9. Dezember 2024 1 Likes

Asimov und McCartney

Das Musical, das es nie gab

Lesezeit: 2 min.

Was wäre, wenn …? Ein schönes Spiel, mit dem man nette Abende verbringen kann. Da geht es um ganz Persönliches („Hätte ich damals bloß …“), ganz Großes („Wie sähe die Welt aus, wenn …“) und ganz Unwichtiges („Was wäre, wenn Paul McCartney und Isaac Asimov zusammen ein Musical geschrieben hätten?“).

Halt! Was?! Genau!

Das Musical „Five and Five and One“ gibt es nicht. Aber es ist auch keine Fantasie nach zwei Gläsern Wein zu viel, sondern war in den 1970ern eine echte Idee. Ex-Beatle McCartney hatte eine zweite Karriere mit den Wings begonnen, zu denen auch seine Frau Linda und Ex-Moody Blues Gitarrist Denny Laine gehörten. Und diese Wings hatten durchaus Flügel, denn die legendär schräge Single „Mull of Kintyre“ etwa stellte in Sachen Erfolg selbst die Beatles in den Schatten.

Bekanntermaßen hatten die Fab Four einige Affinität zum Film Business, und McCartney verfiel nun auf die Idee, an die Beatles-Filme anzuknüpfen. Sein Plot ging etwa so: Fünf Außerirdische kommen zur Erde, verwandeln sich in die Wings-Musiker und wollen Amerika erobern. Die echte Band sitzt derweil im lauschigen England. McCartneys Treatment ist etwa 400 Wörter lang, und damit machte er sich 1974 auf den Weg nach New York, um sich mit Science-Fiction-Autor Isaac Asimov (im Shop) zu treffen, der damals ein echter Promi war und zu den berühmtesten Schriftstellern der westlichen Welt gehörte.

Asimov ließ sich nicht lumpen und fertigte eine 5-seitige Version aus den losen Gedanken von McCartney an. Er machte die Außerirdischen zu Energiewesen von einem sterbenden Planeten, die in die Wings schlüpfen. Die Aliens sind nicht fähig zu Gefühlen (Stichwort: Liebe), aber beim Hören von Musik fängt etwas in ihnen zu Brodeln an, und fortan wollen sie mittels Musik menschliche Emotionen begreifen lernen.

Tja, McCartney war nicht so begeistert.

Das Projekt wurde 1975 still beerdigt. Erstaunlicherweise jedoch fand man Asimovs Entwurf nicht im Nachlass des Autors, der 1992 starb. Erst jetzt haben ihn Allan Kozinn und Adrian Sinclair ausgegraben und zwar im Zuge der Arbeit an ihrer Großbiographie „The McCartney Legacy“, deren zweiter Band (1974-80) morgen erscheint. Und was hatte Asimov da auf der ersten Seite des Exposés vermerkt? „Daraus wurde nichts, weil McCartney keinen Blick für etwas Gutes hatte“.

Herrlich!


Asimovs Exposé, 1. Seite. Boston University Library

 

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