1. Dezember 2018

Nicht so heiß gegessen, wie gekocht

„Future World“ – Wüste Wüstenparty mit James Franco

Lesezeit: 4 min.

Die US-Presse drischt alle paar Monate kollektiv mit sämtlicher zur Verfügung stehender Inbrunst auf einen bestimmten Film ein, der dann für eine Zeit lang, bis zum nächsten Opfer, als Inbegriff der maximalen Schlechtigkeit gilt. Natürlich wird das Urteil dann von entsprechend geeichten Journalisten außerhalb der USA mehr oder weniger harsch übernommen. Nach der Veröffentlichung ist dann beim Zielpublikum häufig das große Wundern angesagt: „Na nu? Sooooo schlecht isser jetzt auch wieder nicht…“

Getroffen hat’s dieses Jahr „Future World“, den Tausendsassa James Franco, dessen Filmographie bald Pornostar-Dimensionen annimmt (letztes Jahr konnten sich satte 14 (!) Projekte mit seinem Namen schmücken), bereits 2016 als Co-Regisseur und Nebendarsteller abfrühstückte.

Wer Francos Aktivitäten in den letzten Jahren verfolgt hat, wird bemerkt haben, dass diese zum Teil fast schon von einer Art Manie gesteuert werden. Der Mann mit dem weltweit angeblich schönsten Lächeln scheint nahezu besessen von dem Gedanken zu sein, jede auch nur ansatzweise irgendwie interessante Idee augenblicklich in einen Film zu verwandeln. Das muss nichts Schlechtes sein (seine Literaturverfilmungen sind auf jeden Fall sehenswert), aber selten schimmerte diese Ad-hoc-Mentalität so durch wie hier. Allein die Rollennamen wurden offenbar aus dem Stand heraus aus dem Ärmel geschüttelt: Der Held heißt „Prince“, die Königin „Queen“, der Bösewicht „Warlord“, der Drogendealer „Drug Lord“ und der Zuhälter? Na? Richtig, „Love Lord“! Auf jeden Fall mag man es in der hier geschilderten Zukunft ziemlich eindeutig, soviel ist sicher.

Ähnlich hemdsärmelig auch der Rest – die Story geht so: Nach der Apokalypse besteht die Welt vor allem aus preisgünstigen Wüstensettings. Durch die irrt der junge Prince (Jeffrey Wahlberg richtig, der Neffe von Mark und Donnie!) und sucht für seine von Lucy Liu gespielte Mutter Queen ein Heilmittel, das es an einem „Paradise Beach“ geben soll. Unterwegs trifft er auf eine weibliche Androidin (Suki Waterhouse), die überraschenderweise nicht „Android“, sondern Ash heißt und von Warlord (James Franco) per Fernsteuerung kontrolliert wird, der sie als Sexsklavin und Killerin einsetzt. Ash verführt Prince und treibt ihn in die Hände von Warlord, realisiert dann aber, dass sie den schmuddeligen Typen eigentlich gar nicht braucht und lieber selbstständig agieren und vor allem Gutes tun möchte. Sie befreit Prince und haut mit ihm zusammen ab. Warlord wiederum nimmt mit seiner Gang die Verfolgung auf. Irgendwann stolpern Prince und seine Roboterfreundin dann über eine als Drug Lord bekannte Drogendealerin (Milla Jovovich), etwas später stößt noch Warlord dazu. Alle hauen sich gegenseitig auf die Mütze. Film aus.


Suki Waterhouse und James Franco…

Entweder war tatsächlich keine Zeit zur Ausarbeitung des Drehbuchs mehr vorhanden, da Franco schon 23 neue Projekte im Auge hatte, oder aber das Ganze wurde von vornherein nicht sonderlich ernst genommen und der hyperaktive Künstler wollte mal ausspannen und lud schlicht und einfach zur wilden „Mad Max“-Kostümparty in die Wüste ein, deren Rechnung irgendwelchen befreundeten Produzenten zwecks Steuerabschreibung auf den Tisch gelegt wurde, denn man hat ja – zwinker, zwinker – einen Film gedreht.

Jedenfalls passt praktisch nichts zusammen. Über den tieferen Sinn der Story muss erst gar nicht groß referiert werden – nichts, rein gar nichts wird hier fertig gedacht. Das fängt bereits beim zentralen Plotpunkt an: Warum Ash plötzlich eigenständig sein will, wird noch nicht mal im Ansatz erklärt. Auch zumindest potentiell interessante Ideen werden gnadenlos verschenkt: Warum in einem Stripschuppen (namens „Titty City“!) die Frauen allesamt via Elektroschock-Halsbänder in Schach gehalten werden bzw. was das eigentlich überhaupt für Frauen sind, die da so drangsaliert werden – man weiß es nicht, aber die blauen Halsbänder sehen halt schon echt cool aus.


… sowie Milla Jovovich (rechts, falls jemand überlegt) in der Postapokalypse – „Future World“

Dazu gesellen sich völlig uneinheitliche Schauspielleistungen: Wahlberg ist dermaßen blass, dass ihn sogar Trailer verschämt unter den Tisch fallen lässt. Waterhouse bemüht sich mit wenigstens mit etwas Würde aus der Affäre zu kommen, Franco übersteuert völlig, aber mit (leicht selbstverliebtem) Genuss und scheint mit dem permanenten Fletschen seiner gelben Zähne anzudeuten wollen, dass er die Sache mit dem schönsten Lächeln über hat; für eine faustdicke Überraschung sorgt Milla Jovovich: Wer die Gattin von Regie-Maestro Paul W.S. Anderson bisher nur als leicht somnambules Aushängeschild der „Resident Evil“-Franchise wahrgenommen hat, wird erstaunt die Augen reiben, denn die Darstellerin reicht mit sichtlichem Vergnügen eine ungewohnt aufgedrehte Vorstellung ein. Zu guter Letzt wären da noch ein bestens aufgelegter Snoop Dogg und Lucy Liu, die… im Bett liegt.

Einheitlicher gestaltet sich dagegen die technische Ebene: Gefilmt wurde das bunte Treiben erstaunlicherweise von Werner Herzogs Haus- und Hofkameramann Peter Zeitlinger, der nicht übermäßige originelle, aber stimmige, von Toydrums ebenso solidem Electro-Score untermalte, Bilder abliefert; genauso lässt das krude Werk an der Effektfront nicht ein einziges Mal die Hosen runter.

Der springende Punkt ist: „Future World“ ist kein guter Film, ja, aber er ist nicht viel schlechter als zum Beispiel die letzten 25 Greenscreen-Epen mit Dwayne Johnson; er hat gegenüber diesen sogar einen Vorteil: Man wird einfach das Gefühl nicht los, dass sich hier ein paar Hollywood-Promis einen privaten Jux geleistet haben – und ein bisschen Voyeur steckt ja letztendlich in uns allen.

„Future World“ ist von Tiberius auf DVD und Blu-ray erhältlich!

Future World (USA 2018) • Regie: Bruce Thierry Cheung, James Franco • Darsteller: James Franco, Milla Jovovich, Lucy Liu, Suki Waterhouse, Snopp Dogg, Method Man, Scott Haze

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