8. Mai 2025

Gratis Comic Tag 2025: Im Gespräch mit Falk „Zapf“ Holzapfel

Der Autor und Zeichner berichtet über seine Arbeit an den „Was ist was“-Comics

Lesezeit: 9 min.

Haben Sie am kommenden Wochenende etwas vor? Jetzt schon: Am 10. Mai ist wieder Gratis Comic Tag! Zehn Verlage bieten Leseproben zu 22 Comics an. In diesem Jahr beteiligen sich über 1.240 Buch- und Comichandlungen sowie Bibliotheken aus Deutschland, Österreich und der Schweiz an der Aktion.

Zu den Heften, die man bekommen kann, gehört auch „Im Orbit des Neptun“, eine von Carlos Arroyo gezeichnete und von Falk „Zapf“ Holzapfel verfasste Geschichte aus dem Kosmos der „Was ist was“-Bücher, die seit 1961 eine ganz besondere Erfolgsgeschichte im Bereich Kindersachbuch geschrieben haben. Falk Holzapfel hatte freundlicherweise Zeit für ein kurzes Gespräch.

 


Falk Holzapfel

Herr Holzapfel, die „Was ist was“-Reihe begeistert seit Jahrzehnten Kinder. Welcher Band hat Sie damals ins Staunen versetzt?

Ich habe die tatsächlich auch gelesen und hatte den „Dinosaurier“-Band daheim! Daher war ich sehr glücklich, als ich mir am Anfang des Projekts ein Thema aussuchen durfte: „Ja, klar, Dinosaurier!“. Außerdem hatte ich noch einen Band zu „Rittern und Burgen“ sowie einen zu „Indianern“, den der Verlag heute vermutlich anders betiteln würde. Die Bände damals waren richtig schön illustriert, die sahen großartig aus. Heute sind es ja fast alles nur noch Fotos, aber die Bände in meiner Kindheit waren noch von Hand illustriert. Einfach unheimlich schöne Bücher!

Wie kam es zu der Entscheidung, aus den beliebten Büchern Comics zu machen? Und wie sind Sie zu dem Projekt gestoßen?

Egmont Ehapa hat das möglich gemacht. Die sind an den Tessloff Verlag herangetreten und haben vorgeschlagen, Comics zu der „Was ist was“-Reihe zu machen. Tessloff wollte das dann ausprobieren. Die Idee, Kinder mit Comics zum Lesen zu verleiten, ist in den vergangenen Jahren aufgekommen. Es gibt etwa Comics für Erstleser, an denen ich beteiligt war, und über die hat mich der Verlag vermutlich gefunden und angefragt. Am Anfang sollte ich nur die Figuren für die „Was ist was“-Comics entwerfen, die in jedem Band erneut auftreten. Also habe ich eine Testillustration angefertigt, was ich sonst nicht mache. Aber ich fand die Idee hinter den Comics einfach super spannend! Als man sich dann für meine Entwürfe entschieden hat, hat man mich auch gefragt, ob ich den ersten Comic zeichnen und schreiben möchte.

Seit Oktober 2024 sind nun die ersten beiden Bände erhältlich. Warum wurden als Themen „Dinosaurier“ und „Weltall“ für die ersten „Was ist was“-Comics ausgewählt?

Ich wollte einfach Dinos machen! (lacht) Natürlich haben sich die beiden Verlage untereinander ausgetauscht und besprochen, mit welchen Bänden und Themen man am besten eine neue Comicreihe anfängt. Zudem gibt es Themen, die als Buch gut funktionieren, als Comic eher nicht, etwa Autos. Eine Comicgeschichte über Autos zu erzählen, ist zum Beispiel schwierig. Es ist schon besser, wenn man das Thema in einen größeren Kontext einordnen kann. Daher haben wir uns zusammengesetzt, uns die beliebtesten „Was ist was“-Bände angeschaut und entschieden, aus welchen man gut Comics machen kann. Dinosaurier mussten es einfach werden, weil ich die so mag. Der Weltall bildet dazu einen Gegenpol: von einer fernen Zeit geht es für die Kinder an einen fernen Ort. Die Auswahl ist damit auch auf Will, Iris und Wenko und ihre unterschiedlichen Hobbys zugeschnitten. Der dritte Band – der nun als Nummer vier erscheint – dreht sich zum Beispiel um das Alte Ägypten, weil sich Iris dafür interessiert. Dinosaurier, Weltall, Altes Ägypten damit hatten wir quasi ein Dreieck gespannt, das menschliche Kultur, Geschichte, Archäologie und naturwissenschaftliche Themen miteinander verbindet.

Zu Dinosauriern und Raumfahrt gibt es bereits die klassischen „Was ist Was“-Bücher. Wie stehen Bücher und Comics zueinander? Wann sollten Kinder was lesen?

In einem Comic bringt man natürlich nicht so viel Wissen unter wie in einem „Was ist was“-Buch. Das wäre auch gar nicht möglich. Wir wollten Abenteuergeschichten erzählen, die auch Humor haben – und ganz nebenbei Wissen vermitteln. Wer jetzt sagt „Ich möchte Dino-Experte werden!“, dem rate ich dazu, zunächst den Comic zu lesen und danach das Sachbuch. Der Comic vermittelt einen guten Einstieg und erlaubt einen ersten Einblick in die Wissenschaft. Davon ausgehend kann man dann mehrere Sachbücher lesen. Die Comics eignen sich auch für Kinder, die an einem Thema nicht so wahnsinnig interessiert sind, aber Abenteuergeschichten mögen. Da bekommen sie dann noch nebenbei Wissen vermittelt.

Sowohl „Das beste Haustier der Kreidezeit“ als auch „Im Orbit des Neptuns“ sind gespickt mit wissenschaftlichen Informationen. Wie vereint man klassische Lerninhalte mit unterhaltsamen Abenteuergeschichten?

Das war tatsächlich gar nicht so einfach. Es gab von Anfang an ein paar Fakten, die vorkommen mussten, zum Beispiel beim Dinosaurier-Comic. Wir wollten bestimmte Dinosaurier zeigen, wie etwa einen T-Rex, einen Triceratops oder einen Stegosaurus. Doch wie machen wir das, wenn die Kinder nur in die Kreidezeit reisen? Und an welchem Ort landen sie genau? Wir wollten sie zunächst „in Europa“ stranden lassen, aber dort gab es keinen Tyrannosaurus Rex. Da gab es also einige Schwierigkeiten.

Für uns war aber klar: Wir möchten bestimmte Dinos zeigen, wir wollen auf die jeweilige Zeit eingehen und wir wollen die Entwicklung der Arten beschreiben. Dann sind wir eine Liste an Fakten durchgegangen. Welche können wir davon einbauen, welche verwerfen wir und was für eine Geschichte können wir erzählen, um diese Informationen zu vermitteln? Wir wollten vor allem eine unterhaltsame Geschichte erzählen. Zur Not fliegen dann auch mal Infohappen raus und kommen andere dafür hinein. Ansonsten zerfällt die Geschichte und macht keinen Spaß.

Das ist aber bei jedem Band die große Herausforderung, weil man zu jedem Thema noch mehr erzählen könnte, wir aber nur wenig Platz haben. Es ist also ein Kompromiss, bei dem die Geschichte etwas mehr Zugkraft hat als die Fakten. Letztere sind von Experten wie Dr. Manfred Baur gegen gecheckt. Er sagt einem auch, welche Fauna und Flora es in der Kreidezeit nicht gab und wo man daher die Illustrationen überarbeiten muss.

Wie frei sind Sie als Autor bei den Geschichten? Gibt es da Vorgaben oder können Sie Ihrer Kreativität freien Lauf lassen?

Ich war da ziemlich frei. Sowohl der Verlag als auch meine Lektorin, Annica Strehlow, haben mir da viele Freiheiten gelassen. Und sie konnten sich mit mir auch darauf einigen, dass mir die Geschichte am Ende wichtiger ist. Ich hatte auch das große Glück, dass ich die Figuren mitentwickelt habe. Professor Quecksilber ist zum Beispiel erst während der Zusammenarbeit entstanden. Er ist unglaublich wichtig für die Geschichte, weil er den Kindern ihre Abenteuer erst ermöglicht.

Da mir so viele Freiheiten gegeben wurden, haben wir den ganzen „Quatsch“ mit Zeitreisen, mit Kindern, die durchs Universum gebeamt werden, haben wir einen fliegenden Toaster, den FAILbot, der andauernd für Katastrophen sorgt … Das ist alles okay, weil wir etwas brauchen, damit die jungen Leser in die Geschichte eintauchen können. Weil die Bände unabhängig voneinander lesbar sein sollen, ist das mitunter schwierig. Da kommen dann viele Sachen zusammen, die man beim Schreiben beachten muss, wie etwa die kurze Einführung der Figuren in jedem Band.

Die Fakten wurden wie gesagt von Experten gecheckt. Am Ende geht es aber auch darum, mit dem Inhalt zu spielen. Die Kinder sollen verstehen, wann wir im Comic Spaß machen und wann wir auf einer Sachebene Dinge erklären. Und Kinder erkennen sehr gut, was Realität und was Fiktion ist.

Die Comicreihe hat einen sehr diversen, tollen Cast an Figuren, mit denen sich Kinder und Eltern leicht identifizieren können. Wie sind Will, Iris und Wenko entstanden? Und wie der Professor? Gab es da vielleicht reale oder fiktive Vorbilder?

Als der Verlag bei mir angefragt hat, gab es schon ein paar Ideen. Es war klar, dass es drei Kinder sein sollten. Die Anfangsbuchstaben von Will, Iris und Wenko stehen nicht umsonst für „Was ist was“. Es war auch klar, dass wir ein Mädchen in der Gruppe haben wollten, das ordentlich was drauf hat. Sie ist die eigentliche Anführerin, die alle zusammenhält und managt, während die Jungs schon einmal abdriften. Bei Iris war vieles sehr schnell klar, selbst der Haarschnitt, der dem meiner Lektorin ähnelte. Das war eine kleine Inspiration für die Figur. Wenko hingegen hat sich am stärksten von der Ursprungsidee weg entwickelt. Er sollte so ein schüchterner Stubenhocker sein. Das war mir zu wenig und auch zu nah dran an Will. Da kam die Idee auf, aus Wenko einen Pfadfinder zu machen, der vegetarisch lebt, Tiere schützt und gern draußen ist, während Will sich am liebsten mit moderner Technik daheim beschäftigt.

Der Professor wiederum sollte am Anfang eine Art Tech-Schurke sein, also ein richtiger Bösewicht. Wenn jeder Band aber zum Kampf gegen das Böse wird, nutzt sich das sehr, sehr schnell ab. Da durfte ich dann kreativ werden. Der Prof ist also nicht böse, er ist nur so voller Energie, dass er nicht über die Konsequenzen seiner Handlungen nachdenkt. Er macht einfach und erfindet drauf los, ist aber kein böser Mensch. Da habe ich mich ein bisschen selbst eingebracht, ich bin auch der „Lass erst einmal machen“-Typ. Ich finde es auch gut, dass wir keine typischen Bösewichte in den Geschichten haben, sondern nur das normale Chaos. Dafür hat der Prof mit dem Nachbarn von Weizental seine ganz persönliche Nemesis. Er war auch nicht geplant, ist nun aber in jedem Band dabei – und ich mag das „running gag“-Potenzial, das die beiden einem bieten.

Als Erwachsene hatte ich sehr viel Freude mit den Auftaktbänden, weil ich einige Anspielungen verstanden habe oder ich mich über die Verknüpfung von Wissenschaft und Spaß amüsiert habe. Wie schafft man als Künstler den Spagat, Kinder und Erwachsene gleichermaßen zu begeistern?

Ich bin mir gar nicht sicher, ob das immer so klappt. Ich versuche immer davon auszugehen, was mich damals begeistert hat und woran ich Spaß habe. Dabei probiere ich, etwas zu finden, das lustig ist, was wiederum sehr subjektiv ist. Ich glaube aber auch, dass die meisten Erwachsenen noch ein kleines Kind in sich haben, das für solche Späße empfänglich ist. Das ist natürlich am Ende auch eine Typ-Sache. Aber ich mag Charaktere, die sich selbst nicht ganz ernst nehmen, und die man dann in solche lustigen Situationen bringen kann, wie etwa den Professor und die Gags mit den Geranien. Ich mag es auch, wenn man Kindern zeigen kann, dass man nicht immer alles todernst nehmen muss – wie etwa so einen Professor, der ein Raumschiff entwirft und dennoch etwas doof herüber kommt. Das ist sicherlich etwas, was auch bei Erwachsenen gut funktioniert, wo man dann das eigene Leben nicht so ernst nimmt und etwas leichter darauf blicken kann.

Im Sommer und Herbst gehen die Abenteuer von Will, Iris und Wenko weiter. Es geht unter anderem auf den Meeresgrund und ins Alte Ägypten. Können Sie bereits verraten, was die Leser:innen erwartet und welche Themen im kommenden Jahr im Mittelpunkt stehen?

Comics machen ist wahnsinnig zeitintensiv. Man liest das Ding in einer halben Stunde durch, sitzt da aber monatelang dran. Der Tiefsee-Band wurde zum Beispiel vorgezogen, weil der mit dem Alten Ägypten doch etwas länger zu schreiben und zeichnen gedauert hat. Ägypten war auch unheimlich schwierig in der Recherche. Alles, was die Menschen damals an Kleidung trugen, aber auch jedes Gebäude muss historisch überprüft werden. Das ist natürlich aufwendig. Beim Weltall und der Tiefsee verläuft das wesentlich einfacher, weil wir Fotos haben, an denen wir uns orientieren können. Was ich noch verraten darf: Aktuell sitze ich an einem Band, in dem es um Roboter geht, die sind ja jetzt schon ein Teil der „Was ist was“-Comics. Das wäre dann Band fünf oder Band sechs der Reihe. Ich bin also weiterhin Teil des Teams und schreibe dafür.

Zum Schluss noch die wichtigste Frage von allen: Was haben Sie als Kind eigentlich lieber gezeichnet? Dinosaurier oder Raumschiffe?

Ich war immer ein großer Fan von Tieren, habe also lieber Dinosaurier gezeichnet. Aber ich habe auch Raumschiffe aus Klemmbausteinen gebaut. Übrigens: Den Weltraum-Band habe nicht ich, sondern Carlos Arroyo gezeichnet. Toller Zeichner, wahnsinnig schöner Band! Bei mir sah beim Zeichnen die Reihenfolge zudem immer so aus: erst Monster, dann Tiere, dann vieles andere und ganz weit unten auf der Liste Autos und Fußballspieler. Fahrende Fußballspieler zeichnen zu müssen, wäre glaube ich das schlimmste für mich.

Viele Dank für das Gespräch!

Sehr gern und vielen Dank. Hat mir sehr viel Spaß gemacht!

Abb. © Egmont Verlagsgesellschaften / WAS IST WAS © TESSLOFF VERLAG Nürnberg. Autorfoto und Selbstportrait © Falk Holzapfel.

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