9. Dezember 2019 1 Likes

Navajo-Monsterjägerin nach der Flut

Rebecca Roanhorse’ postapokalyptischer Urban Fantasy-Roman „Jägerin des Sturms“

Lesezeit: 2 min.

Rebecca Roanhorse hat sowohl afroamerikanische als auch indianische Wurzeln. Letztere beschwor die 1971 geborene Autorin aus Santa Fe u. a. schon in ihrer Science-Fiction-Kurzgeschichte „Welcome to Your Authentic Indian Experience™“, die ihr 2017 sowohl den Hugo Award als auch den Nebula Award einbrachte. Auf Englisch erschien dieser Tage zudem ein „Star Wars“-Roman zu „Rise of the Skywalker“ aus ihrer Feder. Bei Lübbe startete soeben dagegen ihre Romanserie „The Sixth World“ als „Das erwachte Land“ auf Deutsch, mit dem ersten Band „Jägerin des Sturms“ im Taschenbuch und im E-Book.

In einer nicht allzu fernen Zukunft hat der Klimawandel – „Big Water“ – die Welt drastisch verändert. Die Küstengebiete wurden überschwemmt, das Landesinnere leidet unter extremer Dürre. Viele Menschen starben überdies in den Energiekriegen, und noch immer wird ums Wasser gekämpft. Die Navajo-Indianer im früheren New Mexico der zerbrochenen USA haben sich hinter eine mit Muskelkraft und Magie errichtete Mauer zurückgezogen. Dort werden sie dummerweise von Monstern aus ihrer eigenen Mythologie heimgesucht. Menschen wie die Navajo-Kriegerin Maggie Hoskie nutzen Waffen, Wissen und ihre besonderen Clan-Kräfte, um die menschenfressenden Bestien zu jagen. Allerdings versteht es Maggie mit ihrer schroffen Art blendend, sich bei Ordnungshütern und anderen Leuten unbeliebt zu machen. Außerdem hat der gestaltwandelnde Trickster-Gott Coyote ein besonderes Interesse an ihr. Und obwohl Maggies neuer Begleiter Kai ein attraktiver, charmanter Typ ist und definitiv als Romantic Interest taugt, muss Maggie erst einmal über ihren Mentor-und-mehr hinwegkommen, einen der legendärsten Monsterjäger überhaupt …

Die knallharte Maggie erweist sich als schnoddrige Erzählerin in der Tradition der besten Hardboiled-Antihelden. Deshalb klingt Rebecca Roanhorse’ Urban-Fantasy-Roman oft wie ein klassischer Detektivkrimi. Durch den Neo-Weird-Western-Ansatz fühlt man sich auf positive Weise an Tony Hillerman oder Marcie Rendon erinnert. Und obwohl Hardboiled-Fälle mit wenig Plot auskommen und Roanhorse viele gute Dialoge und Szenen liefert, ist die Handlung schon sehr dürftig. Was Story und Tempo angeht, kommt „Jägerin des Sturms“ nie über Urban-Fantasy-Standard hinaus. Aber dafür gibt es ja noch indianischen Superheldenkräfte, und natürlich das postapokalyptisches Ambiente! Leider nutzt die praktizierende Anwältin Roanhorse ihre staubige Kulisse à la Paolo Bacigalupi (im Shop) so gut wie nie in Gänze – schon gar nicht so, wie das Zukunftsszenario es verdient hätte. Dabei liegt in der Verbindung der Postapokalypse mit der Kultur der amerikanischen Ureinwohner so viel Potential, dass es einen als Science-Fiction-Fan geradezu schmerzt, wie wenig Roanhorse diesen Aspekt ihrer Weltenschöpfung in den Roman einbindet. Am Ende ist es doch eher Urban Fantasy mit Gimmick, das ohne die Postapokalypse ebenfalls funktionieren würde.

Die Mischung im erwachten Land ist dennoch erfrischende Medizin – könnte jedoch so viel mehr sein. Im September 2020 geht es mit „Meister der Heuschrecken“ weiter. Vielleicht nutzt Roanhorse dann ja mehr von ihrem postapokalyptischen Setting.

Rebecca Roanhorse: Jägerin des Sturms (Das erwachte Land Bd. 1) • Aus dem Englischen von Frauke Meier • Lübbe, Köln 2019 • 348 Seiten • Taschenbuch: 11 Euro

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