Krieg der Städte
Die Verfilmung von Philip Reeves „Mortal Engines“ ist erstaunlich phantastisch
Gleich die erste Szene etabliert den Ton: Da sieht man einen irgendwie orientalisch anmutenden Basar, mitten in einer desolaten Landschaft, bevölkert von einem Gemisch aller Rassen und Typen und dann, mit atemberaubender Rasanz, verwandelt sich der Basar transformermäßig in ein fahrendes Gefährt und rast davon, gejagt von einer noch viel größeren Stadt: London. Wie ein gigantischer Schaufelradbagger wirkt dieses Gefährt, das über den ausgetrockneten Boden einer endlosen Ödnis rast, doch weiter oben reiht sich Schicht um Schicht an Gebäuden, unten die Spelunken der Armen, weiter oben die Villen der Reichen und ganz oben die Kuppel der St. Pauls Kathedrale. Mit Leichtigkeit schluckt bald die große die kleine Stadt, saugt sie förmlich ein, versklavt ihre Bewohner, plündert ihre Rohstoffe und setzt die Handlung der Verfilmung von Philip Reeves „Mortal Engines: Krieg der Städte“ in Gang, die viel besser ist, als sie eigentlich sein dürfte.
Geschrieben vom „Herr der Ringe“-Trio Peter Jackson, Fran Walsch und Philippa Boyens, gedreht in Neuseeland, auch um den WETA-Studios Arbeit zu verschaffen, inszeniert von Christian Rivers, der bislang nur an Spezialeffekten vieler Jackson-Film beteiligt war und dank dieser Connection eines der teuersten Regiedebüts aller Zeit drehen durfte. Die Verfilmung eines Young Adult-Romans zwar, der sich in der Filmversion jedoch eher wie ein klassischer Abenteuerfilm anfühlt, mit klarer Rollenverteilung zwischen Gut und Böse, mit offensichtlichen Anlehnungen an Frankenstein, Mad Max und vor allem Star Wars, der sich aber trotz aller CGI-Bilder erstaunlich geerdet anfühlt.
Vielleicht, weil die Geschichte vom jungen Historiker Tom (Robert Sheehan), der mit der Rebellin Hester (Hera Hilmar) ein unfreiwilliges Duo im Kampf gegen den finsteren Thaddeus Valentine (Hugo Weaving) bildet, so schlicht ist, so einfach, so klassisch. Rasant wie ein Comic geht es hier zu, in Rückblenden wird von Hesters Mutter Pandora erzählt, die ein überaus wichtiges antikes Modul fand, ja, eine Art Büchse, deren Öffnung schreckliches verheißt. Rasant auch das World-Building, ganz nebenbei wird der Kampf zwischen den sich bewegenden Städten und den statischen etabliert, dann geht es schon weiter, in die höchsten Höhen einer Stadt in den Wolken und bald zur großen Mauer, die die Sphären der Städte trennt.
So schlicht die Handlung ist, so ausgefeilt sind Kostüme und Sets, die Nähe zum Steampunk ist offensichtlich, wird aber nicht ausgestellt, all die rostenden Rohre, die Scharniere und Feuersbrünste werden ganz beiläufig gezeigt, sind nicht Hauptsache sondern Hintergrund. Ob „Mortal Engines“ angesichts der weihnachtlichen Konkurrenz und auch der weitestgehend unbekannten jungen Darsteller ein Erfolg an der Kinokasse wird ist wohl eher fraglich. Dabei wäre es ihm ebenso zu wünschen wie anderen Versuchen, fantastische Welten entstehen zu lassen, „Jupiter Ascending“ etwa oder zuletzt „Valerian – Die Stadt der tausend Planeten“, Filme, die sich zwar frei von den Weiten der Popkultur inspirieren lassen, die aber doch etwas eigenes erzählen.
„Mortal Engines“ startet am 13. Dezember 2018. Abb.: Universal
Mortal Engines • Neuseeland/USA 2018 • Regie: Christian Rivers • Darsteller: Robert Sheehan, Hera Hilmar, Hugo Weaving, Stephen Lang
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