11. Februar 2020

Dead Ahead

Der Shooter „Zombie Army 4“ ruft zur trashigen Nazi-Jagd in Italien

Lesezeit: 5 min.

Über Geschmack lässt sich im Umgang mit Krieg zu Unterhaltungszwecken bekanntermaßen streiten. Gerade dann, wenn es sich um den Zweiten Weltkrieg handelt und eine grauenhaft reale Figur wie Hitler ins Zentrum des Geschehens rückt. Wer sich also trotz Iron Sky und Co. an solchen Absonderlichen stört, kann über die durch und durch auf Trash getrimmte Zombie Army-Reihe nur den Kopf schütteln und wird bei genauerer Betrachtung feststellen, dass es im Shooter aus dem Hause Rebellion motivisch sogar noch abstruser zugeht als bei Gamekollegen wie Wolfenstein mit vergleichbarer Alternate History-Ausrichtung.

Abstrus ist in dem Fall aber – aus rein spielerischer Hinsicht – nicht unbedingt negativ zu verstehen, da es sich, wie der Name überdeutlich anklingen lässt, zwar um eine besonders unappetitliche, aber auf allen Ebenen dann doch recht konsequent umgesetzte Grundidee handelt. Denn in Zombie Army entfesselt Hitler als letzten Ausweg seiner kruden Allmachtsfantasien unheilvolle Mächte und lässt die Toten wieder auferstehen. Die permanente Rückkehr und scheinbare Unauslöschlichkeit faschistoider Ideen könnte somit kaum trefflicher auf ihren ideologischen Punkt kommen. In der Rolle mehrerer wählbarer Widerständler ist es im Anfang Februar für PS4, Xbox One und PC erschienenen vierten Teil unsere Aufgabe, diesem Treiben auch im neuesten Ableger Einhalt zu gebieten und dazu allein oder mit bis zu drei weiteren Mitstreitern via Online-Koop neun intensive Missionen an verschiedenen Orten zu überstehen.

Die führen uns vorwiegend nach Italien, wo wir uns in Third-Person-Perspektive auf einem Bahnhof in Mailand, den Kanälen Venedigs, den schaurigen Nebelschwaden Siziliens oder gar einem Zoo in Kroatien zu stellen haben. Das Spielprinzip bleibt allein oder im Koop immer gleich. In den meist linear gehaltenen, aber oft sehr verwinkelten Gebieten mit ihren künstlichen Begrenzungen, stürmen zig Untote auf uns zu, die wir mit unseren drei Standardwaffen und Arsenal wie Takedowns, Sprengfallen oder Granaten abwehren. Dazu gesellen sich in Kisten versteckte Waffenaufsätze (z.B. Elektroschock) oder weitere Zombievernichter wie ein Flammenwerfer. Die Armeen der Finsternis rücken uns dabei in meist unendlich wiederkehrender Zahl zu Leibe, sodass es sinnvoll ist, manchmal einfach mal die Flucht zu ergreifen.

Aufgelockert wird das Geballer mit kleineren Suchaufgaben, die etwa darin bestehen, bestimmte Items wie Zahnräder oder Benzinkanister mittels Kompassanzeige ausfindig zu machen, um zum nächsten Abschnitt zu gelangen. Echte Rätsel sucht man vergeblich, aber das braucht ein Titel wie Zombie Army 4 auch nicht wirklich. Die Untoten attackieren uns in mehreren Varianten und Bewaffnungen, sodass speziell in den Gefechten gegen wuchtige Bossgegner (gerne ausgestattet mit Riesenwummen) adrenalintreibende Hektik aufkommt, wenn man etwa von allen Seiten in die Ecke gedrängt zu werden droht. Eine kleine Miniprise Taktik darf dann auch nicht fehlen. So stellt sich gerne mal die Frage, ob man eines der wenigen Heilpacks opfern oder es lieber mit einem Takedown-Angriff zur Teilauffüllung der Lebensleiste probieren sollte.

Hier zeigt sich gerade im Koop (man denke an vergleichbare Games wie Left for Dead oder World War Z) eine Stärke des höchst blutig präsentierten Gemetzels, denn wer sich im Team abspricht und aus so mancher Patsche hilft, bemerkt nicht so schnell wie eintönig Rebellions Shooter über die gut 10-12 Stunden der Kampagne ausfällt. Zwar sorgen die Schauplätze und eingestreute Neugegner wie Sniperschützen für Abwechslung; daran, dass es letztlich immer nur gegen eine Zombiehorde nach der anderen geht, ändert das aber leider wenig.

Dennoch darf man den Machern attestieren, ihren Shooter in vielen Bereichen ordentlich ausstaffiert zu haben. Die Waffen- und Skillauswahl (inklusive freispielbarer Erweiterungen) unserer vier sich unterschiedlich spielenden Helden ist ordentlich. Überall warten explodierende Tanks, montierte MGs oder andere Fallen auf gezielte Auslösung und auch der für ein solches B-Movie-Fest dringend benötigte Humor kommt neben okkultem Unfug wie satanischen Zeremonien nicht zu kurz.

Da sowohl die Munition für Pistole, Sniper, Schrotgewehr und Co. nicht endlos vorhanden ist, sind wir darauf angewiesen, uns in den Gebieten nach den wiederum ausreichend vorhandenen Kisten umzuschauen, um für Nachschub an allen Verteidigungsfronten zu sorgen. Dass man bei der Mixtur keine berauschende Story erwarten darf – geschenkt. Der Plot um unsere Widerstandsgang wird in vertonten Ingame-Sequenzen während der Action zusammengetackert und fällt ebenso wenig weiter auf wie die teils sehr steifen Animationen (der lebenden Figuren wohlgemerkt).

Das Spielgefühl fällt insgesamt sehr solide aus, jedoch ärgert man sich doch immer wieder über ungenaue Kollisionsabfragen bei Feindberührung und das eher maue Trefferfeedback. Auch das schnelle Ansteuern und präzise Auswählen von herumliegenden Itemkisten funktioniert nicht immer reibungslos. Leider haben es die Macher außerdem etwas zu gut mit ihren Erweiterungen und Spielereien wie Zeitlupenschüssen gemeint, die das eigentlich sehr straighte Geballer fast überladen, wenn man sich in alle angebotenen Optionen einarbeiten will. Grafisch reißt Zombie Army 4 ebenfalls keine Bäume aus, gibt sich aber bis auf die bereits benannten Figurenanimationen, wenig feinen Texturen und nicht gerade imposanten Effekten (z.B. beim Feuer) wenig Blöße. Kurzum: Es regiert der technische Durchschnitt, der allerdings, wenn man so will, irgendwie auch gut zum Trashfaktor passt – zweifelhafte Killcam-Slowmotion inklusive.

Richtig schade ist hingegen das Fehlen eines Splittscreenmodus für den Koop und einer deutschen Sprachausgabe, die in diesem speziellen Fall die faulige Nazi-Atmosphäre bestens unterstützt hätte. Als zusätzliches Feature spendiert Rebellion noch einen Hordemodus auf vier Karten, bei dem es darum geht, möglichst lange gegen unzählige Gegner zu bestehen. Punktesammler und Highscorejäger kommen dank vieler freischaltbarer Extras nicht nur hier auf ihre Kosten. Revolutionär oder herausragend ist das aber eben auch nicht.

Nein, Zombie Army 4 erfindet weder das Shooter-Genre an irgendeiner Stelle neu noch gelingt es dem Titel, seine Schwächen gerade bezogen auf Gameplay-Monotonie und der dröge vorgetragenen Story zu verbergen. Wer allerdings nach dem „Hirn aus“-Prinzip Lust auf knallige Genrekost mit ein paar Mitspielern hat, wird sich ein paar Abende unterhalten fühlen.

Mit etwas mehr Feinschliff hätte aus Teil 4 durchaus ein besserer Shooter werden können, denn gerade dann, wenn man kuriose Szenen (Stichwort boxende Untote) erlebt oder mit einer gelungenen Sprengfalle dutzende Gebeine zurück in die Hölle jagt, lacht das Spielerherz – zumindest dann, wenn es nicht darüber nachdenkt, was es da tatsächlich vor sich hat. Dieses Grundgefühl dürfte sich auch bei den angekündigten Postlaunch-Inhalten wie weiteren Waffen und Levels nicht ändern, die einem ähnlich wie weitere optionale Ingame-Käufe in den Menüs etwas zu aufdringlich unter die Käufernase gehalten werden.

Fazit

Plumpes Trash-Feuerwerk mit Schwächen, das Genrefans aber speziell im Koop viel Spaß bereiten kann.

Zombie Army 4: Dead Zone • Rebellion • (Koop-)Shooter • PS4/Xbox One/PC

Abb. © Rebellion

 

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