26. November 2020 1 Likes

„Die Füchsin“: Gedichte von Margaret Atwood

Ausgewählte Lyrik der gefeierten Autorin von „The Handmaid’s Tale“

Lesezeit: 2 min.

Margaret Atwood schenkte uns großartige Romane und Kurzgeschichten, darunter mehr als ein Meisterwerk der dystopischen sowie feministischen Science-Fiction, allen voran der Klassiker „The Handmaid’s Tale“ alias „Der Report der Magd“, aufgrund von Zeitgeist, Fernsehserienadaption, Comicinterpretation und Buchsequel so präsent wie eh und je. Die 1939 geborene Atwood genießt als unermüdliche Grand Dame der kanadischen Literatur Weltruhm, unter anderem wurde sie mit dem Booker Prize und – erst im letzten Jahr – mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet, der Literaturnobelpreis scheint außerdem überfällig. Dadurch ergeben sich Möglichkeiten, die andere „Science-Fiction-Autor*innen“ (im restlichen Literaturbetrieb wird Atwood selbstverständlich nicht primär als solche gesehen) selten haben. Die Übersetzung und Veröffentlichung von Atwoods Essaysammlung „Aus Neugier und Leidenschaft“ zum Beispiel, oder in diesem literarischen Jahresendspurt nun sogar „Die Füchsin“, ein Band mit Gedichten aus Atwoods Feder, die ebenfalls im Hardcover aufgelegt werden.

Die sehr unterschiedlichen, vielfältigen Gedichte aus den Jahren 1965 bis 1995 wurden aus der englischsprachigen Kollektion „Eating Fire“ ausgewählt. Im Deutschen braucht man natürlich mehr Platz für weniger Gedichte, weil jedes auserkorene Stück Lyrik von Frau Atwood sowohl im Original als auch in der Übersetzung enthalten ist. Oft sind Gedichte, die in eine andere Sprache übertragen werden, letztlich eher Adaptionen – in „Die Füchsin“ liefern diese die gestandenen deutschsprachigen Lyriker Ann Cotten, Ulrike Draesner, Christian Filips, Dagmara Kraus, Elisabeth Plessen, Kerstin Preiwuß, Monika Rinck, Jan Wagner und Alissa Walser. Sie machen ihre Sache gut, und erst das Original zu lesen oder zwischendurch zu vergleichen, hat seinen eigenen Reiz, das eine ohne das andere wäre nur halb so schön und interessant. Ob Englisch oder Deutsch, in den Texten geht es wenig überraschend um Frau und Mann, die ebenso raue wie schöne Natur, Kanadas Vergangenheit, Schlangen, ein Land unter der Erde oder die Träume der Tiere, andere haben vielsagende Titel wie „König Lear in Kurzzeitpflege“, „Comic-Hefte vs. Geschichte (1949, 1969)“, „Interlunar“ oder „Mörderbräutigam“ – und generell immer ganz viel Stimmung, Sinnlichkeit, Impressionen und Emotionen, wobei es auch sehr brutal und drastisch zugehen kann, wie man es von Margaret Atwood eben gewohnt ist.

Gedichte? Schon klar, das ist für viele von uns erst mal eine andere Hausnummer als ein Science-Fiction-Roman. Doch gute Lyrik kann genauso stark, faszinierend, nachhallend, bereichernd und lohnenswert sein wie gute Prosa – und wann war es je gut, sich von Vorbehalten, Selbstunterschätzung, Selbstüberschätzung oder Gerüchten von etwas abhalten zu lassen? Wenn man sich auf das angebliche Abenteuer Lyrik und die mutmaßliche Herausforderung Dichtkunst einlässt, wird man in „Die Füchsin“ mit vielen weiteren stilsicheren Texten, interessanten Szenarien, scharfkantigen Gedanken und letztlich abwechslungsreichen ‚Geschichten’ von Margaret Atwood belohnt. Eine Auswahl ihrer Gedichte zu entdecken, stellt also in jedem Fall eine lohnenswerte Erfahrung dar.

Margaret Atwood: Die Füchsin • Berlin Verlag, Berlin 2020 • 416 Seiten • Hardcover: 40 Euro

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