9. März 2017

Familiäre Alien-Symbiose

Wesley Chus Roman „Die Wiedergeburten des Tao“

Lesezeit: 3 min.

Die ersten beiden Romane der „Tao“-Trilogie von Wesley Chu haben ordentlich Spaß gemacht. Wer „Die Leben des Tao“ und „Die Tode des Tao“ immer noch nicht gelesen hat, wird in dieser Rezension vermutlich zu viele Spoiler zum bisherigen Serienverlauf aufschnappen – alle andere erfahren spoilerfrei, ob der 1976 geborene Chu ein würdiges Finale seines Dreiteilers hingekriegt hat …

Viel ist geschehen, seit der dickliche Fast-Food-Junkie und dröge Programmierer Roen Tan sich mit dem uralten gasförmigen Alien Tao verbunden hat und so von den Quasing erfuhr: Davon, dass sie seit ihrer Bruchlandungen vor vielen Millionen Jahren durch Symbiosen mit mehr oder weniger geeigneten irdischen Wirten die Geschicke auf der Erde lenken. Und davon, dass die Prophus-Fraktion der Quasing einen sanften Weg der Beeinflussung eingeschlagen hat, während die Gruppe der Genjix auf Krieg und Leid setzt, um die gewünschten Evolutionssprünge rasant herbeizuführen, die nötig sind, damit die Quasing den blauen Planeten nach ihren Wünschen gestalten und hier ohne Wirtskörper und ohne Symbiose überleben können. Im verborgenen Krieg zwischen den Prophus und den Genjix wurde Roen zum Kampfsportmeister und zum Geheimagenten. Außerdem hat er eine Familie gegründet und durch seinen Beinahe-Tod Tao verloren, der sich daraufhin mit Roens jungem Sohn Cameron verbunden hat, weshalb Roen jetzt nur noch Taos Phantomstimme in seinen Gedanken hört.

In „Die Wiedergeburten des Tao“ kommt mit dem fünfzehnjährigen Cam, der inzwischen seit über zehn Jahren von Roen und Tao trainiert und angeleitet wird, eine waschechte Coming-Of-Age-Perspektive um einen neuen, jungen Wirt dazu, der obendrein ein Teenager ist und trotz Taos unermüdlichen Warnungen keinem hübschen Mädchen widerstehen kann. Aber auch sonst hat sich eine Menge getan, selbst wenn die Tan-Tao-Symbiose familiär und vertraut bleibt. Schließlich hat Roens Frau Jill das Geheimnis der Quasing an die Menschheit verraten, sodass die Prophus und die Genjix nun gleichermaßen gejagt werden. Das Interpol Spezialkommando Aliens (ISKA) kann sogar auf mobile Scanner zurückgreifen, die einen Außerirdischen-Wirt sofort identifizieren. Jill und Roen sind daher hauptsächlich damit beschäftigt, Quasing aus beiden Lagern zu verstecken und außer Landes zu schaffen. Dennoch treibt der ehrgeizige und brutale Genjix-Anführer Enzo sein Ziel voran, die Erde so zu terraformen, dass alle Menschen sterben, die Quasing jedoch leben und gedeihen. Es scheint also auf eine letzte Schlacht zwischen Enzos Truppen und Roens Familie und seinen alten Freunden hinauszulaufen …

Wesley Chus erste „Tao“-Trilogie ist von Anfang bis Ende ein höchst unterhaltsames Stück Popcorn-Science-Fiction: Sympathisch, spannend und mit mehr als genug Action. Dabei beeindruckt es nach wie vor, was für Zeitsprünge Chu sich zwischen den einzelnen Büchern traut. Andere Autoren würden in jedem ‚Lebensabschnitt’ der Tan-Familie fünf oder mehr Romane ansiedeln, die Etappen so richtig ausschlachten und hierfür auf viel Drive und Frische verzichten. Chu bleibt seinem Konzept treu und lässt zwischen Band zwei und drei locker mal zehn Jahre abseits der Seiten verstreichen. Allerdings macht er es sich im dritten Roman mit der Auflösung eines ganz bestimmten Handlungsfaden um den jungen Cameron ein bisschen zu einfach, und dem einen oder anderen Leser mag das Ende generell etwas zu offen geraten sein – doch im englischsprachigen Original wurde ja bereits eine weitere Trilogie mit neuem Personal gestartet. Den Übersetzerwechsel im Deutschen hat der finale Roen-Roman bei Tor, wo man die Serie erfreulich schnell durchgezogen hat, leider nicht unbeschadet überstanden, obwohl einem am Ende nichts den Spaß verderben kann. Der ist dafür schlichtweg durchgehend zu groß, und entsprechend riesig ist jetzt die Vorfreude auf Mr. Chus Roman „Zeitkurier“ (im Shop), der im August bei Heyne erscheint und von Michael „Transformers“ Bay verfilmt werden soll.

Wesley Chu: Die Wiedergeburten des Tao • Fischer Tor, Frankfurt 2017 • 464 Seiten • Taschenbuch: 9,99 Euro

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