„The Elixir“ – Indonesisches Zombiegemetzel mit Style
Überlang und doof, trotzdem irgendwie sehenswert
Der indonesische Filmemacher Kimo Stamboel wurde im Verbund mit seinem Partner Timo Tjahjanto als „The Mo Brothers“ zwischen 2007 und 2016 zu einer festen Größe in der internationalen Genrefilmlandschaft, und das wundert nicht wirklich, denn das Duo hat eine unverkennbare Handschrift – im Guten, wie im Schlechten. Die Filme sind fast immer zu lang, die Skripts schwach, aber: Wenn es um Schauwerte geht, insbesondere Actionszenen, drehen die beiden auf und bestechen durch Kompromisslosigkeit, ungezügelte, gelegentlich ins Absurde gleitende Wildheit und originelle, stilvolle und hyperdynamische Inszenierungen, die ein Gegengewicht zu den Schwächen bilden. Soll heißen, es gibt halt immer wieder unvergessliche Momente und das ist mehr als man über so manch andere Genrefilmer sagen kann. Wer zum Beispiel den wahnwitzigen Überfall auf eine Polizeiwache in „Headshot“ (2016) gesehen hat, bei dem während eines Martial-Arts-Fights eine Schreibmaschine (!) zum äußerst schmerzhaften Einsatz kommt, wird sich auch fünf Jahre später noch dran erinnern. Mal ganz unverblümt gesagt: So macht Gewalt richtig Spaß!
Seit „Headshot“ sitzen die beiden nicht mehr gemeinsam auf dem Regiestuhl, sind aber weiterhin verbunden (Stamboel war Co-Produzent von Tjahjantos 2018 erschienenen Exzess „The Night Comes for Us“), was aber in Hinblick auf die Einzeloutputs bis jetzt nicht viel geändert hat. „The Elixir“ von Stamboel könnte locker auch eine Mo-Brothers-Produktion sein, Stärken wie Schwächen sind unverändert.

In einem kleinen Dorf auf der Insel Java lebt eine wohlhabende Familie, die, wie so ziemlich jede wohlhabende Familie, heillos zerstritten ist. Der Reichtum wurde durch pflanzliche Heilmittel erwirtschaft, doch das Familienoberhaupt ist nicht zufrieden, sondern lässt ein Elixier entwickeln, das den Traum von der ewigen Jugend wahr werden lässt. Doch das Mittelchen wirkt nur kurzfristig, auf die Verjüngung folgt eine Zombiemutation und da Zombies natürlich am liebsten Menschen anknabbern, rasen bald über die ganze Insel Untote, die eklige Geräusche von knackenden Knochen von sich geben und mit verhältnismäßig dezentem, aber ungeheuer effektivem Makeup erfreuen, das die wunderbaren Kontaktlinsen betont.
Die Story ist im Endeffekt nur Klebstoff, der die Zombieszenen irgendwie verbinden soll. Aus dem satirischen Potential des Elixiers wird nichts gemacht, der Versuch etwas Drama reinzubringen, bläst den Film nur unnötig auf 116 Minuten auf. Die Figuren sind schnell egal und verhalten sich zudem oft einfach dämlich. Die beste Szene hat gleich am Anfang ein kleiner Junge, der bei einer Rast während einer Autofahrt nur Pippi machen kann, wenn er sich, wie die Mutter rät, bei der Natur entschuldigt.

Es sind einzig und allein die Untoten, die „The Elixir“ Leben einhauchen: Die sehen nicht nur super aus, sondern werden auch effektiv in Szene gesetzt – egal ob auf einer Landstraße ein auf der Ladefläche mit Menschen voll besetzter Transporter von den geifernden Monstern auseinander genommen wird oder die in Schutzmonturen eingehüllten Hauptfiguren von unzähligen Zombies umringt sind: Dank der äußerst agilen Kamera, die sich gerne mitten ins blutige Getümmel begibt, holt einen der Film dann doch immer wieder zurück.
Hilfreich ist zudem das bei dieser Art Film eher selten genutzte provinzielle Setting, was dem Ganzen ein spezielles Flair gibt und vor allem am Ende toll genutzt wird: So rasen die Fleischfresser brennend durch die Felder – das macht optisch schon einiges her.
Stumpf ist manchmal sowas von Trumpf: Auf 90 Minuten runtergeschnitten wäre „The Elixir“ ein knackiger, flotter Splatterspaß, in dieser Form bedeutet das Gucken von Stamboels Film ein einziges Auf und Ab der Gefühle. Wobei Vorspulen natürlich nicht verboten ist.
Abb. Netflix
The Elixir • Indonesien 2025 • Regie: Kimo Stamboel • Darsteller: Mikha Tambayong, Eva Celia Latjuba, Donny Damara, Marthino Lio, Dimas Anggara • Netflix
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