„Gateway“ – Goldgräber im All
Die Neuauflage des SF- Klassikers von Frederick Pohl
„Medizinischer Vollschutz“ gehört zu den wichtigsten Vorteilen, die die Glücksritter im Mittelpunkt von Frederik Pohls Roman „Gateway“ antreiben. Fast 50 Jahre alt ist der erste Teil einer Reihe von Romanen, mit denen Pohl zumindest in Experten-Kreisen zu einem der renommiertesten Science-Fiction-Autoren wurde. In der Reihe „Meisterwerke der Science-Fiction erscheint „Gateway“ nun zusammen mit den ersten beiden Fortsetzungen „Jenseits des blauen Horizonts“ und „Rückkehr nach Gateway“ in einem über 1200 Seiten schweren Wälzer im Heyne Verlag (im Shop).
Erzählt wird vom Asteroiden Gateway, der eines Tages in den Tiefen des Alls entdeckt wurde und ein seltsames Geheimnis barg: Hunderte Raumschiffe, die von einer Millionen Jahre alten Zivilisation namens Hitschi zurückgelassen wurden. Für moderne Goldsucher waren diese Raumschiffe ein gefundenes Fressen, denn sie reisten zu unbekannten Orten, an denen im besten Fall seltene Erden oder andere wertvolle Dinge zu finden waren, die den Prospektoren hohe Gewinne einbrachten. Im schlechten Fall führte die Reise allerdings direkt in den Tod.
Ein gewisser Nihilismus prägt die Welt von „Gateway“ also, der ganz gut in die Entstehungszeit des Romans zu passen scheint, die frühen 70er Jahre, als der Mond zwar erobert war, aber spätere Apollo-Missionen scheiterten, in denen die USA sich in einem endlosen Krieg in Vietnam verstrickten und zu Hause politische Attentate, Watergate und das Ende der euphorischen (und Drogen geschwängerten) 60er Jahre auf die Stimmung drückten.
Kein Wunder also, dass die Hauptfigur Robinette Broadhead zu Beginn des Romans auf der Couch liegt und sich von einem KI-Freudianer therapieren lässt, den er Sigfrid Seelenklempner (im Original noch hübscher Sigfrid von Shrink) tauft. In alternierenden Kapiteln werden nun Robinettes Therapiesitzungen und seine Erlebnisse auf Gateway beschrieben, die schließlich zu dem Trauma führten, das ihn Jahre später auf die Couch brachte.
Doch statt einer stringenten Erzählung geht es Frederik Pohl eher um die Zustandsbeschreibung einer Welt, in der die Erde derart überbevölkert ist, dass selbst ein karges Leben auf dem beengten Asteroiden Gateway mit seinem Versprechen gigantischer Reichtümer lebenswerter erscheint. Immer wieder fügt Pohl Missionsberichte und Kleinanzeigen in den Fluss des Romans ein, die zum einen meist von tödlichen oder monetär wenig erfolgreichen Missionen berichten, was das Versprechen von Gateway ebenso unterläuft wie die Kleinanzeigen, in denen von Kochkursen bis Kontakten all das angeboten wird, was es auch auf der Erde gibt.
Der Tonfall von „Gateway“ erinnert dabei weniger an die harte Science-Fiction eines Isaac Asimow oder die manischen Welten von Philip K. Dick, sondern eher an den ironischen Ton eines Douglas Adams, dessen Arthur Dent aus „Per Anhalter durch die Galaxis“ wie ein Geistesverwandter von Robinette Broadhead wirkt. Im Gegensatz zum praktisch zeitgleich zu den beiden Roman-Reihen beginnenden „Star Wars“-Fieber, wirken Adams und Pohls Werke wie Anti Science-Fiction, die zwar in Details erstaunlich präzise Supernovas oder physikalische Gesetze beschreiben, mit ihren trägen, lustlosen Hauptfiguren aber eher die No Future-Generation vorwegnehmen, als das aktionistische Handeln eines Luke Skywalkers.
Vielleicht auch deswegen wurden die Gateway-Romane nie verfilmt, auch wenn es immer wieder Berichte gibt, dass eine Adaption in Arbeit sei. Zuletzt hieß es, die Produzenten der „Walking Dead“-Reihe hätten sich die Rechte gesichert, aber bei dieser Nachricht blieb es. Vielleicht auch besser so, denn der Witz der Romane speist sich gerade daraus, dass eigentlich wenig passiert, obwohl man sich in den scheinbar so aufregenden Weiten des Weltalls befindet.
Frederik Pohl: Gateway • 3 Romane • Aus dem Amerikanischen von Tony Westermayr, Edda Petri • Heyne, München 2025 • 1232 Seiten • Erhältlich als Taschenbuch und eBook • Preis des Taschenbuchs: 16,00 € • im Shop
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