Hört gefälligst auf, den Weltraum zuzumüllen!
Warum Elon Musks Starlink-Satellitensystem in höchstem Maße problematisch ist
Ich mag technische Spielereien. Ich verbringe viel Zeit online. In meinem Haus kann ich mit dem Smartphone der Mikrowelle befehlen, mir ein Bad einzulassen, und das Licht im Takt von „Moves Like Jagger“ ein- und ausschalten. Man kann mich also kaum als Technikverweigerer bezeichnen. Wieso wäre ich dann kürzlich beinahe einer geworden?
Weil neulich etwas passiert ist, für das ich uns am liebsten alle in die Steinzeit schicken würde. Wir sollten unsere Werkzeuge wegschmeißen, die Smartphones ins Meer werfen und wieder in einer Höhle wohnen. Das wäre die passende Antwort auf diesen hirnverbrannten Irrsinn.
Die Rede ist vom Starlink-Satellitennetzwerk: Elon Musk plant mit seiner Firma SpaceX, eine ganze Reihe von Satelliten in den Orbit zu schießen. Sechzig davon wurden bereits mit einer Rakete von Cape Canaveral aus ins All befördert. In diesem Augenblick befinden sie sich etwa 550 Kilometer über unseren Köpfen und umkreisen die Erde einmal in neunzig Minuten. Wir alle können sie am Nachthimmel beobachten, ja, wenn man zur richtigen Zeit am richtigen Ort ist, sieht man sie in einer langen Reihe am Himmel funkeln.
Anscheinend sind diese sechzig Satelliten nur die ersten eines geplanten Netzwerks von insgesamt zwölftausend, die den Himmel überziehen sollen, damit jedem Erdenbürger kostenloses Internet zur Verfügung steht. Und wenn der Technikfeind in mir das hört, kommt er schreiend und schimpfend aus seiner Höhle gelaufen. Warum? Denken Sie nur einmal kurz darüber nach: 12.000. Zwölf. Tausend. Satelliten. Auf das Gratisinternet komme ich gleich noch zu sprechen, reden wir erst einmal über diese vielen Satelliten. Dabei geht es mir nicht einmal um die Lichtverschmutzung. Starlink wird selbst in den entlegensten Regionen der Erde die Sterne überstrahlen, aber irgendwie wird SpaceX dieses Problem schon lösen. Nein, was mir Sorgen macht, ist die Tatsache, dass wir bald zwölftausend zusätzliche Dinge im Orbit schweben haben.
Ich habe im Rahmen dieser Kolumne schon des Öfteren gegen Weltraummüll gewettert. Aus irgendeinem Grund haben die Menschen die schlechte Angewohnheit, ihren Abfall im Orbit zu lassen – und so sind sie munter dabei, die Erde in eine todbringende, tausende von Meilen schnelle Müllwolke zu hüllen, die jedem Raumschiff, das in einem ungünstigen Winkel dagegen prallt, den Garaus machen wird.
Und wir haben keinen Plan, wie wir mit dem Müll fertigwerden. Momentan können wir nicht mehr tun, als ihn zu beobachten und zu hoffen, dass er irgendwann in den Ozean fällt. Also, mir persönlich kommt das nicht besonders gut durchdacht vor. Und doch hat Elon Musk – der vom Weltraum regelrecht besessen ist, aber keinen Schimmer hat, was er anstellen soll, wenn er erst mal dort ist – vor, zwölftausend weitere Satelliten in die Umlaufbahn zu schießen.
Wenn Sie meinen, dass Sie das alles nichts angeht, möchte ich Sie auf eine beunruhigende Tatsache aus einem Artikel auf Space.com hinweisen. Einem Kometenbeobachter zufolge wird „ein Erfolg von Starlink unweigerlich Nachahmer zur Folge haben. Je nach Neigung der Bahnebene könnte das die Astrofotografie völlig ruinieren, wenn nach der Abend- und vor der Morgendämmerung immer mehr Satelliten den Orbit bevölkern“.
Und die Nachahmer stehen schon bereit: OneWeb, Amazon und Telesat planen, weiteren Krempel ins All zu bringen. Ach ja, eine neuseeländische Firma namens Rocket Lab soll auch nicht unerwähnt bleiben. Sie hat einen Satelliten namens Humanity Star ins All geschossen, um – und das ist kein Scherz – die Menschheit daran zu erinnern, wie toll sie ist. Das ist der einzige Sinn und Zweck dieses Satelliten. Meine Güte, wir sind auf dem Mond gelandet! Wir haben Sonden auf den Mars gebracht! Ich brauche keinen blöden kleinen Kiwi-Satelliten, um mich daran zu erinnern, dass die Menschheit ziemlich viele coole Sachen draufhat!
Selbstverständlich habe ich nichts gegen kostenloses Internet für alle. Es gibt bereits Länder, in denen ein Internetzugang als Menschenrecht gilt, und ich hoffe inständig, dass das Schule machen wird. So gefährlich und hetzerisch die sozialen Medien auch sein mögen, das Internet und das darin gespeicherte Wissen sind im Großen und Ganzen eine sehr segensreiche Sache. Insbesondere dort, wo es gegenwärtig noch fehlt. Aber es muss doch eine klügere Alternative zu Starlink geben. Eine Alternative, bei der wir den erdnahen Orbit nicht völlig zumüllen. Ich kann beim besten Willen nicht behaupten, die optimale Lösung zu kennen, und womöglich gibt es zu den Satelliten ja wirklich keinen Plan B. Aber wir sollten zumindest darüber nachdenken.
Rob Boffard wurde in Johannesburg geboren und pendelt als Autor und Journalist zwischen England, Kanada und Südafrika. Er schreibt unter anderem für „The Guardian“ und „Wired“. Seine Romane „Tracer“ (im Shop) und „Enforcer“ (im Shop) sind im Heyne-Verlag erschienen. Sein neuster Roman, „Verschollen“ (im Shop), erscheint im September bei Heyne. Alle seine Kolumnen finden Sie hier.
Kommentare
Sehr schön. Was hältst du davon, eine Petition zu starten bevor es völlig zu spät ist. Ich wäre der Erste, der unterschreibt. Viel Glück und behalte deinen aufrichtigen Zorn. Grüße Frank Astor