirling  Sebastian Pirling

 

 

Buch

Jasper Ffordes Eiswelt

Einmal war ich beinahe in Wales, und zwar als ich ein Semester in Liverpool studierte. Noch beinaher können Sie Wales erleben, wenn Sie Jasper Ffordes neuesten Wurf „Eiswelt“ (Heyne, im Shop) lesen. Der spielt nämlich in einem Wales, in dem die Eiszeit nie aufgehört hat. Der Inhalt ist ganz fabelhaft und eigentlich nicht nacherzählbar. Also lesen Sie Fforde und besuchen Sie Wales im ewigen Winter!

Klassiker

Ray Bradburys Fahrenheit 451

Wie fühlen Sie sich eigentlich, wenn Sie lesen? Ich bin immer wieder verblüfft darüber, dass ich mithilfe von bedrucktem Papier tatsächlich in die Gedanken eines anderen Menschen eintauchen kann. Ist dies nicht das eigentlich Subversive an Ray Bradburys „Fahrenheit 451“ (Heyne, im Shop) – dieses Jahr übrigens neu verfilmt –, dass die Lesenden die wahren Rebellen sind? Also, schenken Sie Rebellion!
 
 

Space-Opera

Christopher Ruocchios Roman Das Imperium der Stille

Im Weltall ist alles größer, so viel steht fest. Jupiter ist größer als die Erde, Beteigeuze größer als die Sonne – und in Christopher Ruocchios Roman „Das Imperium der Stille“ (Heyne, im Shop) fühlt sich sogar die Galaxis größer an als unsere. Dabei beweist Ruocchio spielerisch, dass galaktische Imperien, geheimnisvolle Aliens und gewaltige Weltraumschlachten so aufregend und modern sein können wie nie zuvor.
 
 

Comic

Poorly Drawn Lines von Reza Farazmand

Das fiese an guten Comicstrips ist ja, dass sie, nachdem man sie mit einem Caffé Latte in der Hand und einem amüsierten Schnauben inhaliert hat, einen dann doch nicht mehr loslassen. Wie Kuchenkrümel in der Tastatur setzen sie sich in einem fest – und „Poorly Drawn Lines“ (online) von Reza Farazmand liefert besonders trockene, ironische Krümel. Die Buchausgabe war sogar ein New York Times-Bestseller. 
 

Game

Carrera Go!!! Plus

Carrera-Bahn fahren – kennt das noch jemand? Meine Kids haben letztes Jahr eine bekommen, und seitdem sind meine Frau und ich süchtig danach. Wer saugt Staub, oder wer bringt die Kinder ins Bett? Ein Zehn-Runden-Battle entscheidet. Zumal man auf der dazugehörigen App Carrera Go!!! Plus (Carrera Toys) dabei Mini-Games spielen kann, etwa Scheiben wischen oder Räder wechseln – bis die Kinder mit uns schimpfen.
 
 
 
 
 

TV-Serie

Adventure Time

Dieses Jahr ist das Letzte. Zumindest für Adventure Time (Cartoon Network), die wohl beste Cartoon-Serie aller Zeiten, die nun nach zehn Staffeln beendet wurde. Die Story: Finn, ein Junge mit Bärenfellmütze, und Jake, ein gelber, gummiartiger Hund, wohnen in einem Baumhaus und erleben Abenteuer. Aber was für welche! Diese Serie ist der postmoderne Bildungsroman in Zeichentrickform. Punkt.

Fail

Smartwatch und Fitnesstracker

Ich trage nach wie vor weder Smartwatch noch Fitnesstracker. Waaas? (Dissonante Streicher im Hintergrund …) Ja, ich verweigere mich der Quantifizierung. Die Zahl der Haare auf meinem Haupt (es werden weniger) oder der Körperfett-pro-Frustrations-Koeffizient (er wird mehr) sind nicht einmal mir selbst bekannt – und das soll auch so bleiben. „Fail better“, heißt es doch. Das habe ich vor.
 
 

Highlight

Die Science-Fiction-Lounge Think Ursula!

Man stelle sich vor, es gäbe eine große Veranstaltung, auf der die Vielfalt und die Möglichkeiten der Science-Fiction präsentiert würden, und das vor einem breiten Publikum. Ha! Muss man sich nicht vorstellen – das ist wirklich passiert. Die Science-Fiction-Lounge Think Ursula! fand diesen Herbst auf der Frankfurter Buchmesse statt, und es kamen Hunderte, um Ursula K. Le Guin zu würdigen und das Genre zu feiern. 
 
 
 
 
 
 

 

Alexander Schlicker  Alexander Schlicker

 

 

Buch

Weltenzerstörer Cixin Liu

Frei aus dem Herzen: Ich liebe das Werk von Cixin Liu, seit mir „Die drei Sonnen“ in die Finger kam. Da es fast zu einfach wäre, an dieser Stelle nun „Der dunkle Wald“ zu nennen, nehme ich einfach die ebenfalls dieses Jahr erschienene Novelle „Weltenzerstörer“ (Heyne, im Shop), die mit ihrer Balance zwischen chinesischer Tradition und globalem Klimadenken erneut Lius Genie unterstreicht.

 

 

Klassiker

Mars-Chroniken  Ray Bradbury

Ich muss gestehen, dass Ray Bradbury für mich lange Zeit „nur“ der Autor von „Fahrenheit 451“ war – völlig zu unrecht natürlich. Denn wie virtuos visionär Bradbury in den Erzählungen der „Mars-Chroniken“ (Diogenes) mit dem sich wandelnden Status der Menschheit bei der Kolonialisierung des roten Planeten hantiert, ist heute noch gleichermaßen höchst unterhaltsam und kritisch klug durchdacht. 

Space Opera

Christopher Ruocchio Das Imperium der Stille

Wenn es in diesem Jahr einen Roman gab, der mich schon mit seiner schieren Größe auf allen Ebenen beeindruckt hat, dann Christopher Ruocchios „Das Imperium der Stille“ (Heyne, im Shop). Ein gewaltiges Erzähluniversum, viele Völker, epochale Kriege und eine hochspannende wie angenehm vielschichtige Erzählerfigur sind nur einige der Qualitäten dieses Debüts. 

 

TV-Serie

Legion

Da mich in Sachen Film dieses Jahr – bis auf Aufbruch zum Mond vielleicht – im Science-Fiction-Bereich nichts wirklich vom Hocker gerissen hat, komme ich lieber gleich zur Serie. Da setzte sich wie schon 2017 Legion (Fox) bei mir durch. Leute, bitte gebt Noah Hawleys surrealem Psycho-Meta-Meisterwerk im Superhelden-Kosmos endlich die Anerkennung, die es verdient. Allein die Bildsprache ist ein Hochgenuss.

Game

Monster Hunter: World

Hierzulande lange eher ein Geheimtipp für Multiplayer-Jäger, startete mit „Monster Hunter:  World“ (Capcom) die Reihe endlich in globale Blockbuster-Sphären durch. Eine lebendigere und schönere Future-Fantasy-Spielewelt hat es bisher kaum gegeben, und der grandios ausbalancierte RPG-Mix aus Crafting, Jagen, Taktik und Kämpfen gegen fulminant abwechslungsreiche Biester macht nahezu alles richtig.

 

 
 
 
 
 

Ding

Fugentorpedo

Ja, ich kucke trotz Carsten Maschmeyer gerne die Investoren-Dauerwerbe-Show Die Höhle der Löwen und lasse mich bei Bedarf zum Kauf einzelner Produkte überzeugen. Da meine Frau und ich schon öfter die körperlichen Leiden einer häuslichen Fugenreinigung auf uns genommen haben, ist der Fugentorpedo tatsächlich ein echter Problemlöser. Gutes muss nicht immer fancy sein. 
 
 
 
 

Fail

Tier- und Umweltschutz Fail

Ich möchte gar nicht anfangen, über den ganzen Etikettenschwindel in Sachen Tier- und Umweltschutz bei nahezu allen Regierungen dieser Welt zu lamentieren, sondern frage mich oft genug im Alltag, warum so viele Menschen selbst bei Kleinigkeiten etwa noch auf unnötiges Plastik „vertrauen“ und dessen Folgen einfach verdrängen. Allein kann niemand die Welt retten, aber bei sich selbst einfach mal anfangen geht schon. 

 

Highlight

#MeToo!

#MeToo! Allein, dass die längst überfällige Veränderung des gesellschaftlichen Umgangs mit alltäglichem und nach wie vor medial überall grassierendem Sexismus nicht, wie viele Themen, nach einem „Anfangshype“ wieder gedanklich beiseitegeschoben wird, macht mir ebenso Mut wie die Tatsache, dass viele Menschen Machtmissbrauch endlich als das anerkennen, was es ist: ein Problem, das uns alle angeht.
 
 
 
 
 

 

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