22. Juli 2022

Craig Schaefers „Die Geister von New York“

Ein düsterer fantastischer Krimi um das Schaffen von Edgar Allan Poe

Lesezeit: 3 min.

2022 war ein wirklich aufregendes Jahr für Craig bzw. Heather Schaefer. Im März, genauer gesagt am Transgender Day of Visibility, stand für Schaefer das Coming Out als Trans und fortan als Heather Schaefer an, und im Juli gibt es nun die erste Veröffentlichung eines Buches in einer anderen Sprache. Denn Schaefers im amerikanischen Englisch verfasster Roman „Ghosts of Gotham“ ist in der gewohnt guten Übertragung von Übersetzer und Autor Michael Siefener als Die Geister von New York“ (im Shop) bei Heyne auf Deutsch erschienen.

Das Buch dreht sich um den Journalisten Lionel Page, der es sich nicht zuletzt aufgrund seiner eigenen Vergangenheit zur Aufgabe gemacht hat, Scharlatane der okkulten und spirituellen Art auffliegen zu lassen. Eines Tages, der furchtlose und bisweilen etwas zu risikofreudige Enthüllungsreporter hat sich gerade mit einem Prediger und dessen Anhängern angelegt und einen Stopp im Krankenhaus eingelegt, tritt die extrem wohlhabende Regina Dunkle in Lionels Leben. Sie möchte, dass er für sie von Chicago nach New York reist und dort das legendäre Originalmanuskript von Edgar Allan Poes Erzählung „Die Fakten im Fall von M. Valdemar“ aufstöbert, das anscheinend aufgetaucht ist. Denn in dieser Version der ‚hypnotisierenden’ Kurzgeschichte, die bei ihrem ursprünglichen Erscheinen in Magazinform 1845 ein Hoax war und von Mr. Poe als Tatsachenbericht verkauft wurde, ist das Ende wohl anders als in der heute bekannten Fassung – und ging es nie um einen Hoax, sondern eben doch um reale übersinnliche Ereignisse. Lionel muss den Auftrag der verdächtig einflussreichen Sammlerin annehmen, um seine eigenen Geheimnisse zu schützen. Doch wie sagt man so schön? Leichen pflastern fortan seinen Weg. Dazu kommen skurrile Gestalten, Gangster, eine Geheimgesellschaft sowie eine schön-gefährliche Konkurrentin in der Hatz nach dem Manuskript, die ebenfalls mehr ist, als es bei ihrem ersten Treffen mit dem notorisch-misstrauischen Lionel den Anschein hat …

So, wie Schaefers Protagonist bei seinen Ermittlungen ständig die Linie zwischen Enthüllungsjournalist und Privatdetektiv überquert, springt letztlich der gesamte Roman im Grenzbereich von Weird Fiction, Krimi, Dark Fantasy und Urban Fantasy umher. Am stärksten präsentiert sich „Die Geister von New York“ immer dann, wenn man das Gefühl hat, einen traditionsbewussten, leicht pulpigen Hardboiled-Roman nach den klassischen Vorbildern aus Literatur und Film zu goutieren – dieser Sound und Ansatz haben bekanntlich noch keinem Science-Fiction- oder Fantasy-Werk geschadet. Fans des einflussreichen Krimi/Horror-Pioniers Edgar Allan Poe kommen hinter dem schönen, im Paperback sogar mit Prägung und Schmuckfarbe veredelten Cover natürlich besonders auf ihre Kosten, wobei Schaefer die literarischen Grundlagen des fantastischen Genres generell für ein gutes Setting und eine ordentliche Geschichte nutzt, die teils in die zu erwartenden, teils aber auch durchaus in ein paar unerwartete Richtungen führt.

„Die Geister von New York“ ist ein abgeschlossener Roman, im englischsprachigen Original liegt unter dem Titel „A Time For Witches“ allerdings schon ein zweites Buch um Lionel Page und seinen Vorstoß in die Welten des Unerklärlichen vor.

Craig Schaefer: Die Geister von New York • Heyne, München 2022 • 576 Seiten • Paperback: 16 Euro (im Shop)

Kommentare

Zum Verfassen von Kommentaren bitte Anmelden oder Registrieren.
Sie benötigen einen Webbrowser mit aktiviertem JavaScript um alle Features dieser Seite nutzen zu können.