16. Mai 2019

Schlechtes Timing

Der dystopische Thriller „The Silence“ kommt etwas zu spät

Lesezeit: 2 min.

Nach dem Ausbruch einer Invasion mutierter Wesen, die auf kleinste Geräusche reagieren, flieht eine Familie aus der Stadt und versucht, in der Wildnis zu überleben. Wer bei dieser Beschreibung sofort an John Krasinskis Erfolgsfilm „A Quiet Place“ denkt liegt nicht falsch. Das diese Inhaltsangabe auch auf John R. Leonetti Thriller „The Silence“ passt, der nun, ein gutes Jahr später ins Kino kommt, ist tatsächlich purer Zufall, lässt den dystopischen Film aber wie einen billigen Abklatsch wirken.

Dabei basiert „The Silence“ auf einem Romans von Tim Lebbon (im Shop) der 2015 erschien und bereits 2017 verfilmt wurde, also ein Jahr vor dem Start von „A Quite Place“. Hier wie da geht es um eine Invasion, mal von Außerirdischen, mal von Wespen ähnlichen Wesen, die jahrhundertelang in einem abgeschlossenen Höhlensystem lebten, bevor sie entkamen und Jagd auf die Menschen machten. Hier wie da ist der an sich originelle Kniff, dass die Wesen auf Geräusche reagieren, nur absolute Stille einen gewissen Schutz bietet.


Kiernan Shipka und Stanley Tucci an einem stillen Ort – „The Silence“

Praktischerweise beherrscht Familie Andrews Zeichensprache. Warum? Weil die Tochter Ally (Kiernan Shipka) nach einem Unfall ihre Fähigkeit zu sprechen verloren hat. Ein krudes Konstrukt, das zudem reichlich unnötig erscheint, denn auf ihrer Flucht vor den Vesps genannten Eindringlingen gibt es ohnehin wenig zu sagen. Vater Hugh (Stanley Tucci) und Mutter Kelly (Miranda Otto) packen Kinder und Großmutter in den Kombi und verlassen die Stadt, ohne wirkliches Ziel, ohne ausgefeilterem Plan, als dem Lärm der Stadt zu entgehen.

Ein Film also, der weniger über seine Handlung funktioniert, als über seine Charaktere. So zumindest scheint der Ansatz gewesen zu sein, der in dystopischen Endzeitfilmen wie „The Road“ oder zuletzt „Light of Life“ gut funktioniert hat. Doch damit solch ein Konzept funktioniert, würde es einer vielschichtigeren Figurenzeichnung bedürfen, als sie dem ehemaligen Kameramann John R. Leonetti gelingt. Vor ein paar Jahren hatte Leonetti den sehr erfolgreichen Horrorfilm „Annabelle“ gedreht, der genau andersrum funktionierte: Nicht über fesselnde Figuren, sondern über fesselnde Spannungsmomente.

Von denen hat „The Silence“ ein paar zu bieten, doch Szenen in denen etwa in einem Ubahn-Waggon ein schreiendes Baby quasi geopfert wird oder eine hübsche Szenen, in denen die lärmsensitiven Viecher von einer Häkselmaschine angelockt werden, was sie nicht nur ablenkt sondern gleich auch beseitigt sind allzu rar. So sehr sich an sich stets sehenswerte Schauspieler wie Stanley Tucci oder Miranda Otto bemühen, so gut das aus „Mad Men“ bekannte Nachwuchstalent Kiernan Shipka auch agiert: Wirkliche Spannung oder gar Endzeitstimmung mag in „The Silence“ nur sporadisch aufkommen. Das er zudem wie eine schnell produzierte Billig-Version von „A Quiet Place“ wirkt macht da am Ende auch nicht mehr viel aus.

„The Silence“ startet am 16. Mai 2019 im Kino. Abb.: Constantin Film

The Silence • USA/ Deutschland 2019 • Regie: John R. Leonetti, Darsteller: Stanley Tucci, Miranda Otto, Kiernan Shipka

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