21. Januar 2020

Die Klänge des Wüstenplaneten

Klaus Schulzes legendäres Album „Dune“ feiert vierzigsten Geburtstag

Lesezeit: 3 min.

Im Winter 2020 kommt die „Dune“-Verfilmung von Denis Villeneuve in die Kinos, einem Regisseur, der schon mit „The Arrival“ (2016) und „Blade Runner 2049“ (2017) Meisterwerke des Science-Fiction-Films abgeliefert hat. Die Erwartungen sind hoch, zumal ein zweiter Teil möglich erscheint und parallel eine Fernsehserie vorbereitet wird. Doch so berechtigt die Vorfreude auch sein mag – es gibt eine Alternative. Vor vierzig Jahren erschien eine Schallplatte, deren Titelstück den Klassiker von Frank Herbert akustisch umsetzt und das bis heute nichts von seiner Frische verloren hat: das Album „Dune“ des deutschen Elektronik-Pioniers Klaus Schulze. Natürlich liegt es längst in remasterter Fassung vor.

„Dune“ klingt in etwa so wie die Farben des Covers: kaltmetallisch blau mit Anflügen von beige. Die dreißigminütige Komposition ist eine rein abstrakte Arbeit ohne konkreten Handlungsbezug, in der gleißende elektronische Klangbögen Räume von ungeheurer Weite erschaffen. Das Resultat erinnert an eine Bühne, auf der überraschende Bewegungen stattfinden: Kavernen aus Tönen öffnen sich, glockenhaft aufperlende Klangblasen ziehen vorüber, sirrende Vorhänge werden beiseitegeschoben und neu drapiert. Vor allem die für Schulze typische kathedralenhafte Anmutung sorgt für eine enorme Bildlichkeit, die sich sehr gut mit Herberts Romanen in Verbindung bringen lässt. Die spannungsreiche Arbeit, teils vielschichtig, dann wieder gedämpft und kammerspielartig intim, verdankt ihre Wirkung nicht zuletzt dem Cellisten Wolfgang Tiepold, der Schulzes Spiel kongenial ergänzt und mit seinem Instrument angemessen erdet. Mal übernimmt er die Melodieführung, mal akzentuiert er subtil, aber immer ergibt sich eine neue überraschende Einheit aus analogen und digitalen Möglichkeiten.

Tatsächlich hat Tiepold auch schon bei dem wichtigen Album „X.“ (1978) mitgewirkt; später wird er u. a. die ebenfalls herausragende Platte „Audentity“ (1983) prägen. Was „Dune“ betrifft, ist das Resultat von fast sakraler Anmutung und eine einmalige Verdichtung der klassisch anmutenden Vorlage. Das Stück erschließt sich – ganz anders übrigens als „Shadows of Ignorance“, der eher luftige Zusammenarbeit mit dem Sänger Arthur Brown auf der zweiten Plattenseite – erst nach wiederholtem Hören, ist aber eine von Schulzes besten Arbeiten.

Klaus Schulze, der Herberts Originaltrilogie um den Wüstenplaneten (im Shop) im Booklet als seine damalige „Bibel“ bezeichnet, „wie für andere Leute ihr Tolkien“, war von den Büchern fasziniert und hat alle drei Bände wie eine „Schleife“ immer wieder gelesen. Entsprechend findet sich bereits auf „X.“ eine zehnminütige musikalische „Biografie“ zu Frank Herbert. Dies ist nicht erstaunlich: Klaus Schulze begann seine musikalische Solokarriere 1971 und damit zu einer Zeit, als sich Pop sowohl textlich wie musikalisch – oder zumindest von den Covermotiven her – gern auf Science-Fiction bezog. Sein Album „Cyborg“ (1973) enthält mit „Neuronengesang“ dann auch eine Anspielung auf den (beinahe) gleichlautenden Roman von Robert Silverberg (im Shop). Tatsächlich aber wird der wesentliche Bezug zwischen Genre und Musik über die spezifischen Klänge der diversen Synthesizer hergestellt, derer sich Schulze bis auf den heutigen Tag virtuos bedient; die Gestaltung einiger der frühen LP-Hüllen durch den Schweizer Surrealisten Urs Amann unterstützte diesen Effekt nachdrücklich.

Der 1947 in Berlin geborenen und seit langem in Hambühren bei Hamburg lebende Schulze hat seit 1972 unermüdlich Alben veröffentlicht, über die seine Homepage www.klaus-schulze.com verlässlich Auskunft erteilt – auch über die „Ultimate Edition“ von 2000, die immerhin fünfzig CDs enthält. Von den frühen Arbeiten sind neben den bereits genannten Platten noch besonders „Moondawn“ (1976), „Mirage“ (1977) und „Dig it“ (1980) erwähnenswert, die allesamt in klanglich überarbeiteten Fassungen vorliegen. Doch wer mit „Dune“ anfängt, kann ohnehin nichts falsch machen – ob mit oder ohne Frank Herberts Trilogie im Hinterkopf, mag ein jeder selbst entscheiden.

Klaus Schulze: DuneRemastering 2016 • Universal Music / MIG-Music CD/LP/MP3

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