„Waschbären, die im Dunkeln leuchten“ von Dan Schreiber
Ein Sachbuch voller schräger Anekdoten, Theorien, Annahmen, Zufälle und Experimente
Wie könnte man an einem Buch vorbeigehen, das den Titel „Waschbären, die im Dunkeln leuchten“ (im Shop) hat? Falls Sie es können, Gratulation, ich kann es nicht. Und vielleicht bin ich damit ein bisschen wie sein Autor Dan Schreiber (im Shop). Der findet nämlich so einige seiner Recherche-Ideen über die Welt des Merkwürdigen und Seltsamen aus Büchern in Watkins Books, Londons ältestem esoterischem Buchladen, der 1897 gegründet wurde.
Dan Schreiber wurde 1984 in Hong Kong geboren, ging dort zur Schule, zog später mit seiner Familie nach Australien und landete im Alter von 19 schließlich in London, wo er heute noch lebt. In seiner Comedy zwischen Radio, Bühne und Podcasts kombiniert er Fakten mit Fun – und das mit riesigem Erfolg. Schreiber ist u. a. Produzent und Mitmoderator von „No Such Thing As Fish“, einem der gefragtesten Podcast-Formate Großbritanniens, mit weit über 500 Episoden und 500 Millionen Downloads. In seinem Buch „The Theory of Everything Else. A Voyage Into The World of The Weird“ (auf Deutsch haben die Waschbären den Titel übernommen) macht Schreiber das, was er am Besten kann: verrückten Theorien und Anekdoten nachspüren, und sie möglichst unterhaltsam und gewitzt aufzubereiten.
Etwa über Nobelpreisträger Kary Mullis, den Erfinder des PCR-Tests, der einen leuchtenden, sprechenden Waschbären außerirdischen Ursprungs getroffen haben will. Oder über die ebenfalls mit dem Nobelpreis ausgezeichnete Tu Youyou, deren spät prämiertes Malaria-Gegenmittel aus einjährigem Beifuß den Kreis zum poetischen Ursprung ihres Namens zu schließen scheint. Oder über jene, die nach dem Tod von Sherlock-Holmes-Schöpfer Sir Arthur Conan Doyle kamen, weil sie sicher waren, dass der überzeuge Spiritualist als Geist erscheinen würde. Oh, und vergessen wir nicht den Exorzismus, den die Großmutter von Ringo Starr am jungen Beatles-Schlagzeuger durchgeführt hat …
„Waschbären, die im Dunkeln leuchten und andere absurde Theorien, seltsame Ideen und skurrile Experimente“ ist ganz schwer einzusortieren, aber nichtsdestotrotz eine Fundgrube – wenn man eine Vorliebe für die MythBusters, Galileo Mystery, Douglas Adams oder Terry Pratchett hat. Dann tragen die rund 200 Seiten mit allerhand Fußnoten sowie ein paar Illustrationen und Fotos definitiv dazu bei, das eigene Nerd- und Party-Wissen mittels wenig, obendrein ziemlich fluffigem Leseaufwand zu erweitern. Denn Dan Schreiber versteht es, obskure Theorien zu präsentieren.
Allerdings – und das ist nun wirklich nicht die Schuld von Schreiber oder den leuchtenden Waschbären, aber trotzdem – allerdings gibt dieses Buch auf einer anderen Ebene auch ein Gefühl dafür, wie schnell die Grenzen zwischen Glauben und Wissen, Annahmen und Fakten verschwimmen, und wie „alternative Fakten“ sowie Verschwörungstheorien entstehen, ein Eigenleben entwickeln. Was, wie wir wissen, in diesen vernetzten, ungefilterten Zeiten ein Sprengsatz sein kann, der oft genug in die soziale oder politische Wirklichkeit geworfen wird. Die im Dunkeln leuchtenden Waschbären sind da größtenteils harmlos, und einfach nur amüsant.
Für November steht übrigens schon Dan Schreibers nächstes Buch „Geister, die ihre Rezepte teilen und noch mehr absurde Theorien, seltsame Ideen und skurrile Experimente“ (im Shop) auf Deutsch bei Heyne in den Startlöchern.
Dan Schreiber: Waschbären, die im Dunkeln leuchten • Sachbuch • Aus dem Englischen von Karolin Viseneber, Daniel Müller, Dejla Jassim • Heyne, München 2024 • 224 Seiten • Erhältlich als Paperback und eBook • Preis des Paperbacks: € 16,00 • im Shop
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Christian Endres berichtet seit 2014 als Teil des Teams von diezukunft.de über Science-Fiction. Er schreibt sie aber auch selbst – im Mai 2024 ist bei Heyne sein SF-Roman „Wolfszone“ erschienen.
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