Vorspeise
Einen Monat vor dem Saison-Finale bietet „Captain Marvel“ eher dürftige Hausmannskost
Im Wettkampf zwischen Marvel und DC, zwischen Disney und Warner hatte der ansonsten ewige zweite DC/ Warner einmal die Nase vorn: Mit „Wonder Woman“ wurde der erste Superheldenfilm präsentiert, in dem eine Frau die Hauptrolle spielte. Erst jetzt, gut zwei Jahre später, kann Marvel mit seiner ersten eigenen, eigenständigen weiblichen Superheldin „Captain Marvel“ nachziehen und nicht nur deswegen wirkt das intendierte Spektakel reichlich unspektakulär.
Satte sechs verschiedene Personen waren an Story und Drehbuch beteiligt, was manches erklären mag. Denn wie so oft im stetig expandierenden Marvel Cinematic Universe soll auch dieser Film zwar als für sich stehendes Abenteuer funktionieren, aber auch ein wichtiger Teil im großen Ganzen sein, was in diesem Fall zusätzlich bedeutet: Der letzte Mosaikstein bevor es im April mit „Avengers: Endgame“ so richtig kracht.
Eine Origin-Story ist „Captain Marvel“ also, die erzählt, wie die Airforce-Pilotin Carol Danvers (Brie Larson) bei einem Testflug mit einem hyperavancierten Triebwerk plötzlich auf dem Planeten Kree landete. Einige Verwicklungen später befindet sie sich wieder auf Planet C 53, besser bekannt als Erde, und lernt Nick Fury (Samuel L. Jackson) kennen, der dank Verjüngungssoftware aussieht wie Jackson vor gut 25 Jahren. Schauplatz ist nämlich 1995, was zu vielen musikalischen Abgründen führt, aber auch zu merkwürdigen Referenzen zu „Top Gun“ und den Terminator-Filmen.

Ohnehin wirkt die Handlung ein wenig willkürlich und egal, irgendwie geht es um die Rasse der Skrulls, lustig grüne Aliens, die aber eigentlich nur nach einer sicheren Heimat suchen. Vor allem aber taucht ein Gegenstand auf, der für die ganze, große Riesengeschichte, die Kern des MCU ist, von elementarer Bedeutung ist. Kurz gesagt: „Captain Marvel“ führt direkt und unmittelbar zu „Avengers: Endgame“ und damit das auch jeder kapiert, heißt es im Abspann in bester James Bond-Manier: „Captain Marvel will return in Avengers: Endgame.“ Gut zu wissen …
Auf dem Weg dahin stopft „Captain Marvel“ ein paar Löcher, die nicht wirklich gestopft werden mussten. Das funktioniert in etwa so wie im Prolog von „Indiana Jones und der letzte Kreuzzug“, wo erzählt wurde, wie Indy seine Narbe, seinen Hut und auch noch seine Schlangenphobie bekam, nur dass es hier um Furys fehlendes Auge und den Namen der ganzen Veranstaltung geht.
All das ist nicht wirklich doof, aber ein wenig halbgar dahingeschustert. Merkwürdig zurückgenommen wirkt dieser Marvel-Film, gerade angesichts der visuellen Exzesse, an die man sich im Lauf der Jahre doch ein wenig gewöhnt hat. Hier passiert oft wenig mehr, als das sich Menschen unterhalten, was im Kontext des MCU seltsam gewöhnlich und unspektakulär wirkt. Die ohnehin sparsamen Actionszenen sind wie viel zu oft im MCU eher wirr und hektisch geschnitten und wirken oft wie Outtakes aus den bisherigen Filmen. Ähnliches lässt sich über die bemüht witzigen Oneliner sagen, die zum Gefühl beitragen, dass es hier eigentlich um wenig mehr geht, als die Zeit zu vertreiben. Mit „Captain Marvel“ hat nun auch Marvel eine selbständige weibliche Heldin, immerhin, die in sechs Wochen dann zusammen mit all den anderen die Welt retten darf, beziehungsweise das, was Thanos von ihr übrig gelassen hat. Und darauf, auf diesen unzweifelhaft gigantomanischen Exzess, muss man irgendwie doch gespannt sein.
„Captain Marvel“ startet am 7. März im Kino. Abb.: Marvel/Disney.
Captain Marvel • USA 2019 • Regie: Anna Boden & Ryan Fleck • Darsteller: Brie Larson, Samuel L. Jackson, Ben Mendelsohn, Jude Law, Annette Benning
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