10. Juni 2016

Jenseits aller Klischees

Der wunderbare Bildband „Women of Wonder“ feiert die Künstlerinnen der Fantastik

Lesezeit: 2 min.

Dass Künstlerinnen selbst in unserer scheinbar aufgeklärten Zeit, in der Gleichberechtigung groß geschrieben wird, allzu oft im Schatten ihrer männlichen Kollegen stehen, ist eine traurige Tatsache. Dies trifft leider auch auf den Bereich der Fantastik zu, wobei sich langsam aber sicher die Situation wandelt. Immer mehr Frauen treten als Schöpferinnen fantastischer Buchcover, Illustrationen, Poster, Trading Cards, Comics und anderer Kunstformen in Erscheinung.

In dem großformatigen, durchgehend farbigen Bildband „Women of Wonder“ präsentiert Herausgeberin Cathy Fenner, die u.a. mit der preisgekrönten Reihe Spectrum: The Best in Contemporary Fantastic Art für Aufsehen sorgte, mehr als 50 Künstlerinnen mit jeweils einer meist ganzseitigen Abbildung eines ihrer Werke. Ergänzt werden die Kunstwerke, die durchgehend einfach nur schön genannt werden können, durch ein Foto der jeweiligen Künstlerin und einem kurzen Begleittext. Es ist kaum möglich auf die stilistische Vielfalt näher einzugehen, die von klassischer Malerei über comichafte Illustration bis hin zur Erschaffung fantasievoller Statuetten und Puppen reicht. Offenbar sind weibliche Künstler weit weniger als ihre männlichen Kollegen von technischen Geräten wie beispielsweise Raumschiffen oder reinen Weltraummotiven fasziniert. Auffallend ist die häufige Darstellung weiblicher Figuren, die absolut nichts mit den Fantasyklischees zu tun haben, welche man von männlichen Künstlern wie Boris Vallejo oder Frank Frazetta kennt. Statt deren leichtgeschürzten, den obligatorischen Muskelprotz anschmachtenden Dekorationsmädels finden sich vielmehr Frauen, die als „echte“ Individuen identifiziert werden können.

Cathy Fenner beweist ihren Expertenstatus, was fantastische Kunst angeht, mit der sehr gelungenen, da überaus vielfältigen Auswahl an Künstlerinnen. Neben Klassikern, die heute durchaus als Ikonen ihres Metiers gelten, wie Shulamith Wulfing oder Margaret Brundage finden sich bekannte zeitgenössische Namen wie Barbara Remington, Diane Dillon und Kinuko Y. Craft sowie Newcomer wie etwa Alexandra Manukyan oder Sho Murase, um nur einige wenige zu nennen.

Abgerundet wird der Band durch ein pointiertes Vorwort der Herausgeberin und einer kenntnisreichen Einleitung von Lauren Panepinto, die selbst als Künstlerin und Creative Director für verschiedene Verlage tätig ist. Beide betonen, dass „Women of Wonder“ weder Anspruch auf eine emazipatorische und damit politische Aussage erhebt, noch als umfassende Enzyklopädie weiblicher Fantasy-Art dienen will. Vielmehr soll der wunderschön gestaltete Band vor allem das tun, was sein Untertitel verspricht: „Celebrating Women Creators of Fantastic Art“.

Dies ist absolut gelungen. „Women of Wonder“ lädt die Betrachterinnen und Betrachter nicht nur ein, höchst unterschiedliche Künstlerinnen für sich zu entdecken, sondern auch dazu, in deren überaus kreative Welten der Fantasie einzutauchen.

Cathy Fenner (Hrsg.): Women of Wonder • Underwood Books, Nevada City 2015 • 128 Seiten • Paperback: $ 24,95 • Sprache: Englisch

Bild © Underwood Books

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