24. März 2017 1 Likes

The Breakfast Dino-Club

„Power Rangers“ in der Review

Lesezeit: 4 min.

Fünf Teenager werden auserwählt in farbigen Kostümen und gigantischen Dino-Robotern die Welt zu retten. Klingt vertraut nach den 90ern? Ist es auch, denn die trashig-kultige TV-Serie „Power Rangers“ bekommt ein Hochglanz-Reboot auf der großen Leinwand.

100 Millionen Dollar investierte Erfinder Haim Sabban in die neue Kinoversion des bereits seit 23 (!) Staffeln andauernden TV-Phänomens, das Mitte der 90er die Schulhöfe zum Kochen brachte. Aber lohnt sich der Besuch im Kino?

Die Story um die fünf Teens ist altbekannt: scheinbar durch einen Zufall erhalten die Ausreißer, die eigentlich nichts miteinander zu tun haben, fünf Powermünzen, jede leuchtend in einer eigenen Farbe. Mit Hilfe der Münzen erhalten sie dann ungeahnte Kräfte und stoßen auf Zordon, den Mentoren in der Glasröhre (oder jetzt eher Flimmerwand – gespielt von Bryan Cranston, den bereits viele Jahre mit den „Power Rangers“ verbinden). Von diesem erhalten die an „The Breakfast Club“ erinnernden Mädels und Jungs den Auftrag, die böse Hexe Rita Repulsa aufzuhalten, die das Leben auf der Erde auslöschen will. Um das zu meistern, müssen die Power Rangers aber erst einmal zu sich selbst finden und als Team zusammenwachsen, um dann ihre innere Kraft aus sich rauszuholen. Auf dem Papier klingt die Geschichte zunächst äußerst kitschig. Was Regisseur Dean Israelite („Project Almanac“) und der mit dem Oscar nominierte Drehbuchautor John Gatins („Kong: Skull Island“) aber um das Team von Jason herum aufbauen, ist einen Blick wert.

Gerade Israelite gibt dem Film eine eigene Note, dank gewagter Kameraeinstellungen und ungeahnten -fahrten und Schnitten. Zu Beginn des Streifens erlebt Jason bei einer Verfolgungsjagd im Auto einen Crash, in dem die Kamera stetig still auf dem Gesicht des Helden fixiert dem Geschehen folgt, während Glasscheiben zerspringen und sich das Autodach und die Träger wölben. „Power Rangers“ ist voll von solchen kleinen, cineastischen Momenten und Schnitten, die hier und da sogar leicht an ein Musikvideo erinnern könnten. Dies verschafft dem Film einen eigenen Look und stilisiert ihn. Mit solch toller Cinematography rechnet bestimmt niemand in einem Film um riesige Dinoroboter.

Ebenso unerwartet ist die tiefe Vernetzung und Nutzung des „Power Rangers“-Mythos, der Serienkennern und -liebhabern sofort auffallen wird. Stichworte wie der Zeo-Kristall lassen sofort aufhorchen.

„Power Rangers“ lässt sich zudem äußerst viel Zeit, die einzelnen titelgebenden Figuren einzuführen und zu zeigen, wie diese sich öffnen, zueinander finden und letztlich eine Einheit bilden. Jeder Ranger ist eigenwillig und eigensinnig, vom Anführer und abgedrifteten Sportass Jason, dem verqueren aber charmanten Autisten Billy, der distanzierten Kimberly bis hin zur einsamen Triny und dem ausgeflippten Zack. Wirken gerade Zack und Triny zunächst noch wie Stereotypen, so offenbaren sie während des Verlaufs des Films deutliche Tiefe, die so manche Eigenheit der Figuren äußerst unerwartet erklärt. Dies gilt im Übrigen für alle der einzelnen Ranger. Der Film und der Zuschauer profitiert ungemein vom tiefen Einblick in die Figuren, und es fällt einem schwer, die fünf ungleichen Helden am Ende nicht als eine Familie anzusehen und ins Herz zu schließen.

Während dies, neben der berauschenden Kamera- und Schnittarbeit, die größte Stärke des Films ist, so ist genau diese „Langatmigkeit“ auch eine der größten Schwächen. Bis es denn mal zur heiß erwarteten Verwandlung in die Power Rangers kommt vergehen gut 80 Minuten und die daraus resultierenden Kämpfe gegen Rita Repulsas Schergen wirken gehastet und nicht ganz durchdacht. Ausgerechnet das große Finale, wenn die Roboter-Zords gerufen werden und der unausweichliche Kampf mit dem an einen Steckbaukasten erinnernden Megazord kommt, fühlt man sich sofort an eine austauschbare Folge der TV-Serie erinnert. Das letzte Viertel des Lichtspiels wirkt eher wie ein Gedanke, der den Machern noch in letzter Minute kam, statt des Showdowns, auf den jeder gewartet hat. Und durch den häufigen Stilwechsel des Films, der mal amüsant, mal ernst, mal dramatisch ist, erwächst das Gefühl, er finde, ähnlich wie seine Figuren, noch seine Identität.

„Power Rangers“ wird keine Mittdreißiger überzeugen, sich plötzlich rote, blaue oder pinke Einheitsstrampler überzuziehen und „Zeit zum Verwandeln!“ zu rufen, die so oder so nichts mit der ursprünglichen TV-Serie anfangen konnten. Er wird aber wohl allen alteingesessenen Fans, die ihre Jugend noch mal aufleben lassen wollen, ein Leuchten in die Augen zaubern, wie es eben nur ein großer, roter Tyrannosaurus Rex-Roboter schafft. Und dies gilt ebenso für den kleinen 10-jährigen Jungen, der mit seinem Vater im Kinosessel nebenan sitzt und sich freut, so etwas zum ersten Mal gesehen zu haben.

Power Rangers • USA 2017 • Regie: Dean Israelite • Darsteller: Dacre Montgomery, Naomi Scott, RJ Cyler, Becky G., Ludi Lin, Bryan Cranston, Elizabeth Banks

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