Reingeschaut: „The Iris Affair“ – Ein Quantum Italien
Auf der Jagd nach dem Supercomputer
Wäre man großzügig, könnte man die neue Sky-Serie „The Iris Affair“ als visionär und der Zeit voraus bezeichnen, geht es doch um einen hoch-avancierten Quantencomputer. Doch das dieser allen ernstes Charlie Big Potatoes heißt – britischer Slang für „Angeber“ – lässt schon ahnen, dass man es die von Neil Cross – dem Erfinder von „Luther“ – erdachte Serie nicht so ganz ernst nehmen kann. Wobei allerdings unklar bleibt, wie viel der Absurditäten beabsichtigt sind und wie viel unfreiwillige Komik darstellt.
Was man dem Achtteiler allerdings nicht absprechen kann, ist, dass er gut aussieht, denn gedreht wurde sicher zur Freude aller Beteiligten vor allem in Italien, von Florenz bis Sardinien. Dort hat sich die offenbar weltbeste Codeknackerin Iris Nixon (Niamh Algar) in ein nicht wirklich unauffälliges, statt dessen sehr malerisches Häuschen am Wasser zurückgezogen, wo sie mit betont sinnlicher, leicht durchsichtiger Bluse und einem Glas Wein vor ihrem Computer sitzt – und Videos über sich selbst schaut.

Denn im Internet fragen sich Influencer, wo Iris Nixon denn abgeblieben ist, seitdem sie vor gut zwei Jahren Siegerin einer Art Schnitzeljagd wurde. Die Antwort kennt Iris natürlich, doch damit der Zuschauer auch weiß, wie die Geschichte ihren Lauf nahm, wählt Neil Cross immer wieder eher holprige erzählerische Mittel. So erfahren wir dann, dass es der natürlich zwielichtige Unternehmer Cameron Beck (Tom Hollander) war, der Iris mittels einer öffentlichen Schnitzeljagd quasi rekrutierte, denn Beck stand vor einem Problem. Zwar war es ihm gelungen, einen Quantencomputer zu entwickeln – die schon erwähnte Kartoffel – doch dessen Baumeister, der Computerexperte Jensen Lind (Kristofer Hivju), hatte plötzlich Zweifel an seiner Erfindung – oder den Intentionen Becks – und schaltete das Supergehirn kurzerhand ab.
Und hier kam Iris ins Spiel, denn als exzeptionelle Puzzlelöserin sollte es ihr doch eigentlich gelingen, in den Aufzeichnungen von Jensen den Code zu finden, mit dem sich der Computer wieder einschalten lässt. Allerdings scheint auch Iris Zweifel an ihrer Aufgabe bekommen zu haben, weswegen sie sich dann nach Sardinien abgesetzt hat, wo sie nun einerseits in aller Öffentlichkeit lebt, sogar als eine Art Au-Pair-Mädchen im Haus reicher Leute ein und ausgeht und sich um die für die Handlung gewiss noch wichtig werdende Teenagerin Joy (Meréana Tomlinson) kümmert, andererseits auf fast schon geheimagentenmäßige Weise ihre unweigerliche Flucht vorbereitet hat.

Diese wird bald nötig, denn der finstere Beck hat noch finsterere Schergen auf Iris angesetzt, die sich mehr als rustikaler Methoden bedienen, um an ihr Ziel zu gelangen. Man kennt das ja aus vergleichbaren Serien, die sich eigentlich um Hacker und Computernerds drehen, aus Spannungsgründen aber immer wieder James Bond-artige Elemente einführen. Warum eine Hackerin und Codeknackerin auch Fähigkeiten im Nahkampf hat, weiß, wie man sich mit Bärenfallen schützt und andere überraschende Qualitäten besitzt, bleibt zwar offen, unterhaltsamer als nur auf Monitore zu starren ist es aber allemal.
Und, klar, dass dabei stets die Sonne Italiens scheint, trägt sehr zum Vergnügen bei, deutlich mehr als die fast dauerhaft dröhnende Musik, mit der in praktisch jedem Moment Spannung behauptet werden soll. Der Sommer ist zwar fast schon vorbei, doch „The Iris Affair“ funktioniert wie das visuelle Äquivalent zu einer Strandlektüre: Bunt, oberflächlich, schnell vergessen, währenddessen aber sehr unterhaltsam.
Abb.: Sky Deutschland
The Iris Affair • GB/D/Italien 2025 • Creator: Neil Cross • Darsteller: Niamh Algar, Tom Hollander, Kristofer Hivju, Meréana Tomlinson • 8 Folgen, Sky • Donnerstags neue Folgen
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